Wo brüten die Kiebitze?

Diskutiere Wo brüten die Kiebitze? im Forum Beobachtungen im Bereich Wildvögel - Jedes Jahr kann ich die Balzflüge der Kiebitze über einem an meinen Garten angrenzenden Acker beobachten, in dem meist Mais angebaut wird...
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Walter

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Jedes Jahr kann ich die Balzflüge der Kiebitze über einem an meinen Garten angrenzenden Acker beobachten, in dem meist Mais angebaut wird. Irgendwann Ende Mai sind die Vögel dann kaum noch zu sehen und zu hören. Heuer konnte ich bis zu 5 dieser tollen Vögel bei ihren rasanten Balzflügen beobachten, gegen Ende Mai waren es dann immer noch 3.

Dass die Vögel hier irgendwo brüten müßten war für mich sicher, doch eigentlich gab es hier keinen geeigneten Brutplatz. Oberhalb vom Maisfeld das auf einem flach ansteigenden Hang liegt, gibt es zwar ein Biotop mit dichtem Buschwerk und dazwischen Flächen mit hohem Gras, das in der Regel im Spätsommer gemäht wird. Hier würde den Kiebitzen zwar von der Landwirtschaft keine Gefahr drohen, aber das war sicher nicht das was sich ein Kiebitz als Brutplatz aussuchen würde. Auch einige landwirtschaftlich genutzte Wiesen waren nicht geeignet, denn die werden Mitte Juni gemäht, hier könnte nie eine Brut erfolgreich sein.

Ein ganz seltener Zufall brachte mich dann auf die richtige Spur. Durch Kiebitzrufe aufmerksam geworden, konnte ich beobachten wie ein Kiebitz eine Krähe über dem Maisfeld verfolgte. Anders als bei Störungen durch Menschen, flog er nach erfolgreicher Vertreibungsaktion ganz gezielt im Tiefflug eine bestimmte Stelle im Maisfeld an. Sollten die Kiebitze doch im Maisfeld brüten? Da dieser Platz auf Grund der Topographie leicht zu identifizieren war (der im oberen Bereich sehr flache Hang fiel von hier in 2 Himmelsrichtungen etwas steiler ab), konnte ich diese Stelle von einem Feldweg aus leicht erreichen. Nach 2 erfolglosen Suchgängen bei denen jeweils 2 Kiebitze bereits recht früh aufgeflogen waren und ich daher schnell aufgegeben hatte, hatte ich beim 3. Versuch endlich mehr Glück. Nachdem 2 Kiebitze bereits aufgeflogen waren als ich noch relativ weit entfernt war, war ich bereits auf dem Rückweg als etwa 10 Meter entfernt vor mir ein weiterer aufflog, diese Stelle war jetzt schnell erreicht. Hier war tatsächlich das gesuchte Kiebitznest. Also zogen die Kiebitze doch im Maisfeld Jahr für Jahr ihren Nachwuchs auf, und zwar offensichtlich erfolgreich, denn sonst würden sie hier nicht immer wieder brüten. Natürlich wollte ich die Vögel jetzt nicht länger stören, schoß meine Fotos und machte mich rasch auf den Rückweg.

Bei näherer Betrachtung hat aber so ein Maisfeld für Bodenbrüter durchaus seine Vorteile. Solange der Mais klein ist entspricht das Feld genau dem für Kiebitze typischen Brutgebiet, nämlich offenem Brachland. Das Problem das hier noch relativ spät im Jahr, nämlich im Mai gedüngt und gespritzt wird, haben die Kiebitze dadurch gelöst, dass sie mit dem Brüten entsprechend spät beginnen. Wenn anderswo schon Jungvögel geschlüpft sind, wird hier erst mit der Brut begonnen. Die Vögel scheinen zu wissen, wann der letzte Bearbeitungsschritt des Feldes erfolgt ist und vertreiben sich die Zeit solange mit ihren Balzflügen die heuer fast bis Ende Mai dauerten. Ein weiterer Vorteil der Brut im Maisfeld ist sicher, dass beim Schlüpfen des Nachwuchses Mitte bis Ende Juni der Mais bereits so hoch ist, dass er eine hervorragende Deckung für die Jungvögel bietet. Trotzdem gibt es aber zwischen den Reihen der Maispflanzen immer noch sehr viel offenen Boden, also das Brachland das Kiebitze so schätzen. Wie die Vögel hier ausreichend Nahrung finden, ist mir allerdings nicht ganz klar. Vermutlich spielt aber hier die Wiese, die nur etwa 100 Meter vom Brutplatz entfernt ist, eine wichtige Rolle. Denn sie ist ja, wenn die Jungen schlüpfen, frisch gemäht. So dürfte es auch nicht ganz so problematisch sein, dass der Mais etwa Mitte Mai mit Herbiziden gespritzt wurde.

