Guter Wille gehört zu den wenigen wirklich wichtigen Dingen des Lebens.
Henry Ford
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Eine Erfolgsgeschichte
"Noch nie waren die Aussichten für den Spix-Ara besser als heute" - das waren die Worte von
Dr. Marcellus Bürkle mit denen er gestern Abend im Gasthaus Hirsch in Großweiern, einem
schmucken Ortsteil von Achern seinen Vortrag "Neue Erkenntnisse bei der Haltung und Zucht
des Spix-Ara" verheissungsvoll und zuversichtlich beendte.
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Ich hatte es ja schon angedeutet, dass ich mir überlegte meiner unstillbaren Neugier mit Informationen
aus erster Hand Abhilfe zu schaffen. Zwar habe mich dann doch nicht gleich Morgens schon auf den
Weg machen können, aber immerhin habe ich es doch noch geschafft mich pünktlich mit dem Anpfiff
des WM Eröffnungspieles Deutschland-Costa Rica auf die Reise zu begeben. Also erstmal die Karre
wieder voll tanken, denn der geniale Routenplaner von Marco Polo gibt für die einfache Fahrstrecke
exakte 182 km und eine Fahrzeit von einer Stunde fünfundvierzig Minuten aus. Alles klar.
Mal nur nebenbei: ich tanke gerne bei Shell oder Aral, nicht weil da die Preise etwas teurer sind,
sondern weil ich dann das Gefühl habe mich selber zu "sponsorn". Mit anderen Worten ausgedrückt,
legt Euch ein paar Aktien der grossen Mineralölgesellschaften auf die Seite und das Geld fließt in
Eure eigene Tasche zurück. Ich jedenfals finde, es ist irgendwie ein gutes Gefühl und die teuren
Literpreise sind dann nicht mehr ganz so schmerzlich ...
Na ja, wie auch immer. Jedenfalls konnte ich bald die Annehmlichkeiten der WM 2006 feststellen:
relativ leere Autobahnen, keine Staus trotz einer Vielzahl von Baustellen! Autofahren hat mir schon
lange nimmer so viel Fahrspass bereitet. Ehrlich. Um kurz vor Acht bin ich dann in Großweiern
eingefahren. Und durfte mit einem freudigen Lächeln im Gesicht feststellen, ja hier bin ich richtig.
Das ist ein richtiger Ort für Vogelfreunde. Über dem Feuerwehrgerätehaus, hoch oben auf dem
Schlauchturm hat ein Adebar sein Nest. Schön, da stand dann auch ein Elternteil der Weißstörche
wunderbar sichtbar und seelenruhig in seiner Kinderstube. So was macht mir richtig Laune. *freu*
Das Gasthaus Zum Hirsch ist eines dieser ganz normalen Wirtshäuser, nicht super edel, aber
auch keine heruntergekommene Spelunke. Nein, alles ganz normal, alles voll in Ordnung. Fiel
mir halt so auf - und hier sollte heute ein Vortrag über den seltensten Papagei der Welt stattfinden,
dachte ich noch so für mich und war auch schon mittendrin im Vortragssaal. Klein, überschaubar,
mit sauberen weissen Tischdecken auf eben jenen, die in Hufeisenform angedordnet waren. Nett.
Ja und dann stand ich auch schon direkt vorm Vorsitzenden der vogelfreunde-achern -
ein freundliches hallo, ich bin der Christian Beuthe und ich wollte mir mal den Vortrag anhören.
Der Cheffe sagt gerade noch kein Problem und dann hör ich ein herzliches "ei da isser ja".
Uuups, wer ich? Wie, wer, was? Aber ich bin tatsächlich gemeint. Oh, ist das jetzt eher gut
oder eher dessen weniger? - Nein, alles ok. Ich kenn ihn nicht - aber er ist der Werner. Ja
genau der Werner Fauß - aus'm Forum, verzweifelt überlege ich gerade noch, welches Forum
er jetzt wohl meint - aber alles klar, Werner erzählt mir von seinen Papageien, ja genau, der
Werner vom papageienhof-jettenbach und ich bin im Bilde. Seine Frau ist auch da -
gleichfalls ein nettes hallo - und ja, Werner kennt den ganzen Haufen da. Spitze, zumal er
mich gleich neben sich platziert. Find ich gut. Und irgendwie wird's immer ein bisschen voller,
hab zwar nicht gezählt, aber so rund 25-30 Vogelfreunde waren wir wohl gestern Abend - und
alle kannten sich, alle sind miteinander per Du. Gefällt mir. Eine schöne, angenehme
Atmosphäre, der Abend fängt ja gut an. *smile*
Und dann ging er los, der Vortrag, wegen dem ich ja gekommen bin. Dr. Marcellus Bürkle
hält ihn, hab ich weiter oben ja schon geschrieben. Wer das ist, ihr kennt ihn nicht? Seine
Tierarzt-Vita ist beeindruckend, aber ohne jetzt hier weiter ins Detail gehen zu wollen - Ihr
findet weitere Informationen über ihn auf seiner homepage
www.ziervogel-exotenpraxis.de -
nur noch der Hinweis von mir, er war von 1999 bis 2004 verantwortlicher Tierarzt im Loro
Parque auf Teneriffa. Aaah, klingelt's jetzt? Na logo - die Loro Parque Foundation ist ganz
maßgeblich in das Artenschutzprojekt zur Erhaltung des Spix-Ara eingebunden !!!!!
