Moin Sabine!
Zunächst muß ich Kuni hinsichtlich ihrer Bedenken wegen des unterschiedlichen Alters der Vögel und der Gemeinschaftshaltung von zwei Paaren zustimmen:
Es kann durchaus passieren, dass die Weibchen von ihren Hähnen mehr erwarten als diese geben können und das kann zu Aggressionen gegenüber den Hähnen führen.
Im allgemeinen würde ich deshalb immer zu etwa gleich alten bzw. bereits geschlechtsreifen Tieren raten, aber nicht immer ist das möglich.
Dieses Problem muß auch keineswegs eintreten, denn erstens scheinen bei Amazonen die Männchen meist das dominantere Geschlecht zu sein und häufiger sind Aggressionen von geschlechtsreifen Männchen gegenüber noch nicht geschlechtsreifen Weibchen zu beobachten statt umgekehrt.
Außerdem hat es auch Fälle gegeben, wo die Zusammenführung mit gleich alten Tieren nicht klappte, aber Jungtiere akzeptiert wurden: vielleicht, weil sie gleichsam noch einen Beschützer- oder Elterininstinkt auslösen; vielleicht, weil sie nicht als eine Bedrohung wahrgenommen werden; und/oder vielleicht, weil sie
so etwas wie "Narrenfreiheit" genießen: bei Graupapageien gibt es die Beobachtung, das sich die Jungtiere zu einem gesonderten Schwarm zusammenfinden und die älteren Tieren zeigen keine bzw. nur sehr geringe Aggressionen gegenüber den jüngeren. Leider weiß ich nicht, wie das bei den Amazonen aussieht.
Auf alle Fälle muß man darauf vorbereitet sein, das es aufgrund des Alters doch zu Problemen kommt.
Ebenso kann die Haltung von zwei Paaren gerade bei den Amazonen während der Brustimmung sehr problematisch werden, denn Amazonen werden während der Brutstimmung / Brutzeit oft sehr aggressiv sowohl gegenüber Artgenossen als auch gegenüber dem Menschen.
Daher empfiehlt es sich meiner Meinung nach für diesen Fall Vorsorge zu treffen: ihr müßtet Euch überlegen, die Paare in einigen Jahren während der Brustimmung getrennt unterbringen zu können bzw. eine Käfiggröße zu haben, die es erlaubt, die Tiere auch einige Zeitlang ohne Freiflug zu halten. Diese Lösung hat jedoch den Nachteil, dass der Sichtkontakt bereits Probleme bereiten kann - denkbar ist es, das sich der Hahn aggressiv gegenüber seinem Weibchen zeigt, wenn die eigentlichen Adressaten seiner Aggressionen, das andere Amazonenpaar als potentielle Reviereindringlinge, Nahrungskonkurrenten und Rivalen nicht für ihn erreichbar sind.
Wenn die Verpaarung erfolgreich verläuft könnten die Weibchen sogar schon in Brustimmung geraten, obwohl die Männchen noch nicht geschlechtsreif sind.
Da ist es auf alle Fälle gut, für den Fall der Fälle gerüstet zu sein.
Die Verpaarungsversuche bei meinen Grauen waren alle "zeitlich versetzt". Hat das irgendeinen Vorteil gebracht? Ich fand nicht: jeder der drei hinzugeholten neuen Partner hat versucht, sich mit dem bereits verpaarten Vogel zusammen zu tun, möglicherweise wegen der Menschenfixierung des anderen Grauen.
Bei Euch hat in dieser Hinsicht die Surinam einen gewissen Vorteil, weil sie ja bereits mit einem Partner zusammengelebt hat und von daher durch ihr "natürlicheres Verhalten" für die Hähne, auch unabhängig von der Artzugehörigkeit, "attraktiver" erscheinen könnte.
Hier wäre es auf den ersten Blick natürlich gut, die Paare getrennt voneinander zu verpaaren, aber wie Du schriebst ist das aufgrund der Räumlichkeiten nicht möglich.