Mich würde nun interessieren wer noch beobachtet hat, wann und wo Kiebitze bei uns brüten. Vor allem interessieren mich hier die Bruten in der „Agrarwüste“, zeigen sie doch, dass sich Vögel neuen Gegebenheiten erstaunlich schnell anpassen können.

Gruß
Walter
 

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Nabend.

Der Brutplatz ist nicht aussergewöhnlich, sondern recht typisch für Kiebitze. Was mich allerdings etwas stört, ist, dass du die Brut durch deinen "Kontrollgang" gestört hast. Das sollte man vermeiden, auch wenn man noch so neugierig ist.

Gruß, Olli
 
ja, dachten sich bestimmt viele, dass man da eigentlich nicht hingeht. aber seid doch lieb zueinander ;-)

jede/r macht mal Fehler..:trost:
 
Hallo Olli,

mir war natürlich schon klar, dass so etwas kommt.

Was mich allerdings etwas stört, ist, dass du die Brut durch deinen "Kontrollgang" gestört hast. Das sollte man vermeiden, auch wenn man noch so neugierig ist.

Ich will nicht in Abrede stellen, dass so ein Pirschgang einen Vogel stört, aber genauso sicher ist, dass dies in keiner Weise die Brut beeinträchtigt, dann die Vögel können mit solchen Störungen problemlos umgehen, wie man auch am Beispiel der Krähe sieht. Wenn man eventuell neue Erkenntnisse über eine Vogelart gewinnen kann, dann ist so ein kurzfristige Störung sicher zu rechtfertigen.

Ich denke schon, dass dieser Brutplatz etwas besonderes ist, in keinem meiner Vogelbücher wurde er jedenfalls aufgeführt. Außerdem kann ich jetzt verhindern, dass dem Nest etwas passiert, falls doch nochmal gespritzt wird, z.B. gegen den Maiszünsler.

Gruß
Walter
 
Nabend.

Schade, dass mein Einwand so abgetan wird. Eigentlich sollte es ein Hinweis sein, den ich ohne das Gesetz zu zitieren, geben wollte.

Aber zum besseren Verständnis: §42 Bundesnaturschutzgesetz:

Nach § 42 Bundesnaturschutzgesetz ist es außerdem verboten,

[...]wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten an ihren Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten durch Aufsuchen, Fotografieren, Filmen oder ähnliche Handlungen zu stören.[...]
Quelle


Wie gesagt, es sollte ein Ratschlag sein...scheinbar allerdings umsonst :nene:
 
du hättest aber trotzdem nicht hingehen müssen um ein beweisfoto zu machen ;-)

du wusstest doch vorher schon wo es ungefähr ist. diese angabe hättest du auch dem bauern geben können, der das feld dort nicht spritzen soll, zb.

ich find das ein bisschen wild, gleich mit dem gesetz aufzuwarten.
ein gesetz, das geierhirte befolgt, und dafür ein anderes vllt nicht, welches du evtl befolgst.. ist doch jetz keine diskussion wert.

wir sollten alle tiere schüzen, egal ob sie bedroht sind oder nicht. denn fühlen tun sie alle gleich, egal wie sie aussehen, oder wie viele es von ihnen gibt.

"wir" schützen seltene tiere, damit sie noch länger FÜR UNS zum Ansehen da sind, aber nicht, weil wir den einzelnen tieren was gutes wollen. leider ist es viel zu oft so. ok, es bleibt das argument, dass sie ein wichtiger bestandteil in der nahrungskette sind/ sein können. wenn wir es aber so auslegen möchten, sollten wir versuchen aktiv etwas für den erhalt der lebensräume zu tun. (bla bla, klugsch..ss), sorry :D

jedes tier sollte gleich viel "wert" sein! aber wir sind hier im beobachtungs-forum und nich im wir-streiten-uns forum oder im ich-weiss-es besser-forum.

und wir beherrschen uns alle und versuchen die wilden tiere nicht zu stören. und vielleicht denken ein paar mehr von uns auch mal an die "nutz"-tiere (egal ob sie uns zu unser belustigung nutzen, oder als nahrung oder kleidung), die genauso tiere sind, genau so fühlen, genau so frei sein wollen wie die wilden. egal ob selten oder häufig.

gute nacht ihr lieben :zwinker:
 
Hallo Olli!

Schade, dass mein Einwand so abgetan wird. Eigentlich sollte es ein Hinweis sein, den ich ohne das Gesetz zu zitieren, geben wollte.

Aber zum besseren Verständnis: §42 Bundesnaturschutzgesetz:
Zitat:
Nach § 42 Bundesnaturschutzgesetz ist es außerdem verboten,

[...]wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten an ihren Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten durch Aufsuchen, Fotografieren, Filmen oder ähnliche Handlungen zu stören.[...]

