Kanaris - Einzel - bzw. Paarhaltung?
Hallo Sailcat
Ich denke, dass alle Vogelliebhaber mit Dir leiden, wenn sie von dem plötzlichen Tod Deines langjährigen Weggefährten erfahren. Mein ältester Hahn ist nur elf Jahre alt geworden und ich dachte, dass sei schon ein biblisches Alter.
Diesen Hahn habe ich, nachdem die Nachbarskatz seine beiden Frauen mitsamt der Brut geholt hat (hatte sich unbeobachtet in meinem Kleiderschrank versteckt), in seinen letzten fünf Lebensjahren allein (zusammen mit einem Pärchen Silberschnäbelchen und deren Jungtieren) in einer aus einem Schrank selbstgebauten Zimmervoliere gehalten und ich habe an seinen "Lebensfreudeäußerungen" (Baden, Singen, Toben, Schaukeln, Computertastatur oder Bildschirm während der Benutzung vollkack.., Schulter des Besitzers anfliegen, usw...) natürlich mit Ausnahme der von Dir so nett mit dem Adjektiv "eifrig" beschriebenen Tätigkeit Deiner Zebras k e i n e r l e i Unterschied in seinem Verhalten bemerken können.
Du musst also meiner festen Überzeugung nach kein schlechtes Gewissen haben, wenn Du aus Platzmangel (in Käfig oder Zimmervoliere) nur ein Einzeltier halten kannst.
Dabei ist es völlig egal, ob Du eine Henne oder einen Hahn hältst. Wenn Du "Pech" hast, erwischt Du einen Hahn, der Dir mit seinem lauten Gesang die Ohren immer dann zum "Klingeln" bringt, wenn Du selbst gerade telefonieren möchtest.
Außer der Weitergabe seiner (ihrer) Gene fehlt dem Vogel aber zunächst nichts, auch wenn moose vollkommen recht hat, wenn sie sagt, dass die sich die "wildlebenden Kanariengirlitze" in ihrem Herkunftsgebiet zu Schwärmen zusammentun. Dort können sich die Tiere bei Nichtverträglichkeit notfalls aber immer aus dem Weg gehen, wie wohl auch in ihrer großen
Voliere.
In einem Käfig, auch wenn er 1 m H x 1,50 B x 1 m T groß ist, wie mein selbstgebauter, der zur Zeit von Fritze und seiner „Hauptfrau“ Matilde zur Brut benutzt wird, reicht dieser Platz nicht für zwei Hennen, die sich um Fritze oder auch die von einer der beiden bereits gelegten Eier im Nest kloppen.
Vorgestern hätte Matilde die Zweitfrau Hannelore (seit dem letztem Jahr unfruchtbar und daher neugierig auf die Eier von Matilde) beinahe umgebracht (mehrfach zu Boden gedrückt und dann schwer gerupft), weil sie ihrem Gelege zu nahe gekommen ist.
Hannelore musste also wieder in einem Extrakäfig (zusammen mit einem "Nachwuchspaar" Silberschnäbelchen, die ihre Geschwister ebenfalls ständig rupfen) vereinzelt werden.
Zwei Hähne zusammen in einem Käfig mit den oben genannten Massen führen nach meiner Erfahrung nicht nur zur Brutzeit, sondern ganzjährig, zum "Blutfluss"!
Wenn Du jedoch den Vögeln die meiner Meinung nach ungeheuer spannende (für Dich) und sicher auch zum "Lebensprogramm" der Tiere gehörende "eifrige" Betätigung "gönnen" willst, solltest Du Dir - den entsprechenden Platz in Deiner Wohnung vorausgesetzt - ein Paar anschaffen!
Es ist nach der anfänglichen brutalen "Befliegerei" der Henne nämlich echt "erheiternd", zu sehen, wie "Vattern" bis an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit "malochen" muss, um fünf hungrige ausgeflogene Jungvögel alleine satt zu kriegen (ausgleichende Gerechtigkeit). "Muttern" sitzt dann ja längst wieder auf dem nächsten Gelege und hat keine Zeit für die Fütterei der noch nicht futterfesten „Halbstarken“.
In meiner besten Saison (2000) haben Fritze und Matilde drei Bruten mit jeweils 5 Jungtieren aufgezogen. Danach hatten beide ca. 20 % ihres Ausgangsgewichtes verloren. Fritze hatte dabei zum Schluss mehr "gelitten" als Matilde!
Besorge Dir die Tiere möglichst vor Beginn des Wochenendes gleichzeitig bei verschiedenen Züchtern, bzw. weit entfernten Zooläden (sonst leicht mögliche Inzucht) und setze sie zusammen in den ihnen zugedachten möglichst großen Käfig, damit keiner der beiden (vor allem der Hahn) ein bereits angeeignetes Revier verteidigen muss. Die eventuell in dem großen Käfig schon lebende "Zebrafinkengesellschaft" ist nach meiner Erfahrung (mit meinen Silberschnäbelchen) kein Problem.
Beobachte die Kanarien mehrere Tage genau (deshalb Kauf vor dem Wochenende)! Gegenseitige Bedrohungen (ausgebreitete Flügel, offener Schnabel, langgestreckter Körper und Geschrei) sind normale Drohgebärden im Rahmen des "Rangordnungsfindungsgehackes".
Wenn allerdings Federn fliegen (Rupfen des anderen Vogels), oder allerspätestens, wenn Blut fließt, musst Du sie natürlich sofort trennen.
"Kloppen" die beiden Kanarien sich so ungehörig, kannst Du sie in zwei benachbarte oder auch einen per Trenngitter teilbaren Käfig setzen, damit sie sich erst einmal kennen lernen müssen. Meist gelingt die "Zusammenführung" dann doch. Wenn das nach 3 Monaten trotz mehrerer "Kuppelversuche" immer noch nicht gelungen ist, würde ich versuchen, z.B. hier in den Vogelforen eines der Tiere zu tauschen, oder ein Tier zu ersetzen (unbedingt notwendige Abgabe des anderen Tieres!).
Ich glaube mittlerweile jedenfalls fest daran, dass es zu einer verantwortungsvollen und artgerechten Haltung eines Tieres (auch des Kanarienvogels) gehört, ihm wenigstens einmal in seinem Leben (besser öfter) die Fortpflanzung zu ermöglichen.
Ich hoffe, dass ich Dir mit meinen "Erzählungen" trotz Deiner nachvollziehbaren schmerzlichen Erfahrung wenigstens ein wenig wieder Lust auf einen Neuanfang mit Kanarien habe machen können .Im Vergleich zu den Prachtfinken (geschlossenes Nest) kannst Du nämlich da die Jungenaufzucht sozusagen täglich „hautnah“ beobachten. Vor allem das Wachstum der Jungtiere wird Dir wie ein Wunder vorkommen!