U
Unregistered
Guest
Radtour am Freitag Mittag in einer Kleingartenkolonie. Ein bekanntes Geräusch ließ mich wie elektrisiert zusammenfahren. Laut und deutlich rief ein Halsbandsittich von links unerkennbar im grünen Blattwerk. Fahrrad gewendet, den Parallelweg abgefahren. Jetzt bin ich näher dran. Von hier ungefähr kam es. Da! Wieder! Wo ist er nur? Ich starre mir die Augen aus dem Kopf und sehe nichts.
„Suchen Sie etwas“ ruft ein Mann mit fremdländischen Akzent. “Ja, den Vogel, der die ganze Zeit ruft“ „Kommen Sie mal rein“ Ich betrete einen Kleingarten. Auf einem Tisch steht ein Käfig mit einem männlichen Halsbandsittich.
„Den hab ich rausgestellt, weil sich hier wieder welche rumtreiben. Letztes Jahr habe ich 4 Stück gefangen. Ich locke sie mit Futter und dem hier und fange sie mit Schlagnetzen. Den hab ich letztes Jahr gefangen.“
Jetzt erkenne ich ihn wieder. Es ist der „Inder“. So habe ich ihn für mich genannt. In einem Trupp Halsbandsittiche war er der größte. Ihm fehlten damals die mittleren Schwanzfedern, so dass er wirkte wie eine grüne Möve. Er flog zusammen mit dem „Afrikaner“, der kleiner und zierlicher wirkte, dessen Schwanzfedern wie zum Ausgleich extrem lang waren. Zwei Weibchen waren auch dabei, eines schwarzschnäblig.
Ich entdeckte sie per Zufall durch ihre lauten Geräusche. Sie fraßen Sauerkirschen und Sonnenblumen. Ich legte Erdnüsse auf das Dach meines Hauses und nach ein paar Tagen kamen sie regelmäßig vorbei und warteten schon in den umliegenden Bäumen.
An sonnigen Herbsttagen sah ich ihre Flugspiele. Wie türkisgrüne Pfeile schossen sie als Trupp laut rufend in ca. 80 m Höhe und tauchten die Welt in ihren orientalischen Lichtzauber. Aus großer Höhe stürzten sie mit ungeheurer Rasanz abwärts und schossen irrwitzige Haken schlagend in atemberaubenden Tempo niedrig um Bäume und Büsche und waren auf einmal wie festgeklebt schweigend in irgendeinem Baum gelandet. Lauernd und distanziert schauten sie schweigend und bewegungslos um sich, um dann zu fressen und alle gleichzeitig niedrig auf einen Ruf hin wegfliegend zu verschwinden. Sekunden später sah man sie aus einer völlig anderen Richtung wieder auftauchen um spielerisch jagend in den Wipfel einer Tanne einzufallen.
Im November und Dezember nahm ihre Zahl ab. Im Abstand von einigen Tagen fehlte ein Vogel nach dem anderen. Ich dachte an den Sperber, den ich dort täglich Spatzen jagen sah, auch an die streunenden Katzen und insbesondere an den patroullierenden Habicht. Mitte Dezember war auch der „Inder“ verschwunden und einige Tage später stellte ich meine Fütterungen ein.
Da saß er nun im Käfig und lief in Kreisen über den Kopf an der Decke des Käfigs. „Ist der Ihnen weggeflogen?“ fragte mich der Mann, ein Pole, wie er mir zu verstehen gab. „ Nein“ sagte ich „Ich kenn ihn nur vom letzten Jahr“. „Ja“ sagte der Pole “da gab es hier ganz viele. Ich habe sie alle abgefangen und verkauft. Einen habe ich meiner Mutter geschenkt, weil er sich mit dem hier nicht vertragen hat. Er hatte unheimlich lange Schwanzfedern, viel länger als der hier.“ Das war der „Afrikaner“.
Dort sitze er nun in einem kleinen Käfig in der Schrankwand in Essensmief, Tabakrauch, Parfümgeruch. Das unentwegte Fiepen des Zeilenfrequenztons des Fernsehapparats wird ihn in den Wahnsinn treiben. Die fetten Körner, die winzigen Runden, die er ab und zu im Zimmer flattern darf werden ihn verfetten und seine inneren Organe degenerieren lassen. Wenn er dann als physischer und psychischer Krüppel den Familienhanswurst abgibt, werden alle lachen und ihm das schwarze Tuch überstülpen, falls er mal zu laut ist. Dann Siechtum, Tierarzt (teuer, aber ich liebe den Vogel ja) , „von der Stange fallen“ (Der Tierarzt war auf Dauer echt zu teuer)...
Hoffentlich hat er es bald hinter sich. Er, dessen Augen den Sternenhimmel, die Weite des Raums gesehen hat, schärfer und genauer als wir es jemals könnten, dessen Schwingen mit dem Wind in jubelnder, triumphierender Lust gespielt hatten., dessen Flugmanöver Figuren atemberaubender Eleganz in den Raum geschrieben hatte. Mir klopft das Herz noch heute, wenn ich an seine Auftritte denke....
