Clickertraining...
Hallo Hobbit,
huii, da habe ich schon eine kleine Reputation!?
Hallo Sib85,
okay, dann mache ich hier mal meinen kleinen Sermon.
Fangen wir mal an mit:
Was ist zahm?
Da gibt es m. E. Abstufungen zwischen 3 Definitionen:
1. Der Vogel hat keine Angst mehr vor dem Menschen, z. B. wenn ihm die Hand beim Füttern sehr nahe kommt oder der Mensch sich im Zimmer bewegt.
2. Der Vogel kommt nach Zuruf oder idealerweise freiwillig von allein auf die Hand ("traditionelle" Definition).
3. Der Vogel lässt sich am ganzen Körper anfassen (Def. von Ann Castrao).
Meine Definition lautet heute, dass
"Zähmen" ein lebenslanger
Prozess des Vertrauens-Fassens ist; d. h. der Vogel kann bis zu seinem Tod immer noch ein Stück zahmen werden und Def. 3 ist m. E. ein Langzeitprojet bis zur Lebens(langen)aufgabe.
Gut, ich habe meine besten Erfolge :o mit dem Clickertraining, s. Unterforum
ClikcertrainingFAQs gemacht.
Früher dachte ich halt, durch das was ich gelesen hatte, dass "Zähmen"innerhalb der ersten 3 Monate stattfindet und wer danach nicht zahm ist, würde es nie.
Gut, ich stelle mal regeln für das Zähmen von mehreren Vögeln auf.
1. Speziell bei mehreren Vögeln
- jeden Vogel als Individuum betrachten; man kann nie mit 2 Vögeln gleichzeitig trainieren, sondern immer nur mit einem, der gerade dran ist, beobachtet wird, geclickt wird.
Der andere kann und muss zwar auch beobachtet werden, aber es wird immer nur ein Vogel zur Zeit belohnt.
- Man fängt mit dem Mutigen/Interessierten Vogel an; der zweite wird aus Futterneid oder Eifersucht schon irgendwann kommen.
Ich habe z. B. neulich versehentlich mit meinem Welliweibchen keisha-May fangen gespielt (sehr fortgeschrittenes Clickertraining eigentlich): Ich hatte das Männchen auf dem Arm, sie wollte auch zu mir hin & ihn runterschubsen :o; ich drehte mich weg & schon flog sie mir hinterher & landete auf meinem Arm.
- Die Vögel werden immer unterschiedlich weit sein und nur selten die gleiche Übung machen.
- Man muss im Laufe der Zeit, möglichst schnell, beiden oder mindestens einem "Warten" beibringen (s. u.)
- Die Vögel lernen voneinander.
Meine junge Keisha-May lernte nur durch Zusehen, "Füßchen geben" und "Medikament aus Tube nehmen", letzteres, nachdem ich das Twitch in 3 Tagen Schritt für Schritt beigebracht hatte und sie zugeschaut hatte; sie nahm dann sofort einen Schnabel voll, ohne die Einzelschritt nachzuvollziehen.
2. Herausforderungen für den Trainer:
- WARTEN und beobachten.
Sehr schön
hier zu sehen.
Ich hätte als Anfängerin an dem Punkt, an dem das Maultier nicht mehr weiter geht, aufgegeben.
Deshalb
- Kleine und kleinste Schritte, die in die richtige Richtung führen könnten, beobachten und clicken.
Im Video z. B. "Füße heben" clicken, statt darauf zu warten, dass das Tier einen ganzen Schritt vorwärts geht
- wiederholen, wiederholen, wiederholen: Jede Übung muss eingeschliffen werden, gerade am Anfang würde ich VIELE Wiederholungen einplanen also z. B. wenn der Vogel den TS berührt sich vornehmen, das ein oder 2 Wochen lang oder 100 mal oder mehr zu wiederholen.
- VIEL Zeit für einzelne Schritte einplanen
- anfangs sehr oft clicken, der Versuchung widerstehen, dabei verbal helfen zu wollen und lieber anfangs nichts sagen (schweigen!
), dafür aber
- später immer weniger clicken (man gewöhnt sich das häufige Clicken an und aufzuhören ist dann echt schwer) und auch mal gar nicht clicken, wen das verhalten sitzt,immer seltener clicken, bis man dann komplett aufhören kann, weil der Vogel die Übung automatisch macht.
Da aufzuhören mit Clicken & Belohnen ist wirklich schwer, weil man es sich so angewöhnt hat!!!
Die wichtigsten Regeln sind
hier sehr schön zusammen gefasst.
