Zugvogeljagd auf Malta !

Diskutiere Zugvogeljagd auf Malta ! im Forum sonstige Vogelarten im Bereich Wildvögel - Endstation Malta Maltas Nordküste, an einem wunderschönen Spätsommertag im September. Die Sonne ist gerade über den azurblauen Fluten des...
Dieter Tödtemann

Dieter Tödtemann

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Endstation Malta

Maltas Nordküste, an einem wunderschönen Spätsommertag im September. Die Sonne ist gerade über den azurblauen Fluten des Mittelmeeres aufgegangen und taucht die für die Insel typischen, von Kakteenhecken eingefaßten Ackerbauterassen in ein sanftes, orangefarbenes Licht, als sich ein kleiner Trupp Wespenbussarde von Norden her der Insel nähert. Die maltesischen Inseln gehören für sie, wie für einen Großteil der europäischen Zugvögel, zu den wichtigsten Rastplätzen im Mittelmeerraum überhaupt. Vor allem bei schlechtem Wetter sind die Inseln für die erschöpften Tiere die einzige Möglichkeit, auf dem langen Weg zwischen Sizilien und Afrika Zuflucht zu suchen.

Doch kaum haben die Vögel die Klippen der Südküste überflogen, da bricht für sie ein Inferno los. Von fast überall her, aus Gebüschgruppen, von Hausdächern und Felsvorsprüngen, entladen sich mit ohrenbetäubendem Getöse Schrotsalven auf den kleinen Vogeltrupp. Ein Wespenbussard klatscht auf die Felsen, ein zweiter dreht verwundet ab, torkelt, von weiteren Schrotsalven getroffen, die Küste entlang und fällt schließlich hilflos flatternd ins Wasser, wo er ertrinkt. Drei andere Vögel fliegen in Panik wieder zurück aufs offene Meer, doch der Zugtrieb zwingt sie instinktiv zurück Richtung Süden, in den Bleihagel der Jäger und damit in den sicheren Tod. Kein einziger entkommt.

Der Bestand des Wespenbussards nimmt seit Jahren in ganz Europa bedrohlich ab. Nicht viel besser ist es um Blauracke, Steinschmätzer, Wiedehopf, Pirol, Nachtreiher, Rohrdommel und zahlreiche andere Zugvögel bestellt. Bis vor wenigen Jahren glaubten viele Ornithologen noch, die Lebensraumzerstörung hierzulande sei die Hauptursache dafür. Doch seitdem sogar in den oft noch intakten Landschaften Ost- und Nordeuropas die Bestände wegbrechen, dürften wohl kaum Zweifel verbleiben, daß bei vielen Zugvögeln die Jagd die maßgebliche, wenn auch nicht alleinige Ursache für den Artentod ist.

Offiziell sind zwar Greifvögel, Reiher und Pirole auch auf Malta streng geschützt, doch viele der 20.000 Jäger und Vogelfänger des Inselarchipels kümmert dies nur wenig. Mit 75 Jägern pro km² weisen die nur 315 km² großen Eilande die höchste Jägerdichte in ganz Europa, wenn nicht sogar weltweit überhaupt auf. Die Jäger stellen über 5% der Bevölkerung, ihre Stimmen sind wahlentscheidend. Dies wissen auch die maltesischen Politiker, die ihnen per Gesetz zahlreiche Privilegien eingeräumt haben.

Bereits draußen, auf dem offenen Meer, werden die Zugvögel im Frühling und Herbst von motorgetriebenen Schnellbooten aus in Empfang genommen. Wildgänse, Enten und Möwen dürfen, europaweit einmalig, ganz legal auf diese Weise erlegt werden. Was sonst noch alles so vom Himmel geholt wird, kann niemand wirklich kontrollieren, denn die Boote der Jäger sind denen der maltesischen Umweltpolizei an Schnelligkeit weit überlegen. Die Vögel, die der Verfolgung auf offener See entkommen, fallen umso sicherer den „shooter“ und „trapper“ auf der Insel selbst zum Opfer.

Die Jagdzeit auf Malta ist die längste in ganz Europa überhaupt, sie dauert von September bis Mai und selbst im Sommer darf auf irgendwelche „Schadvögel“ geschossen werden. Gejagt werden darf außerhalb der geschlossenen Ortschaften so gut wie überall. Selbst in den wenigen Naturschutzgebieten wie dem unweit der Hauptstadt La Valetta gelegenen „Bird Sanctuary Buskett Garden“, die in den 80er Jahren auf internationalen Druck eingerichtet wurden, sind die Tiere nicht wirklich sicher. Da klassisches Wild auf den Inseln schon längst ausgerottet ist, konzentriert sich die ganze Schießwut der Jäger auf die Zugvögel. Die Liste der offiziell zur Jagd und zum Fang freigegeben Vögel ist lang. Sie umfaßt außer Wachteln, zahlreichen Sing-, Wat- und Wasservögeln selbst hochgradig gefährdete Arten wie Bekassine, Zwergschnepfe und Kampfläufer.

