Verletzter Turmfalke

Diskutiere Verletzter Turmfalke im Forum Greifvögel und Eulen im Bereich Wildvögel - Hallo, ich habe seit 7 Tagen einen Turmfalken mit nur einem Bein bei mir. Er frisst, kommt auch schon auf die Faust und lernt gerade mit seiner...
Hallo,

nur der Interesse halber.

Was ist wenn man den Turmfalken "fliegen" lassen würde und ihm täglich Futter an der gleichen Stelle anbieten würde. Würde der Vogel evtl. in Hausnähe bleiben?

Leese
 
Dass sich Ämter in solchen Angelegenheiten gerne einen schlanken Fuss machen ist nicht selten.
Ein Bekannter betrieb viele Jahre eine Auffangstation. Unter anderem bekam er vom Zoll beschlagnahmte Vögel (u.a. diverse Uhus).

Diese Tiere durfte er weder auswildern noch in geeignetere Haltungsbedingungen weitervermitteln, einschläfern war natürlich auch verboten (ausserdem waren die Tiere ja auch gesund und vital).

Nach einigen Schlaganfällen des Betreibers war dann die Haltung nicht mehr optimal, trotz erheblicher Reduzierung des Gesamtbestands glaubte das Amt jetzt einschreiten zu müssen.
Die restlichen Tiere wurden ihm weggenommen, wahrscheinlich eingeschläfert, jetzt ging das auf ein Mal.
Mein Bekannter hing sehr an den Vögeln und hat sich um die wenigen die ihm verblieben waren hingebungsvoll gekümmert. Was man so einem Mann, der sich viele Jahre ehrenamtlich um viele ihm anvertraute Tiere gekümmert hat kurz vor seinem Lebensende antut, das war dem Amt offenbar scheissegal.
Hauptsache man hat sich durchgesetzt.
 
Hallo Leese,

Dein Vorschlag wäre also "Auswildern light". :zustimm: Auf jeden Fall wäre er dann wieder Herrenlos. Wie das mit Gefahren durch andere Tiere ist, können bestimmt die Experten hier einschätzen. Würde mich auch interessieren.

Gruß
Kyla
 
Zuletzt bearbeitet:
Letztlich gehört der Vogel niemandem, so lange er lebt. Ich weiß zwar nicht, über welches Bundesland wir reden (Jagdrecht ist Länderrecht), aber in den meisten davon dürfte der Turmfalke noch Wild i. S. des Jagdrechts sein (in Ba-Wü beispielsweise nicht mehr). Der JAB hat somit das Aneignungsrecht an dem toten Vogel (sofern er ihn tot in seinem Revier findet) aber nicht das Eigentumsrecht am lebenden. Gleichwohl ist die Mitnahme des lebenden Vogels ein Eingriff in dessen Jagdausübungsrecht, aber das dürfte in dem Fall praktisch irrelevant sein.

Bleibt also vor allem das BNatSchG. Das erlaubt es, einen verletzten Vogel zum Zwecke der Pflege und Wiederauswilderung aufzunehmen. Bei streng geschützten Arten (wie dem Turmfalken) ist die Aufnahme unverzüglich zu melden, was ja auch getan wurde. Im Gesetz steht weiter: "Die Tiere sind unverzüglich freizulassen, sobald sie sich selbständig erhalten können. Im Übrigen sind sie an die von der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde bestimmte Stelle abzugeben." Also hat die zuständige Stelle zu verfügen, was zu geschehen hat. Also wäre es m. E. auch deren Aufgabe, eine Abgabestelle ausfindig zu machen.

Und pass bloß auf. dass Dir der Vogel nicht zufällig auskommt und die Sache damit erledigt wäre ... :zwinker:

VG
Pere ;)
 
Was vielleicht auch noch ginge, wäre, mit dem Fall an die Presse zu gehen. Mitunter erhöht das den Zugzwang des Amtes...
 
Was vielleicht auch noch ginge, wäre, mit dem Fall an die Presse zu gehen. Mitunter erhöht das den Zugzwang des Amtes...
Aber was bringt das denn? Dann braucht er von diesem Amt nichts mehr wollen, was über das gesetzliche Muss hinaus geht. Und im Endeffekt hat er dann trotzdem einen Invaliden, mit dem eigentlich nichts anzufangen ist.

Man muss schon nach dem Sinn fragen, einen Vogel, der nicht mehr auswilderungsfähig ist und mit dem auch in Gefangenschaft nichts mehr anzufangen ist (z. B. Zucht), als Dauerpflegling zu halten. Das dient maximal dem eigenen Ego und der Befriedigung des Retterdrangs, mehr aber nicht wirklich.

VG
Pere ;)
 
Hallo,

Danke an alle für die wohlgemeinten Ratschläge.

Ich habe den Turmfalken gestern bei der Wildtierhilfe Lüneburger Heide abgegeben.

