Kormorane & verschiedene Gewässer
Hallo Andreas / Kanadagans,
ich glaube mich zu erinnern schon was vom Nord-Süd Gefälle geschrieben zu haben (Post 84, letzter Absatz), bin mir aber sicher mich die Lage hier „unten“ und am Oberläufen der Flüsse beschrieben zu haben.
Die Lage an den größeren Gewässern ist weniger genau zu beurteilen da dort die „Inventur“ schwieriger wird. Wenn ich dazu beim BUND lese „... schädigt keine Fischbestände, seit Ankunft des Kormoran haben die Weißfischbestände sogar zugenommen“ so passt dies mit den Klagen der Fischer zusammen. Diese sagen sie würden weniger/ kaum noch Barsche, Zander, und Hechte fangen dafür aber große Exemplare.
Zusammengefasst die Kormorane fressen was sie mit wenig Aufwand bekommen können (evtl. einige Arten bevorzugt), danach setzen sich die vermehrungsstärkeren Arten, die sich schon ab geringer Größe vermehren oder die Laichreife schnell erreichen, durch. Die Brasse ist da ein Paradebeispiel, schnell laichreif und danach erreichen sie Größen mit denen sie sicher vor Kormoranfraß sind. Andere Fische die erst im 3. oder 4. Jahr laichreif sind vorher aber schon ins typische Beuteschema (10 bis 30cm) des Kormorans passen haben Probleme.
Die Arten kleinerer Fließgewässer sind dann mehrfach betroffen, die Äschen passen evtl. schon einsömmrig ins Beuteschema erreichen aber nie eine Größe mit der sie sicher vorm Kormoran wären. Ähnliches gilt für Forellen, Nasen und Barben, die wegen ihrer Spindelform auch mit 40cm gut schluckbar sind, eine Brasse dieser Größe ist so hochrückig („Klodeckel“) die schluckt so schnell kein Kormoran. (Bei Bedarf Barben + Gera + Kormoran googlen, bitte keine Proteste wegen Gewässerverbauung, auch ohne sammeln sich viele Fische in Winterlagern).
Bezüglich Beuteschema (10 bis 30cm) bei Bedarf ernähren sich die Kormorane auch schon mal von Stichlingen, für Nichtangler das sind Fischchen von 4-6cm Länge.
Du hattest erklärt erklärt Angler zu sein und Untersuchungen zum Gänsebestand gemacht zu haben. Deine Verwendung des Begriffs „überbesetzte Gewässer“ verwundert mich deshalb etwas. Besatz meint durch den Mensch eingesetzte Fische was Du beschreibst ist etwas anderes möglicherweise eine natürliche Schwankung (Massenvermehrung) wie sie gerade bei Barschen bekannt ist.
Beschreibe ich mal an einen Beispiel in meiner Nähe: Kiesgrubensee ca. 1,5ha max. 2m tief. Fischbestand Weissfische, Karpfen, Hechte und MODERLIESCHEN wie in Piranjafilm. Ein Stück Brot 'reinwerden und zuschauen wie das Wasser kocht. Eines Tages tauchten große Schwärme Barschbrut im Flachwasser auf. Zwei Jahre später gab es keine Moderlieschen mehr (soviel zur Theorie ein Raubtier löscht niemals seine Beute aus) dafür aber reichlich Barsche 10 – 12cm. Doch einige Zeit später verschwanden diese, doch wurden dann gelegentlich große Barsch jenseits der 30cm gefangen. Jahre später habe ich dann noch den Geheimtip gehört: Spinner, Blinker oder Wobbler im Barschlook mit schwarzen Streifen. Erklärung des Ganzen: Barsche zeigen bei hohen Bestandsdichten Kanibalismus und dezimieren sich so selbst. Der Effekt ist also auch ohne Kormorane erklärbar.
Der Tegeler See ist doch eine Havelschleife oder zumindest an die Havel angebunden steht also mit einen größeren Gewässersystem in Verbindung. Der Wegfall der Verschmutzung aus DDR-Betrieben / -Abwasser hat doch eine deutliche Verbesserung der Wasserqualität zu Folge, weniger Algen und damit weniger Futter für die Brut, möglicherweise eine Chance für den Hechtbestand – auch ein Raubfisch der die Bestände „auf Trab“ bringen kann.
Der Einfluß des Kormorans und der anderen Faktoren ist daher schwer abzuwiegen. Die Schwärme an Laichfischen der Plötzen und Ukelei kommen die aus den See oder der Havel? Die Fische versammeln sich während der Laichzeit aus größeren Gewässerbereichen.
Zum Einfluss des Kormorans, die >größere< Kolonie auf den Leuchtturm ist schwer abschätzbar jedoch sind 20 Kormorane auf der Hälfte eines 400ha Sees nicht allzu viel. Erst recht wenn in de Umgebung noch weitere Gewässer zur Jagt genutzt werden. Wenn ich das mit 10Monaten Anwesenheit überschlage entspricht dies einer Entnahme von 30kg/ha - ist durchaus tragbar für 'nen Flachwassersee.
Im Kreis Weißenfels sollen wir 8 Brutpaare (=16 Vögel + x Junge) haben, die Saale ist 50m breit, 50km Länge machen dann etwa 250ha vergleichbar zum Tegler See. Aber bereits in 10km Luftlinie liegt die nächste große Kolonie Tagebau Braunsbedra-Neumark mit 141 BP. Ok andere Seen gibt es bei uns auch der Auensee mit 3,4ha der Mondsee (richtig groß!) 36ha
Dazu kommt im Winter nochmal die Wintergäste, in Weißénfels konnte ich schon mal den Thüringer Winterbestand vorbeikommen sehen so um 1200 bis 1500 Vögel. Wenn der Tegler See Ruhe hat haben die Fließgewässer bei uns ihren maximalen Fraßdruck.
Die Situation bei uns: kleiner Forellenbach 1,5 bis 2 m breit (wird nicht beangelt) diesen Winter
6 (kurzzeitig auch mal 10 Kormorane) auf einen Abschnitt von 2-3km für 3Wochen. Weiter oben und unten am Bach waren die nächsten Trupps. Nach „natürlichen Ausdünnen“ wie Du es beschreibst war in diesen Abschnitt noch ein Döbel von 60cm zu sehen.
Hier „unten“ sieht die Situation halt anders aus „Überbestände“ sind aktuell nicht das Problem über das man nachdenken muss.
Max