Height Dominance
Steve Martin
President, Natural Encounters, Inc.
Published: PsittaScene Magazine, publication of the World Parrot Trust, August 2001
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Wenn Besitzer von “Kumpelvögeln/Begleitvögeln” gemeint sind hier Papageien, nach Antworten auf komplizierte Verhaltensfragen suchen, taucht oft der Begriff “Hohe Dominanz” auf. Was hat es damit auf sich, dass es immer als die Quelle vieler Papageien Verhaltensprobleme genannt wird. “Lass deinen Vogel nicht über dein Augenlevel kommen oder er wird sich dominant fühlen und dich beißen” Was hat es mit diesem Konzept auf sich, das für Menschen da ist/funktioniert. Funktioniert es auch für Papageien?
Meine Ansicht zu “Hoher Dominanz” ist ein bisschen verschieden von anderen, vielleicht weil meine Erfahrungen anders sind von solchen, die “Hohe Dominanz” unterstützen.
Ich habe Papageien seit mehr als 40 Jahren studiert und trainiert. Seit mehr als 25 Jahren bin ich ein professioneller Vogeltrainer. Eine der wichtigsten Dinge die ich in diesen Jahren lernte, ist, gute Fragen zu stellen. Die 2 wichtigsten Fragen die ich lernte, zu fragen sind: “Was ist die Motivation/der Grund?” und “Wie hängt es zusammen/passt es zum Verhalten der Spezies in der Natur?” Diese Fragen geben guten Einblick in die Gedanken des Vogels und bringt die Interpretation weg vom anthropomorphischen Ansichtspunkt der so leicht für die Menschen zu benutzen ist. (oje doofer Satz. Was ist anthropomorph?)
Also, was würde für einen Papagei der Grund sein, eine Person dominieren zu wollen?
Was hat er dabei zu gewinnen? Versucht er dich zu dominieren, um dich dazu zu zwingen, etwas für ihn zu tun? Versucht er dir etwas beizubringen oder bestraft er dich für etwas?
Warum würde ein Papagei dominant über dich sein wollen?
Das bringt mich zur nächsten Frage: Wie hängt das zusammen mit dem Verhalten der wilden Papageien? Manche sagten, es sei natürlich für einen Papageien dominant sein zu wollen. Viele Menschen haben darüber geredet, und sehr detailreich beschrieben, Hierarchien in Schwärmen wilder Papageien. Manche gehen sogar so weit, dass sie sagen, man kann den Rang eines Papageien daran ausmachen, wie hoch er im Baum sitzt. Je höher der Ast in einem Baum desto dominanter ist der Papagei über die anderen. Ich habe das Glück, dass ich so viele Möglichkeiten hatte, verschiedene Papageienarten in der Wildnis zu studieren. Ich habe niemals etwas gesehen, dass auch nur annähernd eine Hierarchie bei wilden Papageien zeigt.
Aber, keine Garantie dafür! Ich habe auch mit vielen Papageien Feldforschern gesprochen (mit mindestens 6) deren professionelle Aufgabe es ist, Papageien in der Wildnis zu studieren.
Keiner dieser Experten konnte sich daran erinnern, je eine Art Hierarchie bei wilden Papageien beobachtet zu haben. Außerdem hat die Beschreibung einer Rangliste der Dominanz anhand wie hoch ein Vogel im Baum sitzt verwirrte Gesichter, Gelächter, Zynismus und schlimmeres erbracht von fast jedem Experten mit dem ich sprach.
All diese Experten reden über die Aggression die sie täglich bei Papageien beobachten. Diese aggressiven Taten werden normaler Weise mit dem Erwerb oder dem Verteidigen von Nahrungsquellen begründet. Sie ergeben, dass der Gewinner so einer Konfrontation genauso gut die nächste Konfrontation mit demselben Vogel später verlieren kann.
Es gibt keinen konsistent dominanten Vogel in einer Gruppe wilder Papageien.