Wie gesagt, es sollte ein Ratschlag sein...scheinbar allerdings umsonst

Ich kenne den Text des Bundesnaturschutzgesetzes zur Genüge, er wird hier ja auch alle par Monate zitiert. Außerdem ging hier nicht primär um das Fotografieren.

Zitat Ilder
du wusstest doch vorher schon wo es ungefähr ist. diese angabe hättest du auch dem bauern geben können, der das feld dort nicht spritzen soll, zb.
Dass die Vögel in einem bestimmten Gebiet landen, ist ja noch kein Beweis für eine Brut. Außerdem war dies immerhin noch ein Bereich von etwa 50 x 50 Meter. Ich war auch keineswegs davon überzeugt, dass ein Wiesen- und Brachlandbrüter wie der Kiebitz wirklich in einem Maisfeld brütet. Im übrigen kann ich mit der Kritik von Olli durchaus leben, er ist ja damit nur seinen Moderatorpflichten nachgekommen.

Noch einige Anmerkungen zum Naturschutzgesetz:
Manchmal gibt es eben Situationen, wo es richtiger ist dem Sinn eines Gesetzes zu folgen als seinem Wortlaut. Andernfalls hätte dies die absurde Konsequenz, dass jemand zwar in einem Feld nicht den Brutstandort einer besonders geschützten Art ausfindig machen darf weil er ja die Vögel stören würde, der Bauer dagegen dürfte das Feld befahren, Gelege oder die Küken mit Insektiziden besprühen oder schlimmstenfalls niedermähen oder platt walzen (das ist nämlich alles durch den Begriff „ordnungsgemäße Landwirtschaft“ abgedeckt ). Meiner Meinung nach wurde in diesem Gesetz schlicht und einfach vergessen zu unterscheiden, ob sich die Vögel in einem Naturschutz- oder FFH-Gebiet aufhalten, wo keine Landwirtschaft betrieben wird oder in der Kulturlandschaft wo die Vögel durch die Landwirtschaft nicht nur gestört werden, sondern Gelege und Küken ganz extrem gefährdet sind. Nester aufzuspüren und nötigenfalls zu markieren ist also hier sicher das kleiner Übel. Ich würde auch nie auf die Idee kommen in Naturschutz- oder FFH-Gebieten Brutplätze zu suchen. Hier in Niederbayern gibt es zwar sehr viel Natur, jedoch auch eine intensiv betriebene Landwirtschaft. Die Kiebitze sind daher zum Brüten und zur Nahrungssuche auf landwirtschaftlich genutzte Flächen angewiesen. Ich denke daher, dass es den Vögeln schon hilft wenn man genauer weiß wo sie brüten, wo sie ihre Nahrung suchen und wie sie sich den Veränderungen in der Kulturlandschaft anpassen. Mais wird ja beispielsweise erst seit wenigen Jahrzehnten in größerem Maßstab bei uns angebaut.

Übrigens wurde durch das Markieren der Nester der Wiesenweihe der Bestand dieses Vogels in Mainfranken von 2 Paaren 1994 auf nunmehr 134 Paare gebracht. In Holland werden Kiebitznester ebenfalls markiert bzw. gesichert um sie vor landwirtschaftlichen Maschinen oder dem Weidevieh zu schützen (klick)

Leider scheint ja hier niemand zum Thema Kiebitze etwas beitragen zu können oder zu wollen, ich will daher noch über eine Beobachtung berichten die ich nicht weit von meinem Wohnort gemacht habe. Hier hält sich in einem Rübenfeld nahe einer Staatsstraße eine Gruppe von mindestens 25 Kiebitzen auf, auf der anderen Seite der Straße ist eine Wiese, die diese Woche gemäht wurde. Die Kiebitze wechseln rege zwischen Acker und Wiese hin und her. Sie lassen sich weder durch Autos, Radfahrer oder Fußgänger stören. Auch die Tatsache dass ein Bauer gerade das Heu wendete störte sie in keiner Weise. Speziell frisch gemähte Wiesen werden ja von vielen Vögeln zur Nahrungssuche sehr gerne aufgesucht. Es ist also wohl die Kombination von Feldern mit relativ viel offenem Boden und einem späten Erntezeitpunkt sowie landwirtschaftlich genutzten Wiesen die Kiebitze besonders anzieht. Dies würde aber auch bedeuten, dass Gegenden wo es nur Ackerbau oder nur landwirtschaftlich genutztes Grünland gibt, bei Kiebitzen nicht sehr gefragt sind weil sie hier nur geringe Chancen haben erfolgreich zu brüten.

Die Bilder zeigen einen Kiebitzschwarm von etwa 25 Vögeln über dem Rübenfeld und einen Kiebitz in der frisch gemähten Wiese.

Gruß
Walter
 

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