Aktuelles Beispiel: Österreich
Es müssen Halterichtlinien her,die die Flut und Menge der Vögel Abgabevögel drastisch reduzieren können .
Wer an einer wirklichen Verbesserung der Zustände, die in einem kaum zu beziffernden Umfang für unzulängliche Haltungen und Abgaben von Papageien (insbesondere von sog. "Großpapageien") (mit)verantwortlich sind, interessiert ist, sollte akzeptieren, daß eine Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen (dies gilt für Halter/innen und "Auffangstationen" betreffende rechtliche Vorgaben gleichermaßen) eine Voraussetzung hierfür darstellt.
Natürlich soll (und muß) es Übergangs- und Altfallregelungen geben. Österreich hat es vorgemacht. Ebenso natürlich kann von einer Änderung der Gesetzeslage keine umgehende Verbesserung der Zustände erwartet werden. Es ist ein langer (und notwendiger Weise von flankierenden Maßnahmen zu begleitender) Prozess. Aber: Je früher damit begonnen wird – desto besser.
Neben dem in Österreich per Gesetz/Verordnung reglementierten Verbot der
Handaufzucht von Papageien (Anmerkung:
Handaufzuchten sind nur in eng begrenzten Sonderfällen zulässig / speziell dagegen hatten sich übrigens im Anhörverfahren die Zuchtverbände mit unsäglichsten Argumenten – jedoch vergeblich - zur Wehr gesetzt) beinhaltet die österreichische Gesetzgebung eine Anzahl von Vorgaben und Regularien, die bei konsequenter Umsetzung sowohl eine ausufernde (Fehl)Haltung von Papageien (mit den bekannten Folgen bis hin zu Abgaben in Auffangstationen) reduzieren kann. Die neue Kontrollverordnung mit in regelmäßigen Zyklen vorzunehmenden Überprüfungen durch geschultes Personal und föderal aufgebauten Zuständigkeiten beginnt sich lt. Fachministerium bereits (nach einer Übergangsphase) als wirksam zu erweisen. Zum Kontrollpersonal: Gem § 35 Abs. 5 TSchG muß sich die Behörde (respektive müssen sich die Behörden/Dienststellen) solcher Personen bedienen, die über "eine ausreichende fachliche Qualifikation" verfügen. Diese Qualifikationen sind in § 6 der Kontrollverordnung festgeschrieben. Qualifikationsprofil: "Amtstierarzt, (...) andere von der Landesregierung amtlich beauftragte Tierärzte, (...) andere Personen, die von der Landesregierung hierzu bestellt werden und folgende fachliche Qualifikationen nachweisen können: Studienzweig Zoologie der Studienrichtung Biologie, Studium der Veterinärmedizin (...)." Des Weitern ist gemäß § 6 Abs. 2 der Kontrollverordnung verpflichtend vorgesehen "ein Lehrgang vor Aufnahme der Kontrolltätigkeit, der gemäß Anhang 1 Punkt B folgende Inhalte umfasst: Nationale Rechtsvorschriften und Rechtsvorschriften der Gemeinschaft zum Tierschutz, Verfahrensrecht, (...) Tiergerechtheit und deren Beurteilung anhand von Indikatoren, Einführung in die Tierschutzethik, Verhalten und Ansprüche von Exoten (...)".
