Quelle: http://www.lbv-muenchen.de/
Arbeitkreis Saatkrähe/ Kiebitz
Saatkrähen (Corvus frugilegus) sind seltene, bedrohte Singvögel und brauchen unseren Schutz und unser Verständnis
http://www.lbv-muenchen.de/Arbeitskreise/saatkra.kiebitz/Saatkrhe_small.jpg Saatkrähe
Foto: LBV-Archiv
Saatkrähen haben eine große biologische Funktion und sind wichtig in der ökologischen Landwirtschaft. Saatkrähe ist nicht gleich Aaskrähe! Saatkrähen fressen keine Junghasen, keine jungen Weidetiere, kein junges Niederwild, keine Eier, keine Jungvögel!
Saatkrähen sind in den meisten Bundesländern seltene und gefährdete Rote Liste Vögel! In Bayern gibt es nur noch wenige Brutstätten der Saatkrähe. Saatkrähenbrutkolonien sind die letzten großen ornithologischen Naturschauspiele in der verbauten und ausgeräumten Kulturlandschaft im Binnenland. Diese sehr interessanten Naturdenkmäler müssen unbedingt unseren Kindern erhalten werden
Die Biologie der Saatkrähe Corvus frugilegus
Die riesigen, mit Dohlen vergesellschafteten Winterschwärme der Saatkrähe aus Osteuropa, die unsere kalte Jahreszeit ornithologisch bereichern, lassen oberflächlich betrachtet auf einen sehr großen Bestand schließen. Doch in Bayern gibt es heute nur noch 3000 Brutpaare, die nur in kleineren Kolonien brüten (um 1900 waren es fast 11000 Brutpaare). Die Nachwuchsrate ist sehr gering, bis zu 90 % aller Jungvögel überleben das 1. Lebensjahr nicht.
Außerdem wird die Saatkrähe sehr leicht mit der Rabenkrähe verwechselt, die ein häufiger Brutvogel ist. Realistische Schätzungen zufolge gibt es 40 000 – 80 000 Brutpaare der Rabenkrähe in Bayern. In unserem und in einigen anderen Bundesländern ist die Rabenkrähe nach den Landesjagdgesetzen jagdbar (EG-Vogelschutzrichtlinie im Anhang II Teil 2 mit Jagdzusatz für die BRD).
Die Saatkrähe ist ein Singvogel, der besonders geschützt ist
Die besonders geschützte Saatkrähe ist in der EG –Vogelschutzrichtlinie im Anhang II Teil 2 ohne Jagdzusatz für die Bundesrepublik mit dem Großen Brachvogel, Kiebitz und Feldlerche verzeichnet. Ebenso ist sie in der Bundesartenschutzverordnung, Bundesnaturschutzgesetz und die Naturschutzgesetze der Länder (Bayerisches Naturschutzgesetz) enthalten und unterliegt nicht den Jagdgesetzen.
Unterscheidungsmerkmale der Saatkrähe gegenüber der Rabenkrähe
Die Rabenkrähe hat ein matt glänzendes Gefieder und einen kräftigen, auf der Oberseite gewölbten Schnabel sowie einen befiederten Schnabelanfang.
Die Saatkrähe im 1. Lebensjahr hat ebenso einen befiederten Schnabelanfang, aber der Schnabel ist zarter, spitzer und mehr konisch zum Schnabelende verlaufend als bei der Rabenkrähe.
Erwachsene Saatkrähen können durch ihren unbefiederten weißlich-grau wirkenden Schnabelanfang mit der Rabenkrähe nicht verwechselt werden.
Alle Saatkrähen haben ein sehr stark glänzendes Gefieder (wunderschöner blau, rosa und violetter metallischer Glanz im Sonnenlicht). Der Saatkrähengesang ist viel rauher und weniger energisch als bei der Rabenkrähe. Außerdem besitzen alle Saatkrähen durch ihre abstehenden unteren Gefiederpartien („Federhosen“ und hohe Stirn) und der pummelig wirkenden Gestalt ein Kindchenschema, wie z.B. das Rotkehlchen. Fliegende Saatkrähen haben einen stärker abgerundeten Schwanz als die Rabenkrähe.
Lebensraum und Nahrung
In Bayern entstanden, wie in anderen Bundesländern, durch starke Intensivierung der Landwirtschaft vielerorts landwirtschaftliche Monokulturen. Mit dem damit verbundenen Einsatz von Insektiziden wurde die eigentliche Nahrungsquelle der Saatkrähe, landwirtschaftliche Schadinsekten und andere Insekten wie Feldwanzen, Drahtwürmer, Getreidekäferlarven, Engerlinge, Kartoffelkäferlarven, Kohlschnacken, Schnecken, Würmer, Erdraupen, Maulwurfsgrillen, Schild- und Dungkäfer, Rüsselkäfer, aber auch Feld- und Wühlmäuse, stark dezimiert. In diesen Gebieten kann sie entweder gar nicht mehr ihre Jungen aufziehen oder muss gezwungener Maßen auf pflanzliche Nahrung ausweichen, entscheidend ist die Qualität der Böden. In früheren Zeiten, als es noch keine chemischen Schädlingsbekämpfungsmittel gab, war die Saatkrähe in den landwirtschaftlichen Gebieten, in denen Insektenbefall die Ernte gefährdete, ein gern gesehener Vogel. Denn sie kann als Schwarmvogel eine Insektenplage ziemlich schnell in Schach halten, dies wurde auch wissenschaftlich bewiesen (Ruge 1986). Für die sich ausbreitende alternative Landwirtschaft könnte die Saatkrähe in Zukunft als biologisches Schädlingsbekämpfungsmittel wieder an Bedeutung gewinnen.
