Hallo Thorsten!
Meine beiden Urlauber sind wohlbehalten bei mir eingetroffen. Heute Mittag habe ich sie bei der Spedition abgeholt. Die Fahrt mit Ölsardinen-Ulli verlief ohne Probleme, und nun sitze ich hier und staune, was eine Woche Ferien bei dir und Neo auszurichten vermochten. Mias Nackengelb ist kräftig nachgedunkelt und sie benimmt sich wie eine „Dame“: tupft sich nach dem Körnerpulen den Schnabel mit einem Tempotaschentuch und redet von Schauspielunterricht. Sie möchte entweder irgendein „Gretchen“ spielen oder zum Film. Ich soll ihr dieses alte Video besorgen, wo Audrey Hepburn jene Nonne spielt, die am Ende aus dem Kloster austritt. Mia meint, Schwarz und Weiß stünden ihr gut (besonders in der fallenden, fließenden Version), außerdem habe sie ebenso wunderbar große braune Augen wie Audrey Hepburn – das verbinde.
An Max hinwieder habe ich so einen wissenden Zug um den Schnabel vernommen, den er vor einer Woche noch nicht hatte. Gelegentlich schreit er allerdings auf und fragt mich ängstlich: „Und danach muss ich zusehen, dass ich wegkomme? Sie fressen mich tatsächlich auf?“ Erst habe ich nicht gewusst, was er meinte, doch dann konnte ich mich glücklicherweise erinnern, was du von deinem Aufklärungsunterricht erzähltest und dass Max da wohl was durcheinander gebracht hat. Gott, der arme Junge! Ich habe ihm gesagt, er brauche keine Angst zu haben, die Mutti werde ihm später alles noch mal genau erklären. Ich denke, in zwei Jahren werde ich so weit sein, dieses Thema anzuschneiden, ohne rot zu werden. Die Hauptarbeit hast du ja bereits geleistet. Vielen Dank dafür.
Bei der Sanitärobjekt-Besichtigung hast du dich ebenfalls vorbildlich aus der Affäre gezogen: Das seien fremde, schlafende Lebensformen ... darauf muss man erst mal kommen! Max ist zufrieden mit dieser Erklärung und ranzt nun das Spülbecken an mit einem herzhaften: „Dös weiter, du eckiger Schluckspecht“, doch Mia, die Gutmütige mit dem weichen Herzen, ist gleich nach der Ankunft die Runde machen gegangen durch Küche und Bad. Dort hat sie so lange mit dem Schnabel auf die Seifenspender gedrückt, bis die gesamte Flüssigseife in die Becken geplörrt war. Danach klagte sie über einen leichten Muskelkater um die Wangen und wollte wissen, wie ich es verantworten könne, diese armen, hungrigen Kreaturen so lange ohne genügend Nachschub an Seife zu lassen. Das sei doch im höchsten Maße unverantwortlich und roh! Erst Thorsten habe ihr die Augen geöffnet über diese Zusammenhänge. Ob ich mich mal dazu äußern könne: hier sanitäre Daseinsformen zu beherbergen, aber sie nicht artgerecht zu verpflegen! Auch für diese Intervention danke ich dir sehr herzlich, lieber Thorsten. Du hast mir damit das Leben ungemein erleichtert.
Doch sonst sind meine beiden voll des Lobes. Es hat ihnen prima gefallen bei euch. Es gab hier ein ziemliches Durcheinander, weil beide gleichzeitig erzählen wollten: Mia von der Disco („Voll fett!“) und der Beauty Farm („Ich hab jetzt meine eigene Gefieder- und Krallen-Pflegeserie!“) und Max vom Fighting Boxing („Ich hab ein Meerschweinchen auf die Matte gelegt“) und vom Segelfliegen bei der Wasserkuppe („Wenn man über den Leuten Pipi macht, denken sie, es würde regnen“).
Ganz aufgekratzt sind meine Geflügelkinder vor Begeisterung. Das Kohlrabi-Grün strahlt in einem wunderbaren Neon-Ton und durch die viele Bewegung an der frischen Luft ist Max endlich seine Schuppen los.
Über die gemeinsame Boxing-Schule für bedrohte Amazonen können Neo und Max ja das nächste Mal noch verhandeln ... nachdem Rory und Lee bei uns waren. Mal sehen, ob Max sich danach noch immer für unbesiegbar hält oder plötzlich die Meinung vertritt, dass ein Kursleiter mit blauem Auge und eingedrückter Plautze kein besonders schönes Vorbild abgebe. Womöglich lautet danach sein neuer Berufswunsch „Sanitäter“?
Lieber Thorsten, ich bedanke mich noch einmal herzlich für deine Gastfreundschaft. Du hast mein (zugegeben nicht immer leicht zu händelndes) Gefügel-Duo wunderbar versorgt. Sollte einmal der Preis „Unsere liebste Amazonen-Ferienpension“ ausgelobt werden, so will ich dir gern die höchste Punktzahl geben.
Dankbare Grüße
Rinus.
thorstenwill schrieb:
warum hast du carlos abreisen lassen?
Meine Wohnung ist jetzt sauber.