Neuropatische Drüsenmagenerweiterung der Papageien (NMD)
Macaw wasting disease (engl.) oder ,,Ara-Krankheit"
Es gibt Vogelerkrankungen, die auch der modernen Veterinärmedizin noch große Probleme bereiten. Dazu gehört wohl in erster Linie die ,,Neuropatische Magen- bzw. Drüsenmagendilatation" (NMD) , welche ursprünglich nur bei Aras beobachtet wurde und deshalb noch oft als ,,Arakrankheit" bezeichnet wird. Dabei werden inzwischen längst alle Papageien und fast alle Sittiche (Wellensittiche scheinen nicht empfänglich zu sein) von dieser heimtückischen Krankheit, welche in letzter Zeit zunehmend auftritt, betroffen. Als typisches Krankheitsbild sind im Endstadium der Erkrankung ein an Fresssucht grenzender Appetit und das Auftreten unverdauter Körner im Kot, sowie eine starke Abmagerung des Vogels weitgehend bekannt. Die Vögel zeigen oft Erbrechen, Durchfall und Apathie. In letzter Zeit werden vermehrt Fälle beobachtet, bei denen eine absolute Verweigerung der Futteraufnahme im Vordergrund steht. Außerdem können im Verlauf der Erkrankung neurologische Störungen unterschiedlichen Grades beobachtet werden.
Am lebenden Tier kann der Verdacht auf das Vorliegen der ,,Neuropatischen Drüsenmagendilatation" zur Zeit nur durch eine Röntgenuntersuchung ausgesprochen werden. Am verendeten Vogel kann besonders durch Heranziehung spezifischer Untersuchungsverfahren (Histologie, Elektronenmikroskopie) die Diagnose erhärtet werden. Im Jahre 1996 wurde ein virusähnliches Partikel als Erreger der „Neuropatischen Drüsenmagenerweiterung" nachgewiesen. Offensichtlich spielen aber noch weitere Faktoren eine Rolle, die in Verbindung mit diesem virusähnlichem Partikel die Krankheit zum Ausbruch bringen (Mehrfaktorenkrankheit).
Ein akuter Krankheitsverlauf zeigt nach einer Inkubationszeit von 1 - 4 Wochen plötzlich auftretende zentralnervöse und gastrointestinale Symptome. Der verzögerte Krankheitsausbruch mit überwiegend gastrointestinalen Veränderungen hat eine Inkubationszeit von ca. drei Monaten. Der Erreger wird vor allem mit dem Kot ausgeschieden und konnte bei klinisch unauffälligen Vögeln über einen Zeitraum von mindestens 20 Monaten im Kot nachgewiesen werden. Bei solchen Tieren muss jedoch damit gerechnet werden, dass es beim Auftreten anderer Störungen zur klinischen Erkrankung und zum Tod kommen kann. In dieser Zeit können natürlich auch andere Vögel angesteckt werden.
Die ,,Neuropatische Drüsenmagenerweiterung" wird sicher noch für viele Jahre ein Betätigungsfeld für die Vogelmediziner sein, ehe diese Krankheit ihre Gefährlichkeit für unsere Papageienbestände entgültig verloren hat. Ein wichtiger Schritt in dieser Richtung ist aber mit dem Herausfinden des Erregers und der durch ihn ausgelösten Veränderungen im Nervengewebe getan. Bis es aber so weit ist, müssen wir die ,,Neuropatische Drüsenmagenerweiterung" auf der Grundlage des aktuellen Wissensstandes bekämpfen bzw. deren weitere Ausbreitung eindämmen. Wir kennen zwar noch keine spezifische (direkt den Erreger bekämpfende) Therapie, wir wissen aber, dass die Krankheit durch ein virusähnliches Partikel übertragen wird, welches in der Außenwelt relativ instabil zu sein scheint. So erklärt man sich die Tatsache, dass in wärmeren Regionen, wo für die Vögel keine geschlossenen Schutzräume notwendig sind, die ,,Neuropatische Drüsenmagenerweiterung" seltener auftritt (Erregerverdünnung durch hohe Luftzirkulation und Sonnenstrahlen). In unseren Breiten müssen wir die Erregerverdünnung durch regelmäßige Reinigung und Desinfektion unserer Käfiganlagen verstärkt realisieren. In verdächtigen Beständen sollten Kontakttiere kranker bzw. verendeter Vögel, sowie Käfiggenossen, Geschlechtspartner, Nachkommen und - je nach Standort im Bestand - auch die nächsten Nachbarn, so gut wie möglich für ca. 2 Jahre isoliert werden. Die Mindestzeit für die Quarantäne neu zugekaufter Vögel wird aufgrund der derzeit noch eingeschränkten Diagnosemöglichkeiten am lebenden Tier im Moment mit 6 Monaten angegeben, aber zur Erfassung klinisch unauffälliger Ausscheider sind längere Zeiten notwendig.
Zur Reduzierung einer Ansteckungsgefahr empfiehlt sich die Verabreichung von immunstimulierenden Medikamenten, die Ergänzung der Nahrung mit auf Vögel abgestimmten Vitamin- und Mineralstoffpräparaten sowie - last but not least - die Beachtung der bereits genannten Prinzipien der Haltungshygiene.
Im Interesse der Gesundheit des gesamten Bestandes sollten verdächtige Tiere (besonders solche mit Abmagerung trotz weiterhin guten Appetits und eventuell unverdauten Futterbestandteilen im Kot) isoliert und dem Tierarzt zur Abklärung anderer Krankheitsursachen vorgestellt werden. Verendete Vögel sollten zur pathologischen Untersuchung eingesandt werden.
Nach neuesten Erkenntnissen ist es möglich, durch entsprechende Medikation im Anfangsstadium erkrankte Vögel am Leben zu erhalten. Die Behandlung zielt zum einen auf die Unterstützung der Verdauung der Vögel, andererseits werden die durch den Erreger hervorgerufenen Veränderungen am Nervengewebe bekämpft. Die ersten Ergebnisse dieses Therapieansatzes sind vielversprechend.
Quelle:
www.papageienfreunde-im-web.de