Liebe Lara,
das Verhalten, das du beschreibst, ist sicherlich eine große Ausnahme. Dass Nymphen bereits am ersten oder zweiten Tag im neuen Heim derartig zahm sind, kenne ich eigentlich nur von
Handaufzuchten oder von Nymphen, die in einer Wohnung, mit engem Kontakt zum Menschen, groß geworden sind. Da hast du sicherlich großes Glück mit den beiden gehabt
, die Regel ist es jedenfalls nicht.
Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, das der übliche
Volierenvogel vom Züchter oder aus dem Zooladen ein derartig zutrauliches Verhalten zeigt, jedenfalls nicht von Anfang an. Zumindest habe ich diese Erfahrung nicht gemacht, und die Mehrheit der Leute hier berichtet auch eher anders.
So ein Verhalten sollte bitte niemand erwarten, der sich einen neuen Nymph holt, er könnte dann bitterlich enttäuscht sein.
Liebe Bell,
ich habe oft den Eindruck, die Leute möchten so was wie einen Hund oder eine Katze: beide sind äußerst zahm vom Verhalten her, man kann mit ihnen schmusen, sie streicheln usw., sie befriedigen viele menschliche Bedürfnisse nach Nähe und Zuwendung. Allerdings haben sie einen Nachteil: Hunde sind relativ groß gemessen am Vogel, brauchen Auslauf, sind oft teurer in der Haltung (Steuer, Futter usw.). Katzen haaren in der ganzen Wohnung, erbrechen immer wieder mal, brauchen ein Katzenklo usw.
Da ist so ein kleiner Vogel, der „nur“ einen begrenzten Raum braucht, doch eine viel „günstigere“ Variante. Kleiner Käfig, einzeln gehalten, schließlich kennt man oft aus der Nachbarschaft oder von Freunden, wie possierlich und zahm so ein kleines Federbüschel sein kann, viele Bücher – siehe Laras Erzählung- zeigen entsprechende Bilder – Vogel auf der Schulter des Kindes – besondere Ansprüche scheint so ein Lebewesen auch nicht zu stellen, na, und wenn er mal krank wird, meine Güte, kostet ja kaum was, kauft man halt nen neuen.
Diesen Eindruck habe ich oft schon gehabt – ich meine nun nicht hier im Forum, denn das sind m.E. alles Leute, die sich ja bemühen, was über die Bedürfnisse ihrer Lieblinge zu erfahren, wenn auch oft erst sehr spät *seufz. Aber besser spät als gar nicht
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Aber so im eigenen Lebensumfeld mache ich immer wieder diese Erfahrung. Werde auch belächelt, wenn ich versuche aufzuklären. Diese Meinung über Vögel sitzt einfach hartnäckig im Kopf der Leute, da wird sich auch so schnell nix ändern.
Die vorherrschende Meinung ist halt: ZAHM muß der Vogel sein, halt wie ein kleiner Hund oder ne Katze, aber die können wir aus diversen Gründen nicht halten. Und die Züchter bieten doch immer zahme
Handaufzuchten an, also kann das ja für die Vögel auch nicht schädlich sein, die wissen schließlich was sie tun ? Dies wurde mir vor kurzem von jemandem gesagt, die zuhause einen halben Zoo hat und die Tiere wirklich gut hält. Aber von Vögeln keine Ahnung, bzw. macht sich auch nicht die Mühe, sich mal sachkundig zu machen. Sie hat drei Züchter angerufen und nach einem „zahmen“ Vogel gefragt, „kein Problem“ war die Antwort
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Solange auch die Züchter diesen Nachfragen bereitwillig nachkommen und keine Aufklärung betreiben, wird sich nix oder nur extrem langsam was ändern. Du liest ja selbst, was die Leute hier für Aussagen machen von wegen „mein Züchter hat aber gesagt, dass Einzelhaltung dem nix ausmacht“ oder „nur ein Einzelvogel“ wird zahm.
Der „zahme“ Vogel befriedigt m.E. oft die Bedürfnisse der Leute nach Schmuseeinheiten, nach bedingunsloser Zuwendung, sind ja oft Kindersatz, das muß man auch mal deutlich sagen. Da Hund oder Katze oft nicht drin sind, muß halt ein Vogel herhalten.
Ich wundere mich auch immer wieder, wie oft Leute hier hartnäckig daran festhalten, dass der/die Vögel unbedingt „zahm“ sein sollen/werden müssen. Das hat sicher einen Grund.
Gegen diese Gründe ist an und für sich nix einzuwenden – allerdings sollten sie nicht auf Kosten des Tieres gehen. Hund und Katze können diese Bedürfnisse bestens befriedigen, sind seit Jahrtausenden domestiziert und Begleiter des Menschen.
Vögel sind aber ne ganz andere Tierart mit anderen Bedürfnissen, ein Vogel braucht den Menschen nicht wie ein Hund seinen Menschen braucht.
Wenn so ein Vogel denn freiwillig, von sich aus, die Nähe des Menschen sucht und sehr zutraulich wird, finde ich das völlig ok., dass mich bitte hier keiner missversteht.
Ich finde es auch schön, wenn mir so ein Kerlchen näher kommt und zeigt, dass er mir vertraut
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Aber doch nicht um jeden Preis.
Aber wie oft lese ich, dass da regelrecht trainiert wird, das Tier bedrängt wird, die Leute ungeduldig, manchmal regelrecht zornig reagieren „weil der Vogel immer noch nicht zahm ist“……die kaufen sich beim nächsten Vogel gleich nen handzahmen.
Auch ich halte meine Vögel aus egoistischen Gründen, weil sie mir gefallen, weil ich sie faszinierend finde, weil ich sie gerne beobachten möchte – aber sicher nicht, weil sie zahm werden sollen. Sind sie auch nicht, brauchen sie auch nicht.
Ich respektiere den Wunsch nach einem „zahmen“ Vogel. Wir haben wirklich genügend Beispiele hier im Forum, dass Vögel „zahm“ werden können, ohne dass man sie entgegen ihrer Natur vergewaltigt, ohne dass eine
Handaufzucht ohne Not betrieben werden muß.
So ein Vogel kann einem viel Freude schenken
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Die Züchter müssten diesen Wunsch nach zahmen
Handaufzuchten aber konsequent verweigern, Aufklärung betreiben. Ihre Vögel würden sie dann wohl trotzdem verkaufen können – vielleicht nicht mehr als „Massenware“, aber als Lebewesen, die genauso unseren Respekt verdienen wie ein Hund oder eine Katze.
So, nun hab ich mal wieder nen halben Roman geschrieben und ich hoffe, es fühlt sich niemand auf die Füße getreten
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