Hoffentlich hat er es bald hinter sich...
Und der „Inder“.? Ich werde ein 6-er-Pack Bier holen und den Polen mal besuchen. Ich werde ihm Geld anbieten. Ich muß es irgendwie schaffen....
„Suchen Sie etwas“ ruft ein Mann mit fremdländischen Akzent. “Ja, den Vogel, der die ganze Zeit ruft“ „Kommen Sie mal rein“ Ich betrete einen Kleingarten. Auf einem Tisch steht ein Käfig mit einem männlichen Halsbandsittich.
„Den hab ich rausgestellt, weil sich hier wieder welche rumtreiben. Letztes Jahr habe ich 4 Stück gefangen. Ich locke sie mit Futter und dem hier und fange sie mit Schlagnetzen. Den hab ich letztes Jahr gefangen.“
Jetzt erkenne ich ihn wieder. Es ist der „Inder“. So habe ich ihn für mich genannt. In einem Trupp Halsbandsittiche war er der größte. Ihm fehlten damals die mittleren Schwanzfedern, so dass er wirkte wie eine grüne Möve. Er flog zusammen mit dem „Afrikaner“, der kleiner und zierlicher wirkte, dessen Schwanzfedern wie zum Ausgleich extrem lang waren. Zwei Weibchen waren auch dabei, eines schwarzschnäblig.
Ich entdeckte sie per Zufall durch ihre lauten Geräusche. Sie fraßen Sauerkirschen und Sonnenblumen. Ich legte Erdnüsse auf das Dach meines Hauses und nach ein paar Tagen kamen sie regelmäßig vorbei und warteten schon in den umliegenden Bäumen.
An sonnigen Herbsttagen sah ich ihre Flugspiele. Wie türkisgrüne Pfeile schossen sie als Trupp laut rufend in ca. 80 m Höhe und tauchten die Welt in ihren orientalischen Lichtzauber. Aus großer Höhe stürzten sie mit ungeheurer Rasanz abwärts und schossen irrwitzige Haken schlagend in atemberaubenden Tempo niedrig um Bäume und Büsche und waren auf einmal wie festgeklebt schweigend in irgendeinem Baum gelandet. Lauernd und distanziert schauten sie schweigend und bewegungslos um sich, um dann zu fressen und alle gleichzeitig niedrig auf einen Ruf hin wegfliegend zu verschwinden. Sekunden später sah man sie aus einer völlig anderen Richtung wieder auftauchen um spielerisch jagend in den Wipfel einer Tanne einzufallen.
Im November und Dezember nahm ihre Zahl ab. Im Abstand von einigen Tagen fehlte ein Vogel nach dem anderen. Ich dachte an den Sperber, den ich dort täglich Spatzen jagen sah, auch an die streunenden Katzen und insbesondere an den patroullierenden Habicht. Mitte Dezember war auch der „Inder“ verschwunden und einige Tage später stellte ich meine Fütterungen ein.
Da saß er nun im Käfig und lief in Kreisen über den Kopf an der Decke des Käfigs. „Ist der Ihnen weggeflogen?“ fragte mich der Mann, ein Pole, wie er mir zu verstehen gab. „ Nein“ sagte ich „Ich kenn ihn nur vom letzten Jahr“. „Ja“ sagte der Pole “da gab es hier ganz viele. Ich habe sie alle abgefangen und verkauft. Einen habe ich meiner Mutter geschenkt, weil er sich mit dem hier nicht vertragen hat. Er hatte unheimlich lange Schwanzfedern, viel länger als der hier.“ Das war der „Afrikaner“.
Dort sitze er nun in einem kleinen Käfig in der Schrankwand in Essensmief, Tabakrauch, Parfümgeruch. Das unentwegte Fiepen des Zeilenfrequenztons des Fernsehapparats wird ihn in den Wahnsinn treiben. Die fetten Körner, die winzigen Runden, die er ab und zu im Zimmer flattern darf werden ihn verfetten und seine inneren Organe degenerieren lassen. Wenn er dann als physischer und psychischer Krüppel den Familienhanswurst abgibt, werden alle lachen und ihm das schwarze Tuch überstülpen, falls er mal zu laut ist. Dann Siechtum, Tierarzt (teuer, aber ich liebe den Vogel ja) , „von der Stange fallen“ (Der Tierarzt war auf Dauer echt zu teuer)...
Hoffentlich hat er es bald hinter sich. Er, dessen Augen den Sternenhimmel, die Weite des Raums gesehen hat, schärfer und genauer als wir es jemals könnten, dessen Schwingen mit dem Wind in jubelnder, triumphierender Lust gespielt hatten., dessen Flugmanöver Figuren atemberaubender Eleganz in den Raum geschrieben hatte. Mir klopft das Herz noch heute, wenn ich an seine Auftritte denke....
Hoffentlich hat er es bald hinter sich...
Und der „Inder“.? Ich werde ein 6-er-Pack Bier holen und den Polen mal besuchen. Ich werde ihm Geld anbieten. Ich muß es irgendwie schaffen....