Und deshalb gab's fundierte Info's aus erster Hand von Angesicht zu Angesicht. So mag
ich das, keine Spekulationen oder zusammen geklaubte Thesen, sondern sachliche und
zudem nachvollziehbare Fakten von der Quelle. Klar ist, das er nicht bei allen punktuellen
Fragen zu Züchterobliegenheiten oder Beschlüssen des Komitess zur Erhaltung des Spix-Ara
mit internen Details rausrücken kann, aber das muss und soll er auch gar nicht. Schließlich
bin ich ja da, um mir ein Bild davon zu machen, wie's denn um diesen seltenen kleinen Blauen
heute bestellt ist.
Zunächst gibt sein Vortrag einen Rückblick über die Geschichte der Spezies Cyanopsitta spixii.
Er beschreibt zunächst seinen Lebensraum, wir erfahren dass dieser schon seit jeher nur in einer
räumlich sehr begrenzten, verhältnissmäßig trockenen Region im Nordosten Brasiliens beheimated
was -und leider nicht mehr ist. Dieses Habitat ist gekennzeichnet durch eine Zahl von kleineren
Wasserläufen, die Saisonal mehr oder weniger austrocknen. Entlang dieser Wasserläufe wachsen
im Vergleich zur Umgebung hohe Bäume. Die typischste Art dieser Bäume ist die "Craibeira"
(Tabebuia caraiba). Aus diesem Umstand ist ersichtlich, dass allein schon längere Trockenperioden
in der Vergangenheit sicher auch eine Einflussgröße auf den Bestand des Spix-Ara's darstellten.
Was weiterhin eine Rolle spielt, ist eine - wenn auch nur extensive - Viehhaltung insbesondere von
Ziegen mit Futtersuche in der Natur, was u. U. eine Überweidung zur Folge hatte. Aufgrund der
bereits geschilderten Flora und der Geologie, führte die zu bedeutsamen Lebensraumeinschränk-
ungen für die Ara's der Region oder beeinträgte diese bereits nachhaltig. Weiterhin kommen
noch andere neuzeitliche wirtschaftliche Faktoren ins Spiel, wie überall möchte ich sagen.
Wieso ich jetzt von Ara-Arten schreibe? Naja, nebem dem Spix-Ara ist auch der Rotrücken-
Ara, ein mittlerweile ebenfalls recht seltener Vogel in der gleichen Gegend zu hause. Und
auch er rückt somit zu Recht stärker in das Blickfeld der Artenschützer. Aber jetzt bin ich
etwas vom Wege abgekommen, will mal wieder mehr zum Vortrag zurück finden.
Was soll ich sagen? Er war einfach gut. Immer wieder Zahlen, Grafiken, Karten und dazu
wunderschöne Bilder, einige davon lassen sich anhand der bisherigen Links wieder finden,
andere habe ich noch nicht gesehen - und bin begeistert. Marcellus - darf ich jetzt wohl
sagen - wird mal durch sachliche Fragen, mal durch freundschaftliche Anekdoten unter-
brochen, aber selbst ich - der ich nur ein klares Hochdeutsch spreche - verstehe die lustigen
badischen Pointen. Der Abend lässt sich wirklich gut an. Der Vortrag geht weiter, ich bin
gefesselt von den Ausführungen rund um den Spix, erfahre noch reichlich Neues wie z. B.
dass der Bestand freilebender Spix-Ara's wohl noch nie eine Populationsgröße von 150-200
Tieren überstieg, dass diese soweit heute bekannt ist, erst mit einem Alter von 6 eher sogar
von 7 Jahren mit dem Brutgeschäft beginnen und vieles mehr. - Eigentlich hätte ich mir am
liebsten den ganzen Beitrag kopiert - oder ich muss Marcellus doch mal fragen, ob er mir
seine aufwändige Arbeit nicht zumindest als Skript zukommen lassen kann? Denn ich
habe mir keine Notizen gemacht - und alles hier füge ich jetzt wieder zu einem Puzzle frei
aus meinem Kopf zusammen. Und mir fehlen halt ein paar Teile - kleine Erinnerungslücken,
auch wenn ich gestern echt nur Apfelsaft-Schorle getrunken habe.