Die Pflichten des Halters (und die Voraussetzungen zur Haltung) sind rechtsverbindlich in § 4 Z 1 festgeschrieben. Neben der gem. § 12 Abs. 1 erforderlichen Sachkunde, die nicht nur – wie in der Bundesrepublik Deutschland – ausschließlich im Rahmen der Erlangung einer Zuchtgenehmigung, sondern als generelle Voraussetzung einverlangt wird, hat der Halter gem. § 14 "für genügend Betreuungspersonen" zu sorgen. Dies gilt natürlich explizit (und insbesondere) für tierheimähnliche Einrichtungen. Definition nach österreichischem Recht: "...eine nicht auf Gewinn gerichtete Einrichtung, einschließlich Tierasyl oder Gnadenhof, die die Verwahrung (...) fremder Tiere anbietet (§ 4 Z 9). Das Betreiben einer solchen Einrichtung bedarf nach § 23 (VO) der Sicherstellung der regelmäßigen veterinärmedizinischen Betreuung und der ständigen Mitarbeit von mindestens einer Person mit einschlägiger Fachausbildung bei der Leitung (§ 29 Abs. 2). Werden (dies gilt für Tierheime/tierheimähnliche Einrichtungen/Auffangstationen) "Wildtiere gehalten, die im Sinne der 2. Tierhaltungsverordnung besondere Ansprüche an Haltung und Pflege stellen, so muss sichergestellt sein, dass die tägliche Betreuung der Tiere durch eine der gehaltenen Tierarten entsprechende Anzahl von Personen mit einschlägigen Fachkenntnissen erfolgt (§ 3 Abs. 4)" (zitiert aus: Bundesmin. f. Gesundheit u. Frauen (2005): Das Tierschutzgesetz und seine Durchführungsverordnungen / zusammengestellt von: Dr. vet.med. Gabriele Damoser & Mag. Dr. jur. Martina Haberer, Wien) Gesonderte (und weitergehende) Vorgaben finden sich in der entsprechenden VO. § 18 Abs.1 / Abs. 2 schreibt als eine Haltungsvoraussetzung fest: "Material für bauliche Ausstattung der Unterkünfte und Haltungsvorrichtungen sowie Unterkünfte und Vorrichtungen müssen ungefährlich sein" (Anmerkung: Stichworte: Asbest, Zink). Gem. § 18 Abs. 5 muss "Luftzirkulation, Staubgehalt der Luft, Temperatur, relative Luftfeuchtigkeit (...) im Bereich gehalten werden, der (...) unschädlich ist" (Stichwort: Aspergillen). Neben (bzw. in Übereinstimmung mit) dem TSchG sind die Bestimmungen der ebenfalls novellierten Tierhaltungsverordnung (nebst VO-Ermächtigung) zu beachten.
Fester (und im Gegensatz zur bundesdeutschen Praxis rechtsverbindlicher) Bestandteil der österreichischen Tierschutzgesetzgebung sind die jeweiligen "Mindestanforderungen" (nachzulesen im BGBl. II / 17. Dez. 2004 / Nr. 486).
Um nochmals ganz kurz auf die leidige "Domestikationsfrage" einzugehen: In den "Mindestanforderungen an die Haltung von nicht domestizierten Vögeln der Ordnung Papageien" ist unter 2.1. klar, zutreffend und unmißverständlich ausgeführt: "(1) Die Mindestanforderungen gelten für Vögel der Ordnung Papageien (Psittaciformes) mit den Familien Loris (Loridae), Kakadus (Cacatuidae) und eigentliche Papageien (Psittacidae)." Nochmals: Papageien sind (mit Ausnahme von Wellensittich, Nymphensittich und einigen Zuchtlinien der Agaporniden) sowohl biologisch/zoologisch als auch (sofern festgeschrieben) nach geltendem Recht "Wildvögel", die nach der taxativen Listung (vgl. § 8 ) als "Wildtiere mit besonderen Ansprüchen an die Haltung" eingeordnet werden. Die Richtlinien und Anforderungen für die Haltung als domestiziert geltender Arten sind in Österreich gesondert in Abs. 1 geregelt.
In 2.1. (8 ) der österreichischen Mindestanforderungen wird (und auch dies trägt der anzustrebenden "natürlichen" Form der Sozialstrukturen Rechnung) explizit gefordert: "Papageien sind grundsätzlich in Gruppen zu halten. Ausgenommen sind unverträgliche, bereits in Einzelhaltung übernommene und auf den Menschen geprägte sowie kranke und verletzte Vögel. Beim gewerblichen Verkauf von Papageien ist auf die erforderliche Paarhaltung hinzuweisen. Als unverträglich ist ein Papagei dann einzustufen, wenn er bei mehrmaligen Versuchen in angemessenen Intervallen, ihn mit Artgenossen zu vergesellschaften mit aggressivem Verhalten gegenüber oder Furcht vor den Artgenossen reagiert."
Einige ausgesuchte Aspekte der österreichischen Haltungsanforderungen (gegliedert nach Gattungen):
2.2.3. Aras: "(1) Die angegebenen Haltungsbedingungen betreffen die Gattungen: Anodorhynchus, Ara, Cyanopsitta, Diopsittaca. (...) (4). Die Tiere sind außerhalb der Brutzeit in Familienverbänden oder kleinen Gruppen zu halten, während der Brutzeit darf die Haltung paarweise erfolgen."