Bislang haben die maltesischen Jäger wirklich durchgreifende Naturschutzbestimmungen stets erfolgreich verhindern können. Der Übermacht der Jäger steht ein kleines Häuflein von etwa 400 Vogelschützern gegenüber, die sich in Organisationen wie der „Maltese Ornitological Society“ zusammengeschlossen haben. Mit finanzieller Unterstützung aus ganz Europa bemühen sie sich, durch Aufklärungsarbeit an den Schulen und Kampagnen in den Medien ihre Landsleute zum Umdenken zu bewegen. Einer von ihnen ist Claudio Bonfanti, der angeschossene Vögel in einer Pflegestation wieder aufpäppelt und anschließend auswildert. Ein auf den ersten Blick hoffnungsloses Unterfangen, denn viele seiner Zöglinge werden kurz nach der Freilassung postwendend abgeschossen. Dennoch macht die Arbeit Sinn. „Bilder von Fischadlern mit weggeschossenen Beinen oder Nachtreiher, denen Schrotsalven den langen Schnabel samt Kiefer zertrümmert haben, erhöhen auch auf Malta nicht gerade die Akzeptanz der Jagd“, weiß Bonfanti zu berichten. Jäger revanchierten sich denn auch unlängst erst für seine Aktivitäten, indem sie nachts seine Pflegestation verwüsteten.

„Die meisten Tiere werden aus purem Spaß am Töten abgeschossen,“ so Bonfanti. „Große oder besonders farbenprächtige Vögel wie Adler, Pirole, Blauracken, Flamingos und Eulen stopft man aus und verkauft man für teures Geld an fanatische Sammler. So manches maltesische Wohnzimmer zieren Glasvitrinen voller Präparate von vom Aussterben bedrohten Arten.“ Daneben blüht, ganz legal, ein schwunghafter Handel mit Stubenvögeln. Ungezählte mit Netzen erbeutete Stieglitze, Gimpel, Zeisige, Rotkehlchen, Schafstelzen und Blaumerlen fristen ein oft nur kurzes Leben in engen Käfigen. Jeden Sonntag werden die gefangenen Tiere meistbietend auf dem Vogelmarkt in Maltas Hauptstadt La Valetta verkauft. Da angesichts ständig schrumpfender Zugvogelbestände die maltesischen Jäger und Vogelfänger schon längst nicht mehr die Nachfrage nach Stubenvögeln und ausgestopften Tieren decken können, betätigen sich professionelle Wildererbanden von der Insel auch auf Sizilien, in Nordafrika und Fernost.

Unterstützung erhalten die maltesischen Jäger von Weidmännern aus ganz Europa. In den Mitgliedsländern der Europäischen Union schränkt nämlich bereits seit zwanzig Jahren die Europäische Vogelschutzrichtlinie die Zugvogeljagd zwar noch längst nicht in ausreichendem Maße, aber dennoch spürbar ein. Von Narrenfreiheit wie auf Malta träumen seitdem viele der 6,7 Millionen Jäger, die sich im übrigen Europa zur F.A.C.E, der europäischen Jagdvereinigung, zusammengeschlossen haben. Mit Parolen wie „The guaranteed future of hunting and trapping“ (Die garantierte Zukunft der Jagd und des Vogelfangs) darf Maltas Jägervereinigung per Link auch auf den Internetseiten des Deutschen Jagdschutzverbandes werben.

Trotz dieser erdrückenden politischen Übermacht beginnt die Arbeit von Bonfanti und anderen maltesischen Naturschützern langsam erste Früchte zu zeitigen. Seit einigen Jahren gibt es auf Malta eine kleine, aber äußerst aktive Umweltpolizei, die vor allem den professionellen Wilderer- und Schmugglerbandenbanden das Leben schwer macht. Wiederholt bereits wurden Hunderte ausgestopfte Flamingos, Pelikane und Greifvögel , bestimmt für den Schwarzmarkt, beschlagnahmt.

„Dies ist zwar ein Anfang, reicht aber noch längst nicht, um die Zugvogeljagd zu stoppen,“ so Eugen Tönnis, Vorsitzender des Komitees gegen den Vogelmord in Bonn. Mit in Deutschland gesammelten Spenden hilft das Komitee bereits seit Jahren im gesamten Mittelmeerraum beim Aufbau von Pflegestation und der Anpachtung von für den Vogelzug bedeutsamen Schutzgebieten, rüstet Umweltpolizisten und Jagdaufseher mit Handys, Funkgeräten und Geländewagen aus. Auf Malta wollen die Naturschützer nun noch einen Schritt weiter gehen. „Viele Jäger können sich ihr kostspieliges Hobby nur leisten, weil sie durch den Massentourismus reich geworden sind,“ so Tönnis. Fast 40% aller Deviseneinnahmen bezieht Malta bereits jetzt aus dem Tourismus, Tendenz steigend. „Wenn wir den Menschen in Mitteleuropa verdeutlichen, daß sie mit Urlaubsreisen nach Malta letztendlich helfen, die Zugvogeljagd zu finanzieren, wird dies so manchen naturverbundenen Touristen abschrecken.“

