Hallo Dieter, ein interessantes Thema hast du hier gestartet
.
In der Tat ist es bei schon aufgetretenen Problemen oft nicht damit getan, einfach einen Partnervogel anzuschaffen.
Aus meiner Sicht ist es aber totzdem sinnvoll, weil viele Verhaltensstörungen sich aus der Einzelhaltung ergeben und man mit der Anschaffung eines Partnervogels zusätzlich einen Schritt in die richtige Richtung geht. Das stellt du ja aber auch garnicht in Frage
.
Verhaltensauffälligkeiten wie Rupfen oder Beißen sind sicher nicht gleich damit behoben, nur weil Hansi eine Susi bekommt.
Oft liegt die Ursachen halt nicht allein in der Einzelhaltung begründet, sondern sie ergeben sich meist auch einfach zusätzlich aus weiteren Faktoren wie z.B. falschen Umgang mit den Tieren oder falscher Erwartungshaltung ans Tier. Darüber hinaus spielen auch die Haltungsbedingungen an sich hier eine ganz große Rolle (
Volierengröße, Futter usw). Im Fall des Rupfens müssen sogar gesundheitliche Gründe ausgeschlossen werden, die ebenfalls fürs Rupfen verantwortlich sein können.
Wenn hier der Halter nicht versucht, die Situation insgesamt zu analisieren und dann versucht umzudenken, zu optimieren oder mit seinem eigenen Verhalten oder gezielten Training entgegen zu steuern, wird sich in vielen Fällen auch trotz angeschafften Partnervogel sicher nicht der erwünschte Erfolg einstellen.
-----
Beispiel 1:
Halter hat einen jungen Graupapagei. Ohne groß auf die Körpersprache und Stimmungen des Tiers zu achten (meist aus Unwissenheit), wird der Vogel vom Halter betatscht, auf die Hand benommen und viel umtüddelt, halt so wie es dem Halter gerade beliebt.
Der noch junge Vogel, welche durch Einzelhaltung irgendwie Anschluß sucht, duldet es oft erst mal notgedrungen. Mit der Zeit wird er aber selbstbewußter.
Der Vogel versucht sich zwangsläufig irgendwann doch dagegen zu wehren, weil er z.B. gerade lieber Siesta halten möchte und macht eine Drohgebärde (oft aufplustern des Kopf,- Rücken- und Flügelgefieders usw).
Der Halter ignoriert es oder versteht das Aufplustern sogar aus mangelnder Kenntnis falsch und sieht sie als Aufforderung zum Kraulen an (bei der Kraulaufforderung wird normal nur das Kopfgefieder abgestellt).
Irgendwann wird es dem geduldigsten Vogel zu bunt und er zwickt erst mal zu.
Hiermit wurden schon mal langsam die Weichen zum richtigen Beißen gestellt, bis es dann irgendwann richtig eskalliert und Blut fließt, wenn der Halter so weiter verfährt.
Wenn nun ein Partnertier angeschafft wird, löst man dadurch sicher nicht das hier vorliegende Grundproblem und das Beißen wird nicht behoben.
Im Gegenteil, wenn mit dem zweiten Tier genauso verfahren wird, kann auch dieses zum Beißer werden.
In dem von mir geschilderten Fall wäre es erst mal nötig, dass der Halter die Körpersprache erlernt und beachten und die Tiere nicht zu sehr bedrängt.
Das auf die Hand kommen könnte man unter dessen Beachtung mit positiver Verstärung ohne Zwang eintrainieren.
Ein Partnervogel würde natürlich trotzdem Sinn machen, damit sich der Vogel nicht notgedrungen an den Menschen halten muss und dadurch bedingt leichter geneigt ist, sich gängeln zu lassen.
Beispiel 2:
Ein Graupapagei lebt seit Jahren allein in seiner Familie, sitzt in einem kleinen Papageienkäfig bei täglichem Freiflug. Nun wird er geschlechtsreif und hat zwischenzeitlich eine Person notgedrungen als Ersatzpartner auserkoren.
Er balzt seine Bezugsperson an und möchte sich irgendwann auch gern paaren.
Da der Mensch jedoch kein Vogel ist und dadurch nicht in der Lage ist, auf sein Werben entsprechend eines Graupapageis zu reagieren, geschweige denn sich mit dem Grauen zu paaren, kommt langsam Frust beim Graupapagei auf.
Irgendwann wirbt er wiedermal um sein Herrchen bzw Frauchen und beißt aus Frust zu, weil seine sexuellen Wünsche einfach nicht wirklich befriedigt werden.
Hier nun einfach einen zweiten Grauen vom Gegengeschlecht anzuschaffen und ihn zu dem anderen in den Käfig zu stopfen, wäre ebenfalls nicht automatisch die Lösung.
Der zu kleine Käfig wäre in diesem Fall das erste Problem, da sich beide Tiere auf engem Raum bei Bedarf nicht wirklich ausweichen können. Dadurch können unnötiger Zoff und Unstimmigkeiten hervorgerufen werden, welche eine Verpaarung behindern.
Die Anschaffung einer geeigneten großen
Voliere mit mind 2 qm Grundfläche wäre hier begleitend
unbedingt nötig.
Der Halter selbst müsste sich zusätzlich unbedingt parallel langsam von dem ersten Tier abnabeln, damit dieses überhaupt wieder offen für eine Beziehung zu einem echten Artgenossen wird.
Oft ist auch eine separate räumliche Unterbringung getrennt vom eigentlichen Lebensmittelpunkt des Halter (meist Wohnzimmer) hier von großem Vorteil (wie z.B. in einem separates Vogelzimmer, Außenvoliere).
Je nach Tier darf das Abnabel auch nicht zu abrupt von statten gehen, da manche ehemalige Einzeltiere mit Rupfen reagieren können, da sie durch die jahrelange Einzelhaltung halt auf Mensch getrimmt wurden und erst wieder umdenken lernen müssen.
Trotzdem ist dieser Proßess in diesem Fall sehr wichtig. Solange der Mensch zu sehr im Lebensmittelpunkt des ersten Grauen bleibt, wird es erfahrungsgemäß meist schwierig sein, ihn mit einem Artgenossen zu verkuppelt.
Die Vergesellschaftung beider Tiere sollte dann unter Beachtung gewisser Punkte langsam und bedacht angegangen werden,
klick.
Viel Geduld, eigene Zurückhaltung und Fingerspitzenfgefühl ist hier nötig. Kein Tier darf irgendwie bevorzugt werden, damit unnötige Eifersucht unter den Tieren vermieden werden kann, welche eine Annäherung beider nur behindern würde.
Die Tiere kann man zusätzlich in gemeinsame Aktionen beim Freiflug langsam näherbringen (durch gemeinsames Spiel oder Beschäftigungsmaterial, welches zum gemeinsamen Schreddern anregt oder ein leckerer Futterteller, der zum Mahl anlockt usw).
Kraulen würde ich ganz einstellen, damit die Tiere annimmiert werden, sich dies bei Bedarf vom Artgenossen einzufordern, was eine Verpaarung beschleunigen kann.
-----
Das nur mal auf die Schnelle zwei Beispiele, an denen man hoffentlich gut sehen kann, dass ein Partnervogel allein oft nicht die Lösung ist und begleitende Maßnahmen meist unbedingt nötig sind.
Ich denke genau auf diese Problematik wollte Dieter hier aufmerksam machen und es ist auch aus meiner Sicht wichtig, dass man immer die gesamte Situation betrachtet, um überhaupt entsprechend handeln zu können und um letztendlich ans Ziel zu kommen
.