Anmerkung: Daß diese Vorgaben bei "Wohnungshaltung" und der üblicher Weise gehäuft anzutreffenden "Haltungsmotivation" nicht erfüllt werden können, darf angenommen werden. Eine entsprechende Festschreibung in bundesdeutschen Rechtsvorgaben würde "Neuanschaffungen" auf ein wesentlich (v)erträglicheres Level begrenzen.
2.2.2. Kurzschwänzige Papageien: "(1) Die angegebenen Haltungsbedingungen betreffen die Gattungen: (...) Amazona, Cacatua, Eclectus, Psittacus (...). (5) Die Tiere sind in Familienverbänden oder Schwärmen zu halten. Während der Brutzeit darf die Haltung auch paarweise erfolgen."
Anmerkung: siehe oben.
Zurück zur Tierhaltungsverordnung der Republik Österreich:
§ 2 (1): "Bei der Haltung der in der Verordnung genannten Tiere ist eine Überforderung der artspezifisch unterschiedlich vorhandenen Fähigkeiten der Anpassung verboten. Folgenden Kriterien ist hierbei Rechnung zu tragen: (...) 2. dem jeweiligen artspezifischen Sozialgefüge."
Anmerkung: Dieses Anforderungsprofil ist hinlänglich deutlich.
§ 2 (5): "Die gehaltenen Tiere müssen sich in arttypischen Ruhephasen in geeignete Rückzugsmöglichkeiten zurückziehen können und dürfen keiner Dauerbeleuchtung ausgesetzt sein. Bei dauerhafter Haltung unter Kunstlicht ist dafür zu sorgen, dass die tägliche Lichtzeit entsprechend der Bedingungen im natürlichen Lebensraum........" usw.usw.
Anmerkung: ...und beispielsweise nicht mit "Frauchen/Herrchen" bis in die Nachtstunden vor dem Fernseher.....usw.usw.
Bereits diese kleinen "Ausschnitte" aus der österreichischen Gesetzgebung können verdeutlichen, was (eigentlich) möglich und notwendig ist, um bestimmte (auch in diesem Thread angesprochene) Zustände (auf Dauer gesehen) zu reduzieren.
Kleine Randnotiz (OT): "§ 27 Abs. 5: Die (...) Mitwirkung von Wildtieren bzw. Wildtierarten in Zirkussen, Varietes und ähnlichen Einrichtungen ist ebenfalls verboten – BGBL. II Nr. 489/2004" - (zum Status von Papageienvögeln vgl. 4. Abschnitt meines Postings).
Unterstützung für eine Orientierung der bundesdeutschen (Tierschutz- und Tierhaltungs)Gesetzgebung an österreichischem Recht ist (vgl. Abschnitt 1 meines Postings) nicht von Züchterverbänden und "Heimtierindustrie", sondern bestenfalls (und punktuell) von der TVT sowie engagierten Mitarbeiter/innen der Fachebene zuständiger Ministerien zu erwarten.
Ob die "Gemeinschaft der Pet-Halter/innen" und (alle) Betreiber/Betreiberinnen bundesdeutscher "Auffangstationen" eine solche Gesetzgebung, die zur Reduzierung der derzeitigen Zu- bzw. Mißstände einen (nicht unwesentlichen) Beitrag leisten könnte, überhaupt "herbeisehnt", dürfte eher fraglich sein.
Sollten diese ganzen Ausführungen nun als ein "Übermaß" an "Lesestoff" und/oder gar eine Zumutung erscheinen, so mag vielleicht wenigstens in Ansätzen ermessen werden, wie komplex die Thematik sich tatsächlich darstellt und wie unzureichend es ist, sich in allgemeinem "Blabla" zu erschöpfen.
Ich versuche "es" abschließend etwas drastischer zu formulieren: In den Grauzonen der bundesdeutschen (Tierschutz)Gesetzgebung ist es grundsätzlich jedem Depp (damit ist/sind kein spezielle/r User gemeint) möglich, eine nach oben offene Anzahl selbst anspruchsvollster Großpapageien bei schlichter Einhaltung der melderechtlichen Vorgaben zu halten, ohne auch nur über annähernd ausreichende "Sachkenntnis" zu verfügen. Gleiches gilt (und auch hier spreche ich keine bestimmten Personen an) für das Betreiben von "Auffangstationen".
Wer zu diesen Aspekten keinen Reglungsbedarf sieht, muss blind (oder aus anderen Interessenslagen uninteressiert) sein.
Gruß
MMchen