Gruß
Kyla
 
Hallo,

dieser Fall zeigt doch nur, wie es hier in Deutschland tatsächlich mit dem Tierschutz aussieht. Es hat nichts mit Ego zu tun, wenn man einem gesunden Tier vielleicht noch ein paar schöne Monate bereiten will. Wenn man aber bei Wildparks, Zoos usw. mit der Begründung "Wenn die Besucher einen solchen Vogel sehen, gehen die auf die Barrikaden" abgewiesen wird, sieht man doch das Dilemma der heutigen Zeit. Da sitzen Rentner, Rollstuhlfahrer usw. vor der Voliere und regen sich über die Behinderung des Vogels auf. Selbst Hinweistafel über das "Leben und seiner Behinderung" des Turmfalken werden nicht beachtet. Auf die Idee einen solchen Vogel vielleicht zu pädagogischen Zwecken einzusetzen, ist wahrscheinlich noch keiner gekommen.

Von den, von Steuerzahlern, teilweise finanzierten Auffangstationen mal ganz zu schweigen.

Kyla, ich hoffe Du hast ein paar Fotos von dem Kleinen gemacht. Verkaufe die doch an Tierhilfsorganisationen (Peta, Vier Pfoten etc.). Die freuen sich bestimmt darüber. Mit solchen Fotos kann man, wie Pere es ausdrückt, den Retterdrang zahlreicher Menschen durch Patenschaften oder Spenden animieren. :D

Schade das Vögel keine Steuern zahlen müssen, denn dann wäre dieser Fall (Pflege bis zum Tod) ganz bestimmt anders ausgegangen.

Gruß Leese
 
Es hat nichts mit Ego zu tun, wenn man einem gesunden Tier vielleicht noch ein paar schöne Monate bereiten will.
Alles eine Frage der Definition. Nach meiner ist ein einbeiniger Vogel, dessen "Haupt-Werkzeug" die Beine sind, kein gesunder Vogel. Er würde sich in der freien Natur extrem schwer tun und würde mit hoher Wahrscheinlichkeit ein schnelles Ende finden. Und einen solchen Vogel, der in der Natur keinen Platz mehr finden würde, künstlich am Leben zu halten, das sehen unsere Gesetz nicht vor, und das m. E. völlig zurecht. Und genau hier stellen viele ihr eigenes Ego über die Natur, weil sie das Tier vermenschlichen.

VG
Pere ;)
 
Hallo, Danke an alle für die wohlgemeinten Ratschläge. Ich habe den Turmfalken gestern bei der Wildtierhilfe Lüneburger Heide abgegeben.Gruß Kyla

Gut gemacht Kyla! Dort ist er in sachkundigen und erfahrenen Händen! Ich kenne die Station und die Arbeit von Diana Erdmann und ihrem Team seit vielen Jahren. Habe selbst dort schon einen Kranich unterbringen dürfen.
 
Und genau hier stellen viele ihr eigenes Ego über die Natur, weil sie das Tier vermenschlichen.

Nun ja, Empathie gehört aber eher zu den sympathischeren menschlichen Eigenschaften ;-)

Ich weiss, dass Du Dich gut auskennst, deshalb noch eine kleine Frage:

Nach meiner Kenntnis sind die Naturschutzbehörden vom Gesetz her dazu verpflichtet, sich um verunfallte und kranke Tiere zu kümmern ??
Wenn ja, in welcher Weise kommen sie diesen Verpflichtungen nach und welche Möglichkeiten haben sie?

Worauf ich hinaus will, ist dass diesen Tieren fast ausschliesslich aus privater Initiative geholfen wird.
Ausserhalb der Bürostunden ist ein Amt sowieso nicht zu erreichen.

Beste Grüsse,
tox
 
Hallo Tox,

bei dem Turmfalken war es wie folgt. Die untere Naturschutzbehörde hätte nach Absprache mit dem NLWKN den Vogel bei mir abgeholt und sich auf halbem Wege mit dem Leiter der Auffangstation Rastede getroffen. Da diese Station nur eine Durchgangsstation für Wildtiere ist, hätte der Turmfalke irgendwann einem "auswilderungsfähigem" Tier den Platz weg genommen. Er hätte also "weg gemusst". Da ich das nicht eingesehen habe, gab das NLWKN mir 10 Tage Zeit um einen anderen Platz in Wildparks, Zoo´s etc. zu finden. Was ich dann auch deutschlandweit tat. Dieses ist mir aber leider nicht gelungen, und so habe ich den Vogel danach zur Auffangstation Lüneburger Heide gebracht. 300 km mit dem eigenen Auto. Das habe ich aber gerne auf eigene Kosten gemacht, denn mit ganz viel Glück wäre es mir ja vielleicht gelungen, den Vogel wo anders unterzubringen. Von behördlicher Seite ist also alles korrekt gelaufen.

