Hallo,
auf Züchter/Händler einzudreschen (die sicherlich auch ihren Teil dazu beitragen), bringt nichts, der Hebelpunkt sind wir, die Kunden. Solange einzelne "Schmusekakadus" verlangt werden, wird die Nachfrage eben bedient. Ich kann daran nocht nichts wirklich moralisch Verwerfliches sehen.
Magenschmerzen kriege ich aber, wenn z.B. Händler auf ihrer Homepage einige Sätze zur artgerechten Haltung haben, aber ansonsten jede Menge Schmusebilder gezeigt werden. Ich würde wetten, bei solchen Händlern auch einen Einzelvogel zu bekommen, der explizit nicht vergesellschaftet werden soll.
Zum Gattenmord: es gibt eine Theorie, die ich für ziemlich plausibel halte: in Freiheit muss das Männchen sein Revier erkämpfen/besetzen/halten, ein Weibchen finden, das Brutrevier weiterhin verteidigen, brüten, Futter suchen, Rivalen vertreiben, brüten, Futter suchen... und so fort.
Dafür braucht er jede Menge Energie und auch Aggressionspoptenzial. Das Aggressionspotenzial ist naturgegeben, und Futter bekommen sie von uns reichlich, ohne dafür arbeiten (es suchen) zu müssen. Damit haben wir einen Vogel, der vor Energie und Tatendrang platzt.
In Freiheit würde er jeden Tag sehr viel Bewegung haben, und sein "Terminkalender" wäre so proppevoll, dass er abends totmüde ins Bett fallen würde (um einen menschlichen Vergleich zu bemühen).
In der
Voliere ist es natürlich viel beengter, er kann seinen Bewegungsdrang nicht ausleben und weniger Energie verbrauchen / Aggression abbauen.
Also richtet sich die Aggression gegen die nächst Verfügbaren: das Weibchen, vielleicht den Nachwuchs, andere Vögel in der
Voliere.
Und jetzt kommt das wirklich Fatale: in Freiheit würden die Angegriffenen einfach wegfliegen und nach einigen Hundert Metern wilder Jagd hätte sich die Sache erledigt. Da in der
Voliere aber niemand wegfliegen kann, bleibt die Aggression erhalten, und das (ja eigentlich vollkommen falsche) Objekt der Aggression bleibt in Sicht- und Reichweite, ohne dass die Aggression eigentlich abgebaut werden könnte. Damit steigert sich diese Aggression nur noch, manchmal bis zur Unkontrollierbarkeit, und es kommt zu den berüchtigten amokartigen Aussetzern.
Ich finde diesen Ansatz ziemlich plausibel, er wird auch von den gängigen psychologischen Theorien zur Aggressionsforschung gestützt.
Und - für mich äußerst wichtig - : es sind nicht die Kakadumännchen "schuld", sondern es geht um die (falsche) Ableitung von Verhalten, das eigentlich normal ist, und zwar unter den Bedingungen der Gefangenhaltung.
Ich glaube, dass ein es zentraler Punkt sein sollte, die "Schuld" an solchen Verhalten zuerst bei uns Haltern zu suchen, und sich nicht einfach damit zu exculpieren "der ist doch total agressiv ... das issn Killer" - damit werden die wahren Ursachen geleugnet. Dies gilt meines Erachtens für alle "abweichenden" Verhaltensweisen, mit denen der Vogel sich oder andere schädigt, und das in Freiheit nicht oder so nicht zu beobachten ist.