Auch konnte keiner der Experten sich daran erinnern, je eine Aggression gesehen zu haben in der es darum ging, eine Dominanz zu festigen. Und, niemand von ihnen hatte je gesehen, dass eine Form von Hierarchie den Auslöser dazu gab, wie die Papageien sich in einem Baum positionierten.
Um es einfach zu sagen, es gibt keine “Hohe Dominanz“ bei Papageien.
Es ist mehr eine Projektion von persönlichen Ansichten, die in Bezug auf Papageien sinnvoll erscheinen. Naive Vogelbesitzer suchen nach einfachen Antworten auf komplizierte Probleme oder glauben dem Leitsatz, dass ein Papagei, der über Augenlevel gehalten wird, sich dominant fühlt und diese Dominanz durch Aggressionen ausdrücken wird.
Der begleitende Mythos über wilde Papageien, die Hierarchien formen, die danach aufgebaut sind, wo der Vogel in einem Baum sitzt, ist gleichermaßen falsch. Papageienverhalten ist weitaus komplizierter als das.
Warum beschreiben dann so viele Menschen diese Theorie? Zuerst einmal sind Herarchien in menschlichen Gesellschaften bekannt/normal. Wenn jemand jung ist, ist es immer die größere Person die dominant über ihn ist (hohe Dominanz?). Sogar als Erwachsene, unterhalten die meisten Menschen Bekanntschaften mit anderen Leuten die in der Natur hierarchisch sind. Diese Bekanntschaften werden mehr mit sozialen Verhältnissen als mit physischen assoziiert so wie zum Beispiel die Größe eines Menschen. Manche Leute haben Erfolg damit, physische Macht und Aggression in einem auf Dominanz basierenden Verhältnis zu ihrem Hund aufzubauen (was der Hund versteht, aber versuche das nicht bei einer Katze).
Auch sind dominante Hierarchien in Gruppen gefangener Papageien nicht ungewöhnlich. Unnatürliche Umgebungen rufen unnatürliches Verhalten hervor.
Papageiengruppen die in kleinen Behausungen leben werden sehr wahrscheinlich dominante Hierarchien entwickeln um zu überleben. Wie auch immer, diese Hierarchie wird etabliert durch die Verhältnisse die jene Vögel gebildet haben und nicht durch die Höhe in der ein Vogel im Käfig sitzt. Wenn diese gleichen Vögel in der Wildnis wären, wären sie nicht zu diesen engen Verhältnissen gezwungen und würden aggressive Begegnungen mit anderen Vögeln vermeiden bzw. das Verlangen eine Hierarchie aufzubauen, auslöschen.
Es ist leicht für manche Papageienbesitzer Aggression falsch zu interpretieren als das Verlangen des Vogels zu dominieren. Aggression zum Etablieren der Dominanz ist normal für manche Säugetierarten, den Mensch eingeschlossen, taucht aber nicht bei Papageien auf.
Papageien haben keine natürlichen Neigungen dominanz- basierende Hierarchien mit anderen Papageien in der Wildnis oder mit Menschen in Gefangenschaft zu bilden. Papageien werden vielleicht aus vielen verschiedenen Gründen dazu gebracht, Aggression zu zeigen, wenn sie gerade höher sind als der menschliche Augenlevel. Wie auch immer, der Wunsch zu dominieren sollte nicht als einer dieser Gründe angesehen werden.
Nimm das Beispiel eines Papageien, der auf seinem Käfig sitzt und seinen Besitzer beißt, wenn dieser ihn auf den Finger nehmen will. Will der Vogel eine Dominanz über diese Person erringen? Denk einmal daran, was normalerweise passiert, wenn ein Papageienbesitzer seinen Papagei aus dem Käfig nimmt. Die Person tut den Vogel in den Käfig, schließt die Tür und schaut eine Zeitlang weg. Das ist denke ich, eine viel bessere Erklärung dafür warum der Vogel die Person beißt. Er will nicht in den Käfig zurück, ganz einfach! Zusätzlich hat er vielleicht gelernt, dass beißen ein effektiver Weg ist, mit Menschen zu kommunizieren.