3. Lehrplan & Trainingsplan
Ein Trainingsplan wird auch in den FAQs vorgeschlagen, ich schlage zusätzlich noch einen Lehrpkan vor.
Mein erstes CT war sehr spontan und ungezielt; was der Vogel gerade anbot, wurde gemacht.
Ich schlage deshalb vor, zweigleisig zu fahren:
3.1 Einen Lehrplan mit Fernzielen und Gelegenheitszielen zu erstellen:
"Was sollen die Vögel im ersten (halben) Jahr auf jeden Fall lernen?"
Als ich Keisha-May bekommen habe (jetzt 6 Monate alt) war das:
- dem Targetstick (TS) folgen
- auf die Hand kommen
- in die Transportbox gehen
- auf die Waage gehen* (hat noch nicht geklappt)
- Zuflug
Diese Ziele würde ich langfristig planen und gezielt so oft wie möglich angehen.
Am besten eignet sich dabei für mich ein Plan wie "Vogel möglichst 3 x tägl. zur Transportbox führen".
Der Lehrplan ist für mich wichtig, weil den Vögeln im Training oft auch ganz andere Sachen einfallen und man hüpft dann "von Höcksken auf Stöcksken" - DAS geht sehr leicht und schnell.
dafür eignet sich der Gelegenheitsplan:
Was will ich verstärken, wenn sich die Gelegenheit bietet?
Bei mir war das z. B.:
- aus dem Käfig kommen
- auf bestimmten Ästen/ Plätzen im Zimmer sitzen
- Ball aufnehmen
- baden
- auf den Schreibtisch kommen
- zu mir fliegen.
Dann kommen nat. im Laufe der Zeit noch "Ideen" vom Vogel, die man hier mit aufnehmen kann, bei Keisha-May war das "kopfüber vom Ast hängen"
Warum ein Plan?
Als ich mit Twitch anfing, war er 2 Jahre alt und extrem scheu, manchmal flatterte er wild los und trotz 2jähriger Erfahrung mit mir stürmte er manchmal davon, wenn ich neben ihm Routineaufgaben wie Futternapf wechseln ausführte.
Auf die Hand kam er erst nach 3 Monaten Training "richtig".
Nachdem die TS-Übung einigermaßen klappte, versuchte ich ihn auf die Hand zu bekommen, aber er verstand gar nicht, was ich da wollte.
Irgendwann probierte ich dann, ihn am Schnabel zu streicheln und er hob den Fuß zum Schnabel, um meine Hand da weg zu schieben, statt weg zu laufen !!! Toll!!!
Also clickte ich sofort "Fuß heben".
Das nächste Etappenziel war "aus dem Käfig kommen" also führte ich ihn mit ca. 10 bis 20 Clikcs und Belohnungen (!) das ca. 20 cm weite Stück von seinem Lieblingsast im Käfig zur Käfigtür, wo wird dann übten "Füßchen" per TS in "auf die Hand kommen" zu überführen.
1. Erfolg:
Ich brauchte für die Strecke immer weniger Clicks.
2. Erfolg: Irgendwann konnte ich den TS einfach in die Tür halten und sagen "Tür" und er kam an.
3. Erfolg: Plötzlich saß er stumm in der Käfigtür: "Ich möchte jetzt bitte trainieren!"
Nach 3 Monaten Training war ich dann Weihnachten bei meinen Eltern zu besuch, wo die Vögel eigentlich nicht frei fliegen durften (zu gefährlich) und übte im Käfig.
1. Erfolg:
Twitch kam Heiligabend das erste mal auf die Hand, ohne gleich wieder zurück zu springen (wusste vorher nicht, dass Wellensittiche rückwärts springen können!).
2. Erfolg: Silvester (kein Scherz!) entflog er aus dem Käfig, weil er sich erschrocken hatte.
Ich war in heller Panik, weil es da überall Ritzen gab, in die er hätte stürzen können.
Er landete erst auf einem Schrank, dann auf dem nächsten; ich balancierte auf einem Schaukelstuhl
und reichte ihm den TS den er berührte!!!!
Dann meinen Finger - "Füßchen" gab er.
Dann noch 2 mal - Twitch saß auf meiner Hand (Übung vor einer Woche!!! erlernt) und ich balancierte auf den Boden, kam hart auf, er blieb sitzen und ließ sich zum Käfig zurück tragen - so lange war er vorher noch nie auf der Hand gewesen.
Inzwischen, nach einem Jahr Training, bleibt er nicht nur auf der Hand sondern lässt sich von dort auch an "gefährliche" Orte tragen, um sie erst mal aus sicherer Warte zu begutachten.