Was mir aber deutlich in Erinnerung geblieben ist, neben all den faszinierenden Ausführungen
zu Haltern, Orten, Zahlen, Daten und Fakten, HEUTE ziehen tatsächlich alle Spix-Ara-Halter
an einem Strang! ALLE beteiligen sich am offiziellen Erhaltungsprogramm für den Spix-Ara.
Das ist das wirklich Bemerkenswerte, das ist was sinngebend ist. Im Nachhinein könnte man
sagen, gut schade - hätten die ja früher machen können - aber das ist eben so eine Sache mit
den verschiedenen Interessenslagen. Woanders habe ich es mal so formuliert: Mir gefällt mein
Motorrad weil es schwarz ist, anderen Menschen missfällt mein Motorrad weil es schwarz ist.
Verstanden?
Zugegeben, zunächst als ich nur das Geschriebene auf den Bluemacaws seiten kannte, war
meine Intention, wieso kann sich ein Scheich aus Qatar so einen seltenen Vogel allein unter
die Nägel reissen? Heute weiss ich, dass genau das für den Spix-Ara wohl das Beste war, was
ihm passieren konnte. Gleiches gilt auch für jene Spixxe die sich seit 2005 in Deutschland
befinden. Wobei auch hier deutlich klar gestellt werden muss, dass ALLE Vögel - und das
sind mittlerweile 68+ wunderschöne blaue Ara's in Menschenobhut dem Erhaltungszuchtpro-
gramm zu Verfügung stehen. Und das ist der bislang größte Erfolg. Marcellus meinte dazu,
es ist heute so, dass mit diesem Bestand der weitere nachhaltige Zuchterfolg für den Spix-
Ara gewährleistet ist und die Art vor dem Aussterben bewahrt werden wird. Das sei keine Frage,
sondern Tatsache. Zumal es für diesen Vogel die geeigneten finanziellen Resourcen gibt, die
es in naher Zukunft auch ermöglichen, die konkreten weiteren Projekte für die Arterhaltung
uneingeschränkt umzusetzen. Das war wohl das schönste für mich, dies zu hören!
Warum kann er so sicher sein, sowas zu behaupten? - Ganz einfach, ER weiss es.
Ich für meinen Teil lasse es mit meinen Erklärungen dabei bewenden, werde ihm aber nachher noch
eine Mail schreiben mit einem Link zu diesem Beitrag - und wer weiss, vielleicht gibt es ja noch was
was er hier ggf. ergänzen oder auch korrigieren möchte? Wir, also Marcellus, Werner und Hilmar
Ries von den Vogelfreunden Achern haben uns gestern Abend jedenfalls noch einige Zeit angeregt
rund um das Thema Papageien und auch darüber hinaus unterhalten. Sie wissen von mir, dass ich
heute hier was schreiben will - und ich denke, wir haben uns so verständigt, dass dieser Texxt hier
von mir, dem gestrigen Abend vollumfänglich gerecht wird. Hoffe ich zumindest.
Abschließend möchte ich nur noch mal DANKE für Gestern sagen, schade - dass nicht noch
mehr Papageien-Freunde dort vor Ort waren, es hätte sich auch für sie gelohnt. Aber wer weiss,
die Papageien-Freunde Achern sind ein sehr aktiver Haufen, da läuft immer wieder was - und mal
schaun, vielleicht treffen wir vom Forum hier uns ja beim nächsten Mal dort? Ich würde mich freuen.
Und um Euch das Ganze noch etwas schmackhafter zu machen, habe ich noch ein paar informelle
Berichte rund um den Spix-Ara im Web für Euch ausgegraben:
» Kanarenjournal, Januar 2004
» Kanarenjournal, Juli 2004
» Kanarenjournal, August 2004
» Al Wabra Wildlife Preservation, Juni 2006
Ach, eines noch - was mir dieser Beitrag mal wieder gezeigt hat, ich halte es grundsätzlich für
falsch, sich zu schnell über irgendwas oder wen ein Bild zu machen, wenn man die Hintergründe
nicht genauer kennt. Da werden gute sinnvolle Bemühungen schnell mal ins falsche Licht gerückt,
nur weil etwas irgendwo von irgendwem ungeau dargestellt wird. Deshalb war ich dort, um mir selber
mein eigenes Urteil zu bilden - und wisst ihr was, ich bin froh, dass ich dort war. Das nenne ich Glück.
Herzlichen Gruss
Christian
« Zahme Vögel singen von der Freiheit, wilde Vögel fliegen. »