Bevor ein Vogel beißt, hat er normaler Weise eine Vielzahl an Körpersprache und anderen Formen natürlicher Kommunikation benutzt, um seinen Wunsch auf dem Käfig sitzen zu bleiben auszudrücken. Wenige Menschen haben die Einsicht und Empathie diese Körpersprache zu lesen. Die meisten fahren blind fort, sich selbst über den Vogel zu stellen, selbst wenn der Vogel aggressive Körpersprache benutzt. Als letzten Ausweg, tickt der Vogel aus und beißt die Person. Dann nimmt die Person ihre Hand weg und hört auf, zu versuchen, den Vogel auf die Hand zu bekommen. Manchmal macht die Person solange eine Pause wie es dauert, einen Ast oder etwas anders zu holen, damit der Vogel darauf hüpfen kann.
Der Akt des Beißens ist verstärkt, oder ermutigt worden, erneut aufzutreten, in dem Moment, in dem die Person aufhört, den Vogel zu fangen. Also lernt der Vogel als Konsequenz, dass es für ihn ein guter Weg ist zu beißen und so mit Menschen zu kommunizieren.
Einfach gesagt, mögen es Papageien, auf hohen Orten zu sitzen. Ihre Überlebensinstinkte sagen ihnen, dass sie hoch sitzen müssen um weniger angreifbar für Feinde sein zu können, einen besseren Überblick über ihre Umgebung zu haben, schneller entkommen zu können… Zahme Papageien lernen vielleicht auch noch, dass es erstrebenswert ist, auf der Schulter oder dem Kopf einer Person zu sitzen. Manche mögen die Schulter, weil sie es mögen, nah am Gesicht des Besitzers zu sein. Andere genießen es, auf der Schulter einen relativ stabilen Sitzplatz zu haben. Und manche mögen es, weil sie weit genug von den Händen weg sind, mit denen sie in der Vergangenheit vielleicht negative Erfahrungen gemacht haben.
Aus welchem Grund auch immer sind Schultern, Gardinen, Käfigdächer etc. begehrenswerte Sitzplätze.
Natürlich können die meisten Menschen ihren Vogel nicht die ganze Zeit auf seinem Käfig sitzen lassen. Also, wie bekommst du den Vogel in seinen Käfig? Wieder solltest du dich fragen: “Was ist sein Grund?” Warum sollte ein Vogel zurück in seinen Käfig wollen?
“Er muss es tun/soll es tun” mag bei deinem Hund funktionieren, aber es wird niemals bei deinem Papagei funktionieren. “Er muss es” kann funktionieren, wenn du ihn mit einem Stock, Handschuhen, oder Gemeinheiten und Blutverlust dazu zwingst. Aber, es ist viel besser eine Umgebung zu kreieren, in die “Er gehen möchte” zurück in den Käfig.
Positives Verstärken ist ein Lernwerkzeug das dein Verhältnis zu deinem Papagei revolutionieren kann. Es ist eine Prozedur bei der einer Aktion immer etwas folgt, was dein Vogel als Belohnung ansieht. Für zahme Papageien kann der Verstärker alles sein was er haben möchte, so wie verbales Lob, ein Kopfkraulen oder das Lieblingsessen, das nicht Teil seines täglichen Futters ist. Das Ergebnis solcher positiven Konsequenzen ist, dass dein Vogel viel eher die Aktion erwidern/wiederholen wird, die jene Belohnung hervor rief.