Hallo Pere,

das hat mit Vermenschlichung nichts zu tun, wenn man ein Tier als ebenbürtigen Partner ansieht. Da kenne ich ganz andere Sachen, mit denen Falkner ihr Ego stärken - meistens ist es aber nur Angeberei.

Gruß Kyla
 
Zuletzt bearbeitet:
Nach meiner Kenntnis sind die Naturschutzbehörden vom Gesetz her dazu verpflichtet, sich um verunfallte und kranke Tiere zu kümmern ??

Wenn ja, in welcher Weise kommen sie diesen Verpflichtungen nach und welche Möglichkeiten haben sie?

Das Gesetz nimmt an vielen Stellen Bezug auf die Naturschutzbehörden, d. h. sie räumt diesen Rechte und Pflichten ein, durch die sie die Umsetzung des Gesetzes sicherstellen und somit letztlich den Schutz der Natur gewährleisten können. Eine direkte Verpflichtung, sich um verunfallte Tiere zu kümmern, kann ich indes nicht finden bzw. nur insoweit, als die zuständigen Naturschutzbehörden die Verfügungsgewalt über diese Tiere haben.

das hat mit Vermenschlichung nichts zu tun, wenn man ein Tier als ebenbürtigen Partner ansieht.
Also für mich ist genau das die kürzeste und zugleich treffendste Definition von Vermenschlichung!

VG
Pere ;)
 
nur der Ordnung halber - das letzte Zitat ist nicht von mir.

Ist aber weiter kein Problem :-)

Beste Grüsse,
tox
 
nur der Ordnung halber - das letzte Zitat ist nicht von mir.
Das war eigentlich klar. Wie das technisch gelaufen ist, dass das Zitat den falschen Urheber bekam, kann ich nicht sagen. Irgend was habe ich offensichtlich falsch gemacht. Sorry Tox, war keine Absicht!

VG
Pere ;)
 
Nun denn, ich hab ja selber so eine kleine Station wo verunfallte Wildvögel vorbeigebracht werden. Aemter und Behörden.... fein. die schaffen den rechtlichen Rahmen, damit es keinen Wildwuchs gibt. ( damit nicht jeder Unkundige irgendetwas zu tode päppelt). Praktische Hilfe ist da jedoch kaum zu erwarten.
Die praktische Hilfe gibt es dort, wo solche Typen , wie ich auch , hocken . Unterstützung im Normalfall nada.
Biologischer Sinn im grösseren Rahmen: bescheiden. Es gibt selten einen Fall wo die Natur auf ein Einzelindividuum angewiesen ist. Ob da ein Turmfalke, Milan, Bussard etc mehr oder weniger rumfliegt, spielt keine grosse Rolle.
Tierschutzmässig,: Ja da haben wir eine Verpflichtung. Leiden vermindern ! Das kann heissen: Einen solchen Unglücksvogel wieder auf die Flügel bekommen oder leider auch immer wieder: Schluss machen.
Die Sache mit den Dauerpfleglingen ist heikel. Für die Natur sind sie meist verloren. Man kann sicher einige "gute" Jahre bereiten, wenn das Handicap nicht gross ist. D.h. wir zögern den Tod einfach noch eine Weile hinaus und bieten in Gefangenschaft ein halbwegs erträgliches Dasein.
Der Entscheid , wann es nicht mehr sinnvoll ist. ist nicht immer einfach. Manchmal muss man auch einfach knallhart sein. Die Natur wärs draussen auch. Ich habe selber schon dutzende Greife Falken und Eulen getötet oder töten lassen. Welche die einflüglig, einbeinig, oder sonst als Invalide sicher noch Jahre hätten leben können.
Sie wären nie mehr das gewesen wozu sie von Natur aus geschaffen waren. Ich müsste massiv anbauen und hätte damit einen fulltime Job. ( der mir niemand bezahlt).

Wenn ich die Sache aus dem Blickwinkel eines wilden Habichts anschaue, der so einem Patienten draussen begegnet ist klar: Der wird liquidiert und gefressen.
Es gibt in der Natur kein Recht auf Leben.

Es ist auch mir kein Bedürfnis Gott spielen zu wollen, dennoch MUSS ich Entscheide fällen und abwägen. Helfen , wenn eine sinnvolle Chance besteht, aufhören, wenn die Perspektive schlecht ist.
 
Volle Zustimmung.

Und noch ein Argument: Man wird nicht jünger, aber Greifvögel und besonders auch Eulen haben ein langes Leben. Was geschieht mit den Tieren, wenn der Pfleger mal nicht mehr so kann wie gewohnt?
Einen Nachfolger oder Helfer zu finden, der einige Volieren mit Invaliden übernimmt bzw. versorgt, das ist sehr sehr schwierig.

Ich kenne leider solche Fälle, meist ist das Ende dann sehr dramatisch.

Besser läuft es, wenn die Station von einem Verein getragen wird - als Einzelkämpfer sollte man sich ein Engagement in diesem Bereich reiflich überlegen.
 
Thema: Verletzter Turmfalke

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