Auch meinen Senf zur Mischlingszucht allgemein.
Sicherlich gibt es viele Meinungen darüber. Aber jeder Züchter sollte selbst entscheiden können, was er züchten will und die Geschmäcker sind ja nun mal verschieden.
Mischlinge nicht nicht fruchtbar. Ein Weiterzüchten ist somit nicht möglich. Soweit mal klar.
Aber soll man deshalb keine Mischlinge züchten???
Zur Beantwortung dieser Frage sollte man folgendes beachten:
- 1 ) Handelt es sich um seltene Vögel, bei denen es schade wäre, wenn eine fruchtbare Nachzucht verloren ist oder handelt es sich um ausreichend vorhandene Arten (wie Kanarie und Stieglitz). Bei seltenen Arten verbietet sich eine Mischlingszucht aus begreiflichen Gründen.-
- 2) Was will man mit dem Erzüchten eines Mischlings bezwecken?
Zu dieser zweiten Frage ist eigentlich schon mal ein Punkt ausgesagt: Nicht zur Weiterzucht, sondern zur Erzielung eines Einzelexemplars, das mehr oder weniger einmalig ist.
Diese beiden Punkte schliesen aber nicht aus, dass man Freude an schönen Vögeln haben kann, die einige Kennzeichen haben, die andere Vögel nicht haben.
Diese Kennzeichen können sein: Schöner Gesang, schöne Farben, munteres Wesen, Vitalität.
Ich züchtete früher vor ca. 30-40 Jahren mehrere Mischlinge und hatte immer viel Freude mit den Ergebnissen. Es waren fast immer schöne Vögel und der Gesang war oft wirklich ungewöhnlich schön. Allerdings oft abhängig von entsprechenden Vorsängern. Einige Zeit hatte ich gar keine Kanarienhähne und die Gesänge der erzüchteten Mischlinge waren deshalb meistens fast reiner Wildvogelgesang. Sie nahmen sogar oft Gesangsstrophen von anderen Wildvögel auf, die sie von ihrer
Volieren aus hören konnten. Ich erinnere mich an einen Erlenzeisig-Mischling, der deutliche Teile vom Amselgesang brachte. Das war ein wahrlich ungewöhnlicher Sänger und ich habe ihn lange selbst behalten wegen des schönen Gesangs. Zudem waren meine Mischlinge sehr harte und ausdauernde Vögel. Wer diese Vögel gekauft hatte, war eigentlich immer sehr zufrieden damit. Sicherlich muss man den Käufer aufklären und ihm sagen, dass er nicht mit Nachzucht rechnen kann.
Wer sich ein wenig auskennt, der kann sehr schöne Mischlinge erzielen.
Gerade der Stieglitz bringt schöne Mischlinge mit Kanarien. Was schön ist, kann man natürlich wieder so oder so sehen.
Ich züchtete z.B. einmal sehr schöne Mischlinge mit einem Stieglitzhahn und einem intensiven Rotweibchen. Die Maske war zwar nicht so scharf abgesetzt, aber die Farben waren sehr intensiv und mir gefielen diese Vögel eigentlich besser als solche von nichtintensiven Weibchen. Allerdings sind auch bei diesr genannten Verpaarung mit nicht-intensiven Mischlingen zu rechnen, nämlich ca. 50% der Nachkommen.
Bei aufgehellten Vögeln hat man auch die Chance, scheckige Jungvögel zu bekommen, die sehr schön aussehen können. Einen sehr schönen Vogel sah ich vor vielen Jahren. Er war von einer D-weissen Henne gezogen, die aus Rot abstammte und somit auch etwas Rot vererben konnte. Es war ein Schecke in weiss mit roter Maske. Ein Traum von einem Vogel! Sicherlich sind solche Ergebnisse sehr selten. Aber es kann sehr viel Freude machen, hier ein wenig herum zu probieren und etwas ganz Neues zu gestalten. Glück gehört natürlich immer mit dazu.
Schade ist, dass diese Vögel unfruchtbar sind. Aber ein schönes Einzelexemplar ist ja auch was Schönes und nicht alle Züchter wollen immer weiterzüchten mit ihren Ergebnissen, sondern sind mit schönen Einzelergebnissen auch zufrieden. Mischlingszüchter sind offensichtlich eine besondere Sorte von Menschen, die sich mit den anderen Züchter leider nicht immer verstehen. Das ist schade, denn die Vielfalt ist doch das, was das Leben erst schön macht!
Ich möchte nochmals betonen, dass ich Mischlingszucht bei seltenen Arten nicht befürworte.
Ebenso befürworte ich nicht, Wildvögel zu kreuzen (siehe das schon an anderer Stelle gebrachte Beispiel von Kupuzen X Magellan und ähnliche andere Beispiele, welche die Artenreinheit verfälschen).
Die Ausgangsfrage war aber gar nicht auf Wildvogelarten abgestellt, sondern auf eine domestizierte Art - nämlich Kanarienvogel - mit einem Wildvogel. Ich denke, man sollte hier sehr genau unterscheiden und nicht alles in einen Topf werfen. Also bitte versucht mal, nicht die Mischlingszucht generell zu verdammen, nur weil sie in einigen oder sogar in vielen Fällen nicht vertretbar ist.
Wenn man differenzieren würde, wäre manche Streitfrage automatisch hinfällig!
Noch etwas zur Fruchtbarkeit.
Es soll ganz seltene Ausnahmen von fruchtbaren Stieglitz-Mischlingen und auch von Mischlingen mit verschiedenen Zeisig-Arten, also auch vom Erlenzeigig, geben. Selten zwar, aber immerhin offensichtlich nicht ganz ausgeschlossen. Auch vom Grünling soll es fruchtbare Mischlinge schon gegeben haben. Je näher die Verwandtschaft, umso mehr Chancen bestehen. Von einem DompfaffXKanarien wird man also auch in 100 Jahren keinen fruchtbaren Mischling ziehen können, weil die Verwandtschaft nicht nahe genug ist.
Das beste Beispiel ist ja der Kapuzenzeisig. Dieser hat doch ohne Frage die Kanarienzucht sehr bereichert mit der genetischen Verankerung der roten Farbe in die Kanarienzuchten.
Der Stieglitz könnte auch einen interessanten genetischen Beitrag bringen. Nämlich die Möglichkeit, Fettfarbe getrennt in einem Exemplar zu bringen. Z.B. das Rot (Maske), das Weiss, das Gelb. Der Kanarienvogel kann das nicht. Die Fettfarbe ist hier niemals scharf abesetzt, sondern ineinander fliessend.
Soviel mal ein paar Gedanken zur Mischlingszucht.
Schönen Gruß
Werner