Negatives Verstärken, ist auf der anderen Seite auch eine Prozedur die eine gewünschte Aktion hervorrufen kann, aber es funktioniert so, dass man etwas das der Vogel mag, wegnimmt. Für zahme Papageien funktioniert das negative Verstärken so, dass man den Vogel dazu zwingt, etwas zu tun, was er nicht will. Zum Beispiel entscheiden sich viele Papageien dazu aufzugeben, nur um es zu vermeiden, von deiner Hand gejagt zu werden oder von einem Stock. Positives Verstärken lehrt deinem Vogel was er tun soll, negatives Verstärken lehrt ihn was er vermeiden soll. Das ist der Grund warum es unergiebig und unnötig ist, wenn Menschen negative Verstärkung öfter im Umgang mit Papageien einsetzen als positives.
Mit positivem Verstärken kannst du deinem Vogel beibringen auf deine Frage an ihn in den Käfig zu gehen zu reagieren und das innerhalb weniger Tage oder Minuten. Er kann schnell lernen an der Seite des Käfigs runterzuklettern und drinnen dann brav zu warten, dass du aufstehst und die Käfigtür schließt. Und all das mit einem einfachen Satz wie: “Zeit ins Bett zu gehen.”
Beginne damit eine Erdnuss, ein paar
Sonnenblumenkerne oder ein anderes Lieblingsessen in den Futternapf des Vogels zu tun und schaue, ob dein Vogel alleine zum Käfig geht. Du mußt vielleicht den Raum verlassen, bevor er das tut, weil er davor Angst hat, eingesperrt zu werden. Schließe also die Tür die ersten Male nicht. Lass den Vogel realisieren, dass er nur hinein geht um eine tolle Belohnung zu erhalten, und dass er hinaus kann, wenn er möchte.
Jedes Mal wenn du die Belohnung in den Käfig tust, sage einen bestimmten Satz, ein Wort oder tu eine Handgeste und warte, dass er hineingeht um sich die Belohnung zu holen.
Bald schon wird er den Befehl mit der Belohung im Käfig verbinden. Wenn er einmal dieses Verhalten beherrscht, sage den Satz bevor du die Belohnung in den Käfig tust, und schaue, ob er hineingeht. Wenn ja, sage „gut” und gehe direkt dazu über dieses Verhalten mit einer großen Belohung zu verstärken. Wenn er nicht auf den Befehl hin hineingeht, geh einen Schritt zurück und gib ihm mehr Zeit. Du kannst jetzt auch beginnen, die Tür für eine kurze Zeit zu schließen während er drinnen ist. Öffne die Tür um ihn hinaus zu lassen, wenn er aufgegessen hat um ihm klar zu machen, dass er nicht jedes Mal eingesperrt wird, wenn er in den Käfig geht. Wenn du nun die Tür schließen musst, gib ihm eine ganz große Belohnung, die ihn etwas Zeit zum Vertilgen kostet. Er wird bald lernen, dass es positiv ist, in den Käfig zu gehen, keine negative Erfahrung.
Dominanz, ist in allen Gesellschaften viel mehr als ein paar Zentimeter Höhenunterschied. Dominanz beinhaltet Verhältnisse, Geschichte und Gene. Viele Arten werden somit veranlasst, Hierarchien aufzubauen um soziale Ordnung in ihrer Gemeinschaft zu etablieren. Papageien tun das nicht, vor allem nicht abhängig von der Höhe.
Etwas so kompliziertes wie dominante Hierarchien mit etwas so leichtem wie ein paar Zentimetern abzuklären, ist irreführend und bringt kein klares Verständnis des Verhaltens eines Vogels. Es ist am Besten, anthropomorphische Interpretationen zu vermeiden und sich stattdessen an natürliches Verhalten zu orientieren. Stelle wichtige Fragen und finde Wege die deinen Vogel dazu bringen das zu tun was du willst, anstatt ihn dazu zu zwingen.
In den Augen deines Vogels wirst du niemals sein Gebieter sein, das Beste was du sein kannst, ist sein Freund und Partner.
puuh Teil eins.
Den Rest mach ich morgen ^^