Hallo Schupferhexe,
ich finde das großherzig von dir, dass du dich unbedingt kümmern möchtest und den kleinen Vogel nicht aufgibst. Prinzipiell sind Amseln nicht zu wählerisch, aber Insekten müssen es schon sein.
Allerdings werden die Chancen der Amseln sehr schlecht stehen. Auch wenn du es noch eine Zeit lang unterstützen kannst, ist es enorm schwer die Leistung der Eltern zu ersetzen. Und was bedeutet eigentlich Erfolg, wo in der Natur kaum eine Amsel jemals an Altersschwäche sterben dürfte. Bedeutet dass, dass sie wenigstens einmal selbst Nachwuchs hat?
Eine kleine Rechnung noch: Deine Amseln haben schon 8 Jungvögel fit aus dem Nest bekommen. Nehmen wir mal an, die Amselpopulation bleibt über die Jahre ziemlich konstant dann hat jede Amsel im Schnitt 2 Nachkommen, die lange genug leben um selbst Nachwuchs zu haben. Nach der Annahme werden 6 der erfolgreich ausgeflogenen Jungvögel nicht lange genug leben um Nachwuchs zu haben. Und das auch nur wenn die Eltern nur dieses Jahr brüten und auch keine Brut mehr auflegen, also selbst bald sterben oder keine Jungvögel mehr groß bekommen. Sonst stehen die Chancen rechnerisch noch schlechter für deine Amseln.
Amseln bringen viel mehr Nachwuchs hervor als ihr Habitat ernähren kann, weil sie einfach sehr viele Feinde haben und oft nicht alt genug werden. Da muss man auf viele Karten setzen. In der Biologie nennt man das r-Strategen, also Arten, die auf Reproduktion setzen.
Der kleine Nachzügler wird es wirklich schwer haben, und egal wie viel du investerst: mit ziemlicher Sicherheit wird er den nächsten Herbst nicht mehr erleben.
Das bedeutet nicht dass man nicht trotzdem helfen kann. Was ich geschrieben habe ist reine Statistik und es sind immer wieder mal sehr erfolgreiche Ausreißer dabei. Es gibt Amseln, die viele Jahre alt geworden sind und viel mehr reproduzierenden Nachwuchs hervorgebracht haben als nur 2 Stück. Das gehört bei Statistik immer dazu, sind aber totale Ausnahmen.
Aber vielleicht hat dein Vogel ja doch enormes Glück. Ich schreibe das nur um zu sagen, dass es in solchen Fällen aus rein ökologischer Sicht nicht um das Individuum geht. Aus moralischer Sicht kann man das natürlich auch anders bewerten.