Offener Brief von Herrn Dr. Helb mit der ausdrücklichen Bitte um Verbreitung.
"Absender dieses Schreibens:
PD Dr. Hans-Wolfgang Helb
TU Kaiserslautern, FB Biologie
Postfach 3049
67653 Kaiserlautern
Niedersächsisches Ministerium
für den ländlichen Raum,
Hern Staatssektretär Gert Lindemann
Calenberger Str. 2
30169 Hannover
Kaiserlautern, 03.06.2005
Offener Brief
„Wissenschaftlicher Diskurs zum Forschungsprojekt ‚Rabenkrähen- und Elsternfang im Landkreis Leer’“
Bezug: Einladungsschreiben von Herrn Staatssekretär Gert Lindemann vom 20. Mai 2005
Sehr geehrter Herr Staatssekretär,
die Unterzeichner bestätigen dankend den Empfang der Einladung zu Ihrer Diskussionsveranstaltung.
Wir sehen indessen keinen Anlass, uns an dieser Veranstaltung zu beteiligen.
Die allgemeine Rechtslage ist klar. Sie verbietet den Einsatz der Norwegischen Krähenfalle. Rabenvögel als Singvögel sind geschützt. Die Ausnahmegenehmigung zum Betrieb der Falle wurde widerrechtlich erteilt, weil das Projekt nicht wissenschaftlich begründet ist bzw. die wissen-schaftliche Begründung auf zahlreichen Irrtümern und Falschannahmen fußt (vgl. auch das Fallen-Gutachten für den Deutschen Tierschutzbund von Epple, Helb & Mäck 2005). Neben dieser materiellen Rechtswidrigkeit gibt es weitere formelle Rechtswidrigkeiten bei der Erteilung der Ausnahme-genehmigungen, wie wir bereits in div. Schreiben an Minister Ehlen mitteilten.
Die ökologische Sachlage ist in zahlreichen einschlägigen Gutachten und Publikationen analysiert. Rabenvögel beeinflussen die Bestandsentwicklung von Wiesenbrütern nicht in nennenswertem Umfang. An dieser Sachlage, die von den Beteiligten anscheinend noch nicht umfassend zur Kenntnis genommen worden ist, ändern weder Referate noch Diskussionen etwas. Dies umso mehr, als trotz umfangreich vorliegender wissenschaftlicher Unterlagen und unserer gleichsinnigen Schreiben diese bis heute in dem „Projekt“ keine Berücksichtigung fanden. Außerdem hat laut Pressemitteilung Minister Ehlen der Jägerschaft in Leer bereits zugesagt, dass das „Projekt“ wie geplant fortgesetzt würde. Ihr Dienstherr, Herr Minister Ehlen, teilte uns bereits in einem Schreiben vom 16.2.2005 mit, dass der von Ihnen nun eingeladene Diskurs zwar stattfinden soll, doch gehe es dabei nicht um die Erkundung von Argumenten zur Einstellung des „Projektes“, sondern um einen „Diskurs über die Sinnhaftigkeit, die Untersuchungsbreite und die Zeitabläufe des Projektes“.
Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir an einer derartigen Veranstaltung nicht teilnehmen werden. Sie ist, wenn man die juristische und wissenschaftliche Sachlage berücksichtigt, nicht notwendig.
Wir nehmen an, dass Ihre Veranstaltung noch abgesagt werden kann oder doch sehr rasch zu dem Ergebnis gelangen wird, dass der Rabenvogelfang im Landkreis Leer, wie von uns seit über einem Jahr immer wieder fachlich begründet und eindringlich gefordert, tatsächlich endlich einzustellen bzw. nicht wieder aufzunehmen ist.
Mit freundlichen Grüßen
gez. gez.
Dr. Ulrich Mäck Prof. Dr. Hans-Heiner Bergmann PD Dr. Hans-Wolfgang Helb
(Ethologe und Ökologe) (Ethologe und Ökologe) (TU Kaiserslautern)
Gruppe Natur und Ethik
Die Gruppe Natur und Ethik stellt einen freien Zusammenschluss von Gleichgesinnten ohne rechtliche Organisation dar. Sie ist keiner politischen oder weltanschaulichen Richtung verpflichtet. Sie verfolgt ihre Ziele ohne Eigennutz für die Person.
Ziele
1. Anerkennung der Mitgeschöpflichkeit als ethischen Handlungsprinzip.
2. Verankerung des Eigenrechts der Natur im öffentlichen Bewusstsein und in der Gesetzgebung. Dazu müssen die Rechtsgrundlagen in allen Bereichen von Tierschutz, Naturschutz und Naturnutzung harmonisiert oder neugestaltet werden. Dem Tier- und Naturschutzrecht gebührt Vorrang vor dem Jagdrecht und anderen hier greifenden Rechtsbereichen.
3. Das Töten von Tieren muss einen vernünftigen Grund haben (§17 Tierschutzgesetz). Dieses Prinzip muss in allen Rechtsbereichen gelten.
4. Bei Eingriffen in das Eigenrecht der Natur liegt die Beweislast beim Nutzer.
5. Beim Töten eines Tieres ist der vernünftige Grund durch den Nutzer nachzuweisen.
6. Bei einem Eingriff in Natur und Landschaft ist dessen Notwendigkeit nachzuweisen.
7. Im Zweifelsfall gilt der Vorrang der Natur."