Auch habe ich Zweifel, ob das wirklich soviel bringt: denn es ist nicht so erwarten, das die Paarbindung binnen weniger Wochen so fest wird, das eine Umverpaarung bei gemeinsamen Freiflug auszuschließen ist.
Werden die Paare wieder zusammengeführt, wendet sich vielleicht ein Hahn von seinem Weibchen wieder ab. Dies gilt meiner Meinung nach um so mehr, da die Hähne ja noch nicht geschlechtsreif sind. Zumindest bei Graupapageien gibt es die Beobachtung, das sie mit der Geschlechtsreife nochmals einen Partnerwechsel vornehmen, wenn andere Partner zur Verfügung stehen und das heißt, das die Paarbindung bei Jungtieren noch nicht sehr eng und fest ist und erst nach der Geschlechtsreife der "Lebenspartner" gewöhlt wird.
Von daher also bringt meiner Ansicht nach die zeitversetzte Zusammenführung, wenn überhaupt etwas, dann nur wenig.
"Unerwünschte" Kombinationen werden sich auch druch die zeitversetzte Zusammenführung nicht hundertprozentig vermeiden lassen.
Möglicher nachteil einer zeitgleichen Zusammenführung wäre die gemeinsame (und erfahrungsgemäß bei noch nicht zahmen Naturbruten auch längere) Eingewöhnungsphase in einem Käfig bei den Hähnen: es könnte hier sein, das sich die Hähne zusammenschließen, da sie als Naturbruten schnell den Kontakt zu Artgenossen suchen werden.
Aber selbst wenn es dazu kommt: wie gesagt sind meiner Meinung nach solche Paarbindungen wahrscheinlich nicht besonders fest und bei der Zusammenführung kann es wieder zu einer Umverpaarung kommen. Es ist für mich also kein ausschkagegebndes Argument für eine zeitversetzte Zusammenführung, für besser hilet ich es, die Eingwöhnungsphase so kurz wie möglich zu halten und eine möglichst schnelle Zusammenführung mit den Weibchen anzustreben.
Es kann natürlich ebenso passieren, das sich auf einmal die beiden Weibchen gegen die Neuen, die "Eindringlinge" zusammenschließen - entsprechende Beobachtungen und Erfahrungen gibt es auch hier: Vögel, die jahrelang nichts voneinander wissen wollten haben sich beim Zusammensetzen mit weiteren Artgenossen plötzlich zu einem Paar zusammengeschlossen.
Schließlich, wie gesagt, kann es auch sein, das sich bei gemeinsamen Freiflug auch artfremde Paare bilden.
Das empfinde ich aber nicht als so schlimm, besonders, wenn keine Zuchtabsicht besteht, denn wenn auch die gegengeschlechtliche artgleiche Verpaarung anzustreben ist so gebe ich einer freien Partnerwahl doch den Vorzug.
Das bei einer zeitversetzten Zusammenführung eine Amazone eine zeitlang alleine wäre spricht zwar für mich nicht gegen die zeitversetzte Verpaarung, denn immerhin sprechen wir wahrscheinlich nur von einem Zeitraum von wenigen Wochen und die beiden Weibchen haben sich ja auch nur "leidlich" vertragen.
Ein deutlicher Nachteil der zeitversetzten Zusammenführung scheint mir aber zu sein, das es bei Ankunft des neuen, vierten Hahnes es erneut wieder zu Revier- und Rangordnungsauseinandersetzungen kommen kann, eventuell auch wie beschrieben zu Umverpaarungen und damit zu einer weiteren Stresssituation für die Tiere.
Da erscheint es mir günstiger, quasi "alles in einem Abwasch" hinter sich zu bringen.
Du siehst, ich neige unter den von Dir beschriebenen Bedingungen eher zu dem Versuch einer zeitgleichen Zusammenführung, auch wenn die Beobachtung von vier Papageien sicherlich noch mehr Nerven erfordert.