Nochmal @ psittacula:
Die Verbreitungsgrenze einer Art ist dort, wo der Bestand dieser Art nur durch Zuflüsse aus einem Überschussgebiet aufrecht erhalten werden kann. Das heißt, die Reproduktion ist dort bereits negativ und ohne Zustrom von Individuen aus einer „ökologischen Quelle“, also dem Überschussgebiet, würde sie dort aussterben.
Im Rheinland vergrößert sich der Bestand dieser Art offenbar, also kann dort nicht die Verbreitungsgrenze sein. (Aus dem Material von Dieter Zingel kann der sigmoide, also anfangs exponentielle Verlauf der Populationsentwicklung und damit der Reproduktionsfaktor genau berechnet werden). Wahrscheinlich haben die Rheinstädte noch längst nicht ihre Grenzkapazität erreicht und so wird die Anzahl weiter fleißig zunehmen und das Areal sich weiter vergrößern.
In Berlin habe einige Individuen nachweislich mehrere Jahre draußen gelebt. Würden nach Berlin jährlich einige – sagen wir fünf – Individuen zufliegen, so wäre das Überleben der dortigen Population kein Thema gewesen und Berlin wäre Verbreitungsgrenze im obigen Sinne. Aber aus welcher „ökologischen Quelle“ sollen diese Vögel kommen? Das Rheinland ist mehrere hundert Kilometer weit weg und bevor sich ein Halsbandsittich auf nach Berlin macht, müsste in seiner näheren Geburtsumgebung für ihn nichts mehr drin sein. Mit Wien, Innsbruck oder Hamburg dürfte das ähnlich zu sehen sein.
Nur so am Rande: In England ist der Habicht flächendeckend ausgerottet worden. Dessen Wiederbesiedlung hat in den Wäldern von Wales begonnen und den Südosten noch nicht erreicht, oder? Außerdem wird in England Wildvogelfutter in Zentnerportionen verkauft und massenhaft wie blöd in die Vogelhäuschen gestreut. Beide Faktoren können für eine größere Vermehrungsrate mit verantwortlich sein. In Berlin ist der Habicht übrigens allgemein verbreitet (80 Brutpaare!) und so urbanisiert, dass ich sein Nest mit Jungen in einem Biergarten gefunden habe, nur etwa 8 Meter über den Köpfen der Leute, die dort zu Hunderten bis Mitternacht Radau machten, mitten in der Stadt, 200 Meter Luftlinie zum Hauptbahnhof. Den Einfluss des Habichts auf den Halsbandsittich kann ich durch Rupfungsfunde dokumentieren. Das gefährliche am Winter ist für den Halsbandsittich wahrscheinlich nicht die Kälte, denn ich habe freilebende bei –22° ziemlich unbeeindruckt gesehen, sondern der Zuzug von Habichten und vielen Sperbern aus Skandinavien und Osteuropa in die innerstädtischen Habitate Mitteleuropas.
Einstweilen haben wir eine langsame und stetige Ausbreitung des Halsbandsittichs im Rheingebiet. Ob es einen „Outbreak“ geben wird? Wenn, dann hoffentlich bald!