Narkosemethoden
Liebe Petra,
wellifan schrieb:
Der TA hat mir von der Inhalationsnarkose eher abgeraten, die sei schlecht zu kontrollieren. Er überlegt noch, ob er sie vielleicht örtlich betäuben kann -hat jemand von euch damit Erfahrung? Welche Narkose ist wann am besten?
Das Argument ist derart abwegig (das komplette Gegenteil ist richtig), daß ich fast annehme, daß Du die Argumente des TA in der Aufregung etwas durcheinander gebracht hast. Eine Alternative zur Gasnarkose ist die heute veraltete Ketamin-Narkose, und die ist in der Tat schwer zu kontrollieren, weil man das gespritzte Narkosemittel im Falle einer Überreaktion nicht mehr aus dem Körper bekommt. Außerdem wird es verstoffwechselt und Du hast sehr unangenehme Nebenwirkungen, besonders z.T. massive Excitationen bis hin zu schweren Krämpfen in der zudem recht langen Aufwachphase. Außerdem wirgt Ketamin nicht ausreichend analgetisch (schmerzstillend), so daß noch zusätzlich Schmerzmittel gegeben werden müssen.
Stand der Kunst sind dagegen, seit das giftige Halothan abgeschafft ist, Gasnarkosen, und zwar i.d.R. ein Isofluran-Sauerstoffgemisch. Sollte eine Atemdepression eintreten, kann man in Sekundenschnelle den Isoflurananteil runterfahren und den Sauerstoffanteil massiv erhöhen, und andererseits kann man auch jederzeit die Dosis schonend steigern. Ich habe das selbst schon gut beobachten können und bei Operationen hospitiert, bei denen in der Regel der Vogel ganz ruhig durchatmete; in einem Fall, als die Atmung aussetzte, wurde sofort ein Sauerstoffstoß gegeben, und die Atmung war sofort wieder da. Optimale Kontrolle ist gewährleistet. Ein weiterer Vorteil ist, daß Isofluran nur zu ca. 0,2%, also praktisch nicht, verstoffwechselt wird und deshalb keine Nebenwirkungen auftreten. Schließlich ist die Aufwachphase äußerst schonend und schnell. Es spricht also eigentlich alles für Isofluran.
Zu örtlicher Betäubung kann ich nur sagen, daß sie ja rein analgesierend wirkt, also nichts gegen den Streß tut. Sie ist also nur in Verbindung mit einem starken Sedativum wie z.B. Diazepam sinnvoll, weil es sonst, abgesehen vom für den Vogel vermeidbaren Streß, auch nicht zu der für eine OP erforderlichen Muskelrelaxation kommt. Ob diese Kombination schonender ist als eine Isofluran-Narkose, weiß ich nicht genau, würde es aber eher bezweifeln. Sowohl unter Isofluran als auch unter Benzodiazepinen oder anderen starken Sedativa kann es prinzipiell, wenn auch selten, natürlich auch zu Zwischenfällen kommen. Aber bei eíner rein örtlichen Betäubung ohne Sedierung kann der Vogel auch an Schock sterben. Das alles ist sehr unwahrscheinlich, ich wollte nur darauf hinweisen, daß es eine komplett risikofreie Betäubung nicht gibt. Die Risiken einer Isoflurannarkose sind aber sehr gering und in der Regel gut beherrschbar. Die Gefahr einer Kreislaufdepression unter Ketamin ist sicher höher.
Liebe Grüße und viel Erfolg,
Thomas