3. Risikobewertung
3.1 Abkürzungen und Begriffsbestimmungen
Abkürzungen
HPAI: hochpathogene aviäre Influenza/ highly pathogenic avian influenza
HPAIV: hochpathogenes aviäres Influenzavirus
Begriffsbestimmungen
HPAI “… notifiable avian influenza (NAI) is defined as infection of poultry caused by any influenza virus
A of the H5 or H7 subtypes or by any AI virus with an intravenous pathogenicity index (IVPI) greater than
1.2 (or as an alternative at least 75% mortality…” (OIE, 2005b).
Inkubationszeit für HPAI: maximal 21 Tage (OIE, 2005b)
Die folgenden Begriffe werden in Anlehnung an die Terminologie des OIE-Handbuches für Importrisikoanalysen
verwendet (OIE, 2004).
Wahrscheinlich: ein Umstand, der eintreten, wahr sein oder vernünftigerweise erwartet werden kann
Hoch: über das normalerweise oder im Mittel zu erwartende Maß hinausgehend
Mäßig: normalerweise oder im Mittel zu erwartendes Maß
Gering: unterhalb des normalerweise oder im Mittel zu erwartenden Maßes
Vernachlässigbar: keiner weiteren Betrachtung bedürftig
3.2 Bewertung von Einschleppungsursachen
a) Ausgehend von Wild- und Zugvögeln
Das Risiko eines Eintrags von HPAIV H5N1 durch Wildvögel in Hausgeflügelbestände Deutschlands wird weiterhin als mäßig eingeschätzt.
Nach dem ersten Nachweis von HPAIV H5N1 Asia im Februar 2006 war zunächst bis etwa April 2006 eine großräumige Ausbreitung in Deutschland, aber auch in anderen Teilen Europas zu beobachten Seit Mai 2006 zeigten vereinzelte Nachweise von HPAIV H5N1 bei Wildvögeln in Spanien und Deutschland im Juli bzw. August 2006 weiterhin die Präsenz des Erregers in der Wildvogelpopulation an. Darüber hinaus kam es zwischen Januar und Juni 2007 zu vereinzelten Einträgen in Hausgeflügelbestände in Ungarn, dem VK, dem europäischen Teil der Russischen Föderation und jüngst in der Tschechischen Republik. Für die Fälle in Ungarn wird dabei als wahrscheinlichste Eintragsursache „Kontakt mit Wildvögeln“ (OIE – Bericht Ungarn, 24.01.2007) angenommen. Die Einzelnachweise bei Wildvögeln in Spanien (Haubentaucher) und Deutschland (Schwan, Zoo Dresden) vom Sommer 2006 traten zu einem Zeitpunkt auf, zu dem zumindest großräumige Vogelzüge als nahezu abgeschlossen galten. Auch die im Juni 2007 beobachteten Fälle in Bayern und Sachsen fallen in eine Jahreszeit, in der weite Zugbewegungen, außer bei einigen Limikolenarten, nicht zu erwarten sind. Allerdings ist zu dieser Zeit der so genannte Mauserzug einiger Arten (z .B. bei Enten) zu berücksichtigen sowie Dispersionsbewegungen flügge gewordener Jungvögel (z. B. Enten und Möwen). Ein Eintrag über große Entfernungen erscheint demnach nicht wahrscheinlich. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass das Virus bereits seit einiger Zeit auf niedrigem Niveau in der Wildvogelpopulation vorhanden war.
Der am FLI in enger Kooperation mit dem EU-Referenzlabor für aviäre Influenza in Weybridge (Vereinigtes Königreich) durchgeführte Vergleich von Sequenzen des HPAIV H5N1-Virus aus einem in Nürnberg tot aufgefundenen Höckerschwan und einem Truthahnbestand in der Tschechischen Republik ergab eine große Ähnlichkeit von 99,2 Prozent (für den ersten Abschnitt des H5-Gens). Der Grad an Übereinstimmung weist auf einen gemeinsamen, bisher nicht identifizierten Ursprung beider Viren hin. Ob es eine direkte Verbindung zwischen den Ausbrüchen in der Tschechischen Republik und in Bayern gibt, ist bisher nicht bekannt. Eine besonders große Ähnlichkeit weisen die bereits Gensequenzen zu Varianten von HPAIV H5N1 Asia auf, die derzeit im mittleren Osten zirkulieren. Das HPAIV H5N1-Virus aus dem sächsischen Ausbruchsgebiet wird derzeit sequenziert. Die bei Wildvögeln beobachteten Infektionen mit HPAIV H5N1 Asia unterstreichen, dass das stichprobenartige Wildvogelmonitoring, so wichtig es für orientierende Untersuchungen zum Vorkommen des Virus ist, bei fehlenden Nachweisen nur eine begrenzte Aussagekraft hinsichtlich einer möglichen Erregerfreiheit besitzt. Es ist weiterhin nicht auszuschließen, dass sich HPAIV H5N1 durch Wildvögel und andere belebte und unbelebte Vektoren verbreiten könnte.