Dies scheint man im maltesischen Tourismusministerium ähnlich zu sehen, zumal die deutschen Vogelschützer damit begonnen haben, Zehntausende an Tourismusminister Dr. Michael Refalo adressierte Protestpostkarten mit der Androhung eines Reiseboykotts zu verteilen. Zunehmend bemühen sich Fremdenverkehrspolitiker und Tourismusmanager, die Jäger aus den von den Fremden besonders gern besuchten Zonen zu vertreiben, ein nicht ganz einfaches Unterfangen. Als etwa zu Beginn des Jahres die Behörden eine prähistorischen Kultstätte für die Jagd sperren wollten, wurden die von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärten Megalithtempel über Nacht ganz einfach zertrümmert. Als Täter verdächtigt die Polizei Vogelfänger, die sich bereits seit langem von den zahlreichen Touristen gestört fühlten

Rabiate Jäger schrecken dabei selbst vor Gewaltanwendung gegen Touristen nicht zurück. Zwei Kieler Naturfreunde, die sich ausgerüstet mit Ferngläsern bei einem abendlichen Strandspaziergang einigen Weidmännern näherten, trieb einer von ihnen sie mit gezielten Schüssen direkt über ihre Köpfe hinweg in die Flucht. Die beiden Deutschen verständigten umgehend empört die Polizei, die ohne Zögern durchgriff. Der rabiate Weidmann vertauschte seinen Platz an der Meeresküste erstmal mit einer harten Pritsche hinter schwedischen Gardinen.

Wenn Sie in Urlaub fahren bezweck fliegen,schließen Geflügel und Vogelzüchter Malta von ihrer Reise aus.
 
Hallo Dieter!

Dein Bericht erinnert mich wieder daran, was ich auf Malta gesehen habe: ausserhalb einer Ortschaft waren alle paar Meter winzig kleine Käfige gestellt mit Vögeln, die ihre Artgenossen anlocken sollten. Das war kein schöner Anblick . Es war echt unheimlich und wir waren froh, als wir dort wieder weg waren. Wir waren dort nicht erwünscht und was diese beiden Kieler erlebt haben, kann ich mir gut vorstellen. Den "normalen" einheimischen Einwohnern ist das Thema völlig egal.

Ich habe zwar überlegt, nochmal hinzufahren, aber nach deinem Bericht werde ich mich dem Boykott anschließen.

Gruss
Lilly
 
Vogeltod auf Malta

Hallo, Vogelfreunde,

die Erlebnisse auf Malta, die Dieter Tödtemann und Lilly2001 beschreiben, kann ich aus eigener Erfahrung nur bestätigen. Mir sind bei einem Informationsbesuch auf der schönen Mittelmeerinsel recht bald die gemeinen Vogelfallen aufgefallen. Als ich sie mir genauer ansah und mit meiner Entrüstung nicht hinter dem Berg hielt, zog ich mir ziemlichen Ärger bei den Fallenstellern zu. Es entstand eine ziemlich feindselige und geradezu bedrohliche Situation. Gleich zu Beginn meines damaligen Aufenthaltes hatte ich den Eindruck, die Insel befinde sich im Kriegszustand, als ich selbst innerhalb der Ortschaften häufig Männer mit Gewehren herumschleichen sah und es an allen Ecken und Enden innerhalb und außerhalb der Orte ganz oft knallte. Dies alles geschah ganz öffentlich und ich hatte nicht den Eindruck, daß die Bevölkerung oder die Polizei auch nur die geringsten Einwände dagegen hätten.

Ich betreibe etwas nebenher auch ein kleines Reisebüro und habe seit diesem Erlebnis als Konsequenz nie mehr eine Reise nach Malta angeboten und verkauft. Dies habe ich auch der Tourismusorganisation und der Botschaft von Malta mitgeteilt. Bezweckt habe ich damit nichts, aber mir ist mit diesem Boykott zumindest in meiner Haut wohler.

Gruß vom Rabenvater
 
Antwort

Hallo Rabenvater!

Ich kann nur den Hut vor Dir ziehen, alle Achtung das es noch solche Menschen gibt, die wenigstens Boykottieren, an Deiner Stelle hätte ich das gleiche getan,damit es mir zumindest in meiner Haut wohler wäre wie bei Dir.

Denn auch Lilly2001 ist dieser Meinung, nur wir alleine können da wenig ausrichten, leider!

Aber es bewegt sich schon was in dieser Richtung!
 
Hallo Allerseits,

ja, es ist eine verdammte Schweinerei. Aber: Andere Länder - andere Sitten.
Nicht das ich das Geschehen in Malta, Italien, Frankreich und und und gutheiße. Man könnte meiner Meinung nach nur Protestmails an die jeweiligen Regierungen oder zuständigen Behörden schicken - oder auch dort nicht mehr Urlaub machen...

Weiteres zu diesem Thema findet sich unter der http://www.komitee.de/aktionen/malta/mm/index.html
hier kann man auch seine Protest-eMails loswerden.
 
Thema: Zugvogeljagd auf Malta !

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