Hallo Bernhard,
> Da hat man wohl in den letzten Jahren eindeutig die Richtung bestimmt was die Haltung dieser Tiere angeht?
Es hat sich zum Glück viel geändert, auch wenn sich das in der 'Fachliteratur' und bei Züchtern und Händlern leider noch nicht überall herumgesprochen hat. Ich wiederhole mich da immer gerne: das einzig brauchbare Buch zu Grauen ist das von Lantermann (
http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3886274004/qid=1093159135/028-2485204-1072512). Sowie das vom gleichen Autor zu Verhaltensstörungen bei Papageien (
http://www.amazon.de/exec/obidos/AS...9156/sr=1-3/ref=sr_1_10_3/028-2485204-1072512).
> 2 X 1,5 X 2m groß zu kaufen scheint mir doch fürs Wohnzimmer etwas überdimensioniert.
Ist es aber nicht. 2 m Breite sind Minimum, an Tiefe reicht auch 1 m. Vögel müssen nunmal fliegen, und auf 2 m kann ein Grauer gerade mal 3-4 Flügelschläge machen. Also: Schrankwand raus,
Voliere rein. Wer diesen Platz nicht hat oder nicht schaffen will, muss sich halt ein Paar Wellis, Sperlingspapageien oder Unzertrennliche anschaffen. Die sind kleiner.
> also wie groß sollte der Käfig sein, um den Tieren ein angenehmes Leben zu ermöglichen?
Minimum BHT 2x2x1 m, wie du schon gelesen hast. Zusätzlicher Freiflug versteht sich von selbst.
> Bedenken bei der Paarhaltung habe ich auch bezüglich der Zutraulichkeit, Sprachentwicklung und auch der Beziehung zum Mensch (meiner Frau und mir).
Das sind halt die Vorurteile / Fehlinformationen, mit denen Jahrzehnte lang die Einzelhaltung von Grauen gerechtfertigt wurde... Das einzige, was dabei rumgekommen ist, sind massenhaft verhaltensgestörte Graue (Schreier, Rupfer, Beisser), die den Grauen den Ruf eingebracht haben, besonders 'sensibel' zu sein.
Du musst dir überlegen, was du von Graupapageien erwartest. Vögel sind generell keine Kuscheltiere, und 'sprechen' tun Graue oft nur aus der Not heraus, weil man ihnen einen Partner verweigert, mit dem sie sich auf papageiisch unterhalten können :-/ Wenn sie wollen, fangen sie auch in Paarhaltung an zu sprechen, weil sie einen natürlichen Trieb zur Nachahmung von interessanten Geräuschen haben. Wie zutraulich sie werden, hängt von den Tieren und von deren Behandlung ab. Graue suchen sich ihre Bezugsmenschen immer selbst aus. Du kannst auch einen Einzelvogel halten, der dich irgendwie nicht riechen kann und sich niemals von dir anfassen läßt! Und du kannst ein Paar halten, dass dir zutraulich links und rechts auf der Schulter sitzt. Da steckt man als Mensch nicht drin, das entscheiden die Vögel allein...
Großpapageien sind _Individuen_, so wie Menschen. Halsstarrig, schrullig, unbelehrbar und schwer erziehbar. Es gibt niemals eine Garantie, dass ein Grauer so wird, wie du dir das vorstellst. Dann musst du einen aus Plüsch mit batteriebetriebenem Soundmodul kaufen. Nur so einer ist immer zahm, sprachbegabt und nett zu allen Menschen...
> Natürlich hole ich mir die Vögel aus handaufgezogener Nachzucht
Darüber möchtest du sicher noch ein paarmal schlafen!
> Der Züchter, bei dem ich angefragt habe, hat mit keiner Silbe erwähnt, daß es besser wäre zwei Vögel zu kaufen.
Na ja, was Züchter so erzählen (oder lieber verschweigen)... Sieh's mal so: ein Züchter möchte Vögel verkaufen, und zwar so teuer wie möglich. Deshalb produziert er Tiere, die den menschlichen Wünschen möglichst entgegenkommen. Das ist ein wesentlicher Grund für die Zunahme von
Handaufzuchten. Die Viecher sind da von klein auf so vermenschelt, dass sie jeden Menschen akzeptieren. Davon ist der potentielle Käufer so begeistert, dass er gerne ein paarhundert EUR mehr für so einen 'handzahmen' Jungvogel auf den Tisch legt :-( Den Züchter freut's noch aus einem anderen Grund: je eher er den Eltern die Küken (oder schon die Eier) klaut und von Hand päppelt, desto öfter kann das Elternpaar Nachwuchs produzieren, und desto mehr teuer zu verkaufende Vögel kann er pro Jahr produzieren...
Welche Folgen es langfristig in bezug auf das Verhalten der Tiere haben kann, wenn sie ihre 'Sozialisationsphase' mit anderen Papageien als Jungvögel nicht durchlaufen können, erzählt der Züchter natürlich nicht gerne. Und auch nicht, wie sich das Füttern mit Milupa statt mit 'Muttermilch' ebenso langfristig auf die Gesundheit und die Lebenserwartung der Tiere auswirken kann :-(
Diese Folgen werden einfach so in Kauf genommen, nur weil es dem (meist unkundigen) Besitzer eines Vogels erspart, sich ein paar Monate lang intensiv mit dem Tier zu beschäftigen, um sein Vertrauen zu erwerben. Der Züchter tut da nichts anderes, als die Nachfrage der Käufer nach zahmen und möglichst pflegeleichten Tieren zu befriedigen. Ausbaden müssen das langfristig die Papageien :-(
Überleg' dir mal, ob du mit der Anschaffung der Grauen nicht gleich ein gutes Werk tun willst - und 'gebrauchte' Vögel nehmen willst. In Tierheimen und privaten Papageienvermittlungen stapeln sich Graue, die von ihren Vorbesitzern abgegeben, vernachlässigt, misshandelt oder einfach aus dem Fenster geworfen wurden, weil sie irgendwann 'unbequem' wurden :-( Z.B. eine Bekannte von uns, die ehrenamtlich so eine Vermittlung macht (
http://www.papageien-partnervermittlung.de/), hat ständig Graue da, die ein neues Zuhause suchen - und für anständige Haltungsbedingungen zutiefst dankbar sind!
Viele Grüße,
Stefan