Die im Rahmen des Wildvogelmonitorings 2007 auf aviäre Influenza untersuchten Stichproben blieben in Deutschland mit bundesweit bisher über 9.000 untersuchten Wildvögeln auf einem hohen Niveau, wobei die untersuchten Stichprobenzahlen zwischen den Bundesländern deutlich variieren. Hier sollte möglichst kurzfristig eine am Stichprobenschlüssel des FLI ausgerichtete Angleichung erfolgen. Dabei stieg der Anteil des aktiven Monitorings im Vergleich zu den Beprobungen bis Juni 2006 deutlich an, während die Untersuchung von Totfunden anteilig nachgelassen hat. Zu berücksichtigen ist, dass bei Wildvögeln im Rahmen des Monitorings in den vergangenen Jahren regelmäßig geringpathogene aviäre Influenzaviren nachgewiesen wurden. Darunter befanden sich Viren der Subtypen H5 und H7, die beim Eintrag in Hausgeflügelbestände zu HPAIV mutieren können. Die Pravälenz von HPAIV H5N1 pro Monat wurde auf der Grundlage der Daten des Wildvogelmonitorings geschätzt. Anhand der Konfidenzintervalle für die geschätzten Prävalenzen kann gezeigt werden, dass sich diese ab Mai 2006 bis Mai 2007 nicht signifikant veränderten (Fisher Exakt Test, p>0.05). Eine geringe Prävalenz von 0,1% bis 0,2% konnte mit 5% Irrtumswahrscheinlichkeit nicht ausgeschlossen werden. Damit bestand weiterhin die Möglichkeit einer Persistenz des Erregers auf niedrigem Niveau. Da die aktuellen Untersuchungszahlen für den Monat Juni noch nicht vollständig vorliegen, wurde angenommen, dass Untersuchungen im gleichen Umfang wie in den Vormonaten stattfinden und es wurden die Konfidenzgrenzen der Prävalenzschätzungen auf der Grundlage der 95%-Konfidenzintervalle für die zu erwartenden Stichprobenumfänge ermittelt. Unter diesen Voraussetzungen unterscheiden sich die Konfidenzintervalle der Prävalenzschätzungen auch nach dem erneuten Nachweis von HPAIV H5N1-Infektionen bei Wildvögeln in Bayern und Sachsen im Juni 2007 nicht von denen der Vormonate. Daher lässt sich derzeit für Deutschland insgesamt kein statistisch gesicherter Anstieg der Prävalenz ableiten.
Die im Rahmen des Wildvogelmonitorings nunmehr erhobenen positiven Befunde belegen, dass HPAIV H5N1 in der heimischen Wildvogelpopulation gegenwärtig wieder präsent ist.
Das Risiko des Eintrags von HPAIV H5N1 aus der Wildvogelpopulation in Hausgeflügelbestände Deutschlands wird insgesamt als mäßig eingestuft.
Zusätzlich zum bisherigen Geschehen bei Wildvögeln in Deutschland bestehen weiterhin die nachfolgend beschriebenen Einschleppungsmöglichkeiten nach Deutschland:
(b) Legaler Handel mit Vögeln und von Vögeln stammenden Produkten:
Die Wahrscheinlichkeit einer Einschleppung von HPAIV H5N1 Asia aus betroffenen Ländern nach
Deutschland über den legalen Handel mit lebendem Geflügel und Geflügelprodukten sowie anderen Vögeln
und von Vögeln stammenden Warengruppen ist aufgrund der bestehenden Einfuhrrestriktionen und Importverbote und der Voraussetzung der Einhaltung der Schutzmaßnahmen vernachlässigbar.
(c) Illegale Importe
Die Wahrscheinlichkeit einer Einschleppung von HPAIV H5N1 Asia aus betroffenen Ländern nach Deutschland über illegale Importe von lebendem Geflügel und Geflügelprodukten sowie anderen Vögeln und von Vögeln stammenden Warengruppen kann der Höhe nach nicht bestimmt werden. Deshalb wird (im Friedrich-Loeffler