Die Saatkrähe benötigt für die Futtersuche strukturreiche Gebiete mit Wiesen. Wo die Menschen Wiesen umbrechen oder verbauen, müssen die Saatkrähen auf Felder ausweichen. Dabei kann es manchmal Schäden an der frisch aufgegangenen Saat geben. Aber selbst im Umfeld von Großkolonien mit mehreren hundert Brutpaaren ist nie mehr als 0,6 Prozent der Saat ausgefallen. Außerdem ist der landwirtschaftliche Nutzen, den sie durch die Vertilgung einer Unmenge von Schadinsekten und Mäusen erbringt, um das zig-fache höher.
Saatkrähen fressen keinen Junghasen, keine jungen Weidetiere oder Niederwild. Die Saatkrähe ist auch kein Nesträuber. Eier oder Jungvögel gehören nicht zu ihrer natürlichen Nahrung und damit unterscheidet sie sich von anderen Rabenvögeln. Auch der konservative Deutsche Jagdschutzverband (DJV), der in seiner Broschüre „Das Schweigen der Sänger“ die bundesweite Bejagung der drei häufigen Rabenvögel fordert, hat sich gegen die Jagd auf Saatkrähen in Deutschland ausgesprochen.
Die Saatkrähen brüten in Kolonien
Dadurch entsteht der Eindruck bei 60 oder 150 Brutpaaren (kleine Kolonie), es gäbe eine Krähenüberpopulation. Tatsache ist aber, dass größere Kolonien beständiger sind als kleinere und dadurch der Arterhaltung viel besser dienen. 20 Brutpaare sind das absolute Minimum für eine „gesunde“ Kolonie (Ruge 1986).
Dass Saatkrähen in dörflichen oder städtischen Gebieten verstärkt auffallen, hängt damit zusammen, dass sie dort geeignete Nistbäume (alte ausladende Bäume) vorfindet und die Nahrung durch gemähte Wiesen leicht zu erreichen ist. Außerdem wurden sie früher in ländlichen Gebieten stark bejagt und sind somit in befriedete Gebiete eingewandert. Deshalb fällt die Saatkrähe als Schwarmvogel besonders in den wenigen Ortschaften, in denen es Brutkolonien gibt, verstärkt auf. Vogelkot ist eine natürliche Sache und entsteht nicht nur unter den Bäumen einer Saatkrähenkolonie, sondern auch bei Mehl- oder Rauchschwalbenkolonien, und zwar dann direkt am Haus.
Wenn Brutkrähen vertrieben werden und sich die Kolonien aufteilen, entsteht häufig der Eindruck, der Saatkrähenbestand hätte sich vermehrt. Aber in Wirklichkeit entsteht meistens eine Bestandsverminderung.
Neue wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass die Saatkrähen während der Aufzucht ihrer Jungen in intensiv bewirtschafteten landwirtschaftlichen Gebieten nicht mehr die notwendigen Mengen an Insekten finden und damit Brutausfälle haben oder abwandern.
Deshalb brüten sie auch gerne in der Nähe von größeren naturbelassenen Wiesenflächen mit hohem Grundwasserstand, um in den trockenen Sommermonaten auch an die im Boden lebenden Insekten zu kommen. Die Mülldeponien werden nur von den überwinternden, aber nicht von den Brutkrähen genützt.
Bestände in Bayern und anderen Bundesländern
Die Saatkrähe ist in mehreren Bundesländern z.B. in Bayern, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern in der Roten Liste der bestandsbedrohten Vögel in der Kategorie 3 ("gefährdet“) geführt, in Hessen in der Vorwarnstufe da nur 450 Brutpaare. In Thüringen ist die Saatkrähe als Brutvogel bereits ausgestorben (Kategorie 0, Dr. Wiesner Jena 1997).
Zusammenfassend kann man sagen, die Saatkrähe braucht viel mehr Schutz als die in den Gärten mit Nistkästen sehr stark geförderten und sehr häufigen kleinen Singvögel wie z.B. Meisen, Kleiber und Star. Saatkrähen brüten außerdem nur einmal im Jahr und sind in Bayern noch seltenere Brutvögel als der beliebte Kiebitz. Der Brutbestand der Saatkrähe in München ist von 1986 mit 384 auf 130 Brutpaare im Jahre 1996 zurückgegangen.
Siehe auch die neue Saatkrähenbroschüre des Bayerischen Landesamts für Umweltschutz und LBV, die hier in der Geschäftsstelle des Landesbunds für Vogelschutz erhältlich ist.
Siehe auch:
Schwarze Gesellen - Mythen, Meinungen und Fakten zu den Rabenvögeln
Robert Reisinger Tel. 089 - 16 60 41