Der Plan hilft also, die Ziele nicht aus den Augen zu verlieren und anzugleichen (Fernziel "auf die Hand", Etappentiel "Füßchen").
Trainingspaln:
Der Trainingspaln, den man unbedingt machen sollte, beschreibt jeden kleinen möglichen Minischritt den der Vogel bis zum Endziel, der zu erlernenden Übung, möglicherweise machen muss.
Bei Keisha-May war das z. B. Hinschauen zu Tagetstick,
sich dem TS zuwenden,
auf den ZS zu laufen,
beim TS sein,
den TS berühren,
sich zum TS strecken,
einen, zwei...Schritte zum TS laufen,
dem S über einen Ast folgen,
dem TS über 2 Äste folgen,
zum TS fliegen.
Sie berührte den TS schon nach 2 tagen, aber nach 4 dann nicht mehr; sie ignorierte ihn komplett.
Also fing ich an, nur "zum TS Hinschauen" zu cicken - eine Woche lang, der Rest ging dann sehr schnell.
Daher finde ich es wichtig, um Geduld zu bewahren, SEHR viel Zeit einzuplanen, z. B. 3 Wochen "TS tolerieren", 3 Wochen "zum TS Hinschauen" 3 Wochen usw.
In der Praxis wird es schneller gehen, aber wer mehr Zeit einplant sieht auch kleinste Fortschritte und honoriert sie entsprechend.
4. Anfangstariningsplan:
4.1
Konditionierung s. FAQs
4.2 TS Einführung s. FAQs
4. 3 TS-Parcous, s. FAQs, Achtung: "Parcours" bedeutet NICHT, dass die Strecke immer anders ist, gerade bei Wellensittichen muss anfangs immer eine Strecke "auswendig gelernt" werden!
4. 4 Vogel zum Trainingsplatz führen, damit er weiß: "Wenn ich hier sitze, wird trainiert", d. h. der Vogel erhält ein "Kontrolinstrument" über das Training
4. 5 Möglichst gleich am Anfang nach der TS-Einführung, die erste "Shaping"-Übung, s. FAQs, einplanen, damit der Vogel auch das lernt.
Wichtig:
Es gibt 2 Shapingübungen:
1. Gezieltes Shaping, z. B. mmer clicken, wenn der Vogel die Flügel hebt und "Flügel" sagen und dann warten, bis er sie höher hebt und
2. Kreatitvitätsübung:
Einfach alles clicken, was der Vogel macht, z. B. zum Ball gehen, den Ball anstubsen, den Ball mit dem Fuß berühren, um den Ball herum laufen => der Vogel lernt, aiszuprobieren, kreativ zu sein und später auch so lange auszuprobieren, bis es richtig ist.
Vorbildübung heißt "101 things to do with a box":
Hier (auf "Peg plays box game" clicken und dann Maus oben rechts positionieren, da kann man dann auf "next" gehen).
Belohnung:
Bei Wellensittichen am besten rote
Kolbenhirse (Onlineshop oder in der Zoohandlung zu haben), die man dann nur noch als Belohnung gibt.
Inspiration und Literatur:
Reaching the animal mind: Hier kann ma viele Videos ansehen, die das CT erklären.
So geht's,
Kommando einführen,
So weit kann man kommen,
TS einführen beim Halsbandsittich,
Geduld, Targettrainig und Shaping,
Ein paar tolle Inspirationen, wie weit man kommen kann & wie gelernt wird.
Interessant sind hier auch einige alte Threads von
Ann Castro, um zu sehen, was man alles machen kann & wie.
Literatur:
Für mich am hilfreichsten waren:
Castro: Die Vogelschule I (detailiertes Anfangstraining) und
Pryor: Reaching the animal mind (viel Beispiele, wie es geht und was man erreichen/ "unterrichten" kann,
hier kann man alle möglichen Artikel lesen, die einem zeigen, wie es geht und was man erreichen kann auch bei ängstlichen Tieren oder wenn man ein Verhalten ändern will.
Bilder:
1. Twitch sitzt freiwillig auf seinem ersten Trainingsplatz, um anzufangen.
2. Vorsichtig nimmt der skeptische Twitch anfangs seine Belohnungen entgegen
3. So weit sind wir inzwischen: Twitch & Keisha-May gemeinsam in der Transportbox und Deckel halb zu
4.Beide Vögel ohne Lockleckerli auf dem Arm, um das Regal zu erkunden.
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So, Predigt beendet, auf zur Wahl!
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