Kanadagans
Anserophiler
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Hallö!
Mir ist nur eines aufgefallen...
Sowie die Mauer weg war, konnte man im Tegeler Fließ hier in Berlin peu á peu öfter und auch mehr am Tage Wildschweine, Damwild (wenn auch dieses am seltensten) und sogar Rehe beobachten, die wirklich bis in die letzten Winkel vorgedrungen sind, so es einen Korridor für sie gab. Das war alles vor 1990 nicht drin, und ich kann das recht gut beurteilen, weil ich gerne mal im Tegeler Fließ wandern gehe.
Wenn man vor dieser Zeit mal umgebrochene Flächen fand, so waren die meist klein und in Waldnähe, um leibhaftige Schweine zu sehen, mußte man die Wildgehege besuchen, die es hier recht viel gibt.
Nehme ich nun die Bestandessituation in ganz Deutschland, so ist es vielleicht gar nicht so falsch, das Schweine auch urbaner in Berlin leben, weil es hier defintiv voll ausgereifte Stücke gibt, Bachen wie Keiler.
Gern erinnere ich mich an das eine Mal, als ich am Tegeler Fließ in Berlin- Hermsdorf war, unweit des Oraniendammes (stark befahrene Hauptstraße/ Teil der B96), und gerade unter einer S- Bahnbrücke durch bin...
Da war rechts vom Fließ eine kleine Parkanlage, links davon Bebauung mit einem kleinen, vielleicht 20 m² großen Stück Wildwuchs, bewachsen von diversen Ahornsämlingen mittleren Alters und mit Efeubewuchs am Boden. Da bemerke ich plötzlich eine Bewegung im Efeu, und sehe, wie sich da ein richtiges Trumm von Keiler auf die Handgelenke hochstemmt, um nach mir zu sichern...
Keine 30 m neben dem Spazierweg, praktisch genau unter der S- Bahnbrücke, und nur ca. 150 m von der sehr stark befahrenen Straße entfernt. Ein eindrucksvolles Erlebnis, und vielleicht sind die Berliner Stadtschweine bald die letzte Population, wo man wirklich ausgewachsene Exemplare außerhalb von Wildgattern sieht, wer weiß...
Anderes, eher negatives Beispiel, dieses:
So war ich gegen Mitte September '08 (die Kastanien waren grad reif) mit Freundin und Hund Richtung Freizeitpark Tegel an der Malche, einem Nebensee des Tegeler Sees. Unterwegs warnten uns schon die Leute, da wären Wildschweine, und ich ging vor, um zu kucken... Sah aber keine, sagte also ok, wir spielten mit dem Wuffi auf der Wiese, währenddessen ich immer so ein bißchen rumsicherte, und sehe dann die Jogger auf dem Weg am See so komisch kucken. Gehe hin, und Tatsache, da düsen drei Schweine rum, völlig ungerührt, und als ob das nie anders gewesen wäre, am hellichten Mittag.
Schließlich kamen die drei auf die offene Fläche, und was waren es? Drei diesjährige Frühjahrs- Frischlinge, weit und breit keine Spur von einem anderen Schwein, keine Mutterbache, keine Leitbache, nix. Meine Vermutung war, daß die Mutter entweder weggeschossen wurde, verunfallte, oder aber irgendwo im Gebüsch grade den zweiten Wurf setzte, da im nahen Wildgehege auch grad ein frischer 5er Wurf Frischlinge zu sehen war. Die drei zeigten denn auch die aus Mißgeschick resultierendem Ergebnisse.
Ohne Leit- oder andere ältere Bachen zeigen sich die Schweine an Orten und zu Zeiten, wo man vorher niemals auch nur einen Köttel von denen fand. Es erfolgt keine Kontrolle über die Tagesaktivität, über den Aufenthaltsort und sicher auch über die Fortpflanzung. Zwei der drei waren Weibchen, und sie waren sehr stramm, dürften also etwa im März gefrischt worden sein, womit die Bachen wahrscheinlich soeben rauschig sein dürften... Und ohne regulierendes Altschwein, naja, wird es dann im späten Februar/ März zwei weitere Mütter geben, die, wenn sie an ihrem beliebten Aufenthaltsort nicht zu sehr gestört werden, sicherlich diejenigen sein werden, die entweder in den nahen Gärten brechen gehen, oder sogar in den Park des Schlosses Tegel, der unmittelbar angrenzend liegt.
Als ein weiteres großes, wenn nicht das größte, Problem in punkto des Schweineproblems sehe ich auch den strikten Sparkurs der Stadt. Seit sicherlich 10 Jahren wird Personal abgebaut, das es brummt, entsprechend werden die Grünflächen nicht mehr in dem Rahmen gepflegt wie vor dem Mauerfall, wo alles soweit tiptop war.
So werden Grünanlagen dahingehend gepflegt, das Rasen nur noch einmal im Jahr gemäht werden, statt wie früher bis vier- oder fünfmal, und das Strauchflächen einmal alle fünf Jahre wirklich zusammengemetzelt werden, daß nur noch 30 cm lange Stümpfe aus dem Boden schauen...
Will heißen, sämtliche Grünanlagen, kleinen Wege, kleinere Parkanlagen etc. sind um ein erhebliches strörungsfreier als früher, so daß die Schweine jede Menge Ecken finden, in denen sie sich niederlassen können.
Ich persönlich finde es toll, daß die Natur derart profitiert, allerdings muß sich so auch keiner wundern, daß die Schweine buchstäblich mehr und mehr de Sau rauslassen...
So war zB der angesprochene Freizeitpark in Tegel bis in die frühen 90er einer der Magneten für wochenendliches Freizeitvergnügen (1992 hatten wir da die Abschlußfeier unserer Oberschulklasse). Riesenspielplatz für Kinder, weite Liegewiesen, Grillplätze, Bootsverleih, Imbiß...
Das ist heute nicht mehr...
Der früher betreute Spielplatz ist heute daueroffen, die Grillplätze gibt es nicht mehr, der Imbiß hat nur bei schönem Wetter offen, der Bootsverleih kann eigentlich schließen.
Statt menschlichem Trubel dient die Wiese heute dem Damwild als Äsungsfläche (des öfteren Losung gefunden), der Maulwurf muß sich nur noch vor dem Fuchs fürchten, und die Wildschweine haben den Platz jetzt letztendlich auch für sich entdeckt... Und so wird es wahrscheinlich überall in der Stadt sein...
Weggefallene oder nur noch bruchteilhafte Nutzung, mangelnde Pflege aufgrund fehlender Gelder, und die Natur holt sich zurück, was ihr gehört... Kann man da nun den Schweinen einen Vorwurf machen und sie als Bösewichte hinstellen? Oder eher die doch immer wieder herzerfrischend mißwirtschaftende Politik, durch deren jahrzehntelangen Schlendrian es letztendlich zu der Situation kam, die heute vorherrscht (ich kann auf Wunsch gern einige Beispiele nennen, die die Kinnlade hängen lassen...)?
Grüße, Andreas
Mir ist nur eines aufgefallen...
Sowie die Mauer weg war, konnte man im Tegeler Fließ hier in Berlin peu á peu öfter und auch mehr am Tage Wildschweine, Damwild (wenn auch dieses am seltensten) und sogar Rehe beobachten, die wirklich bis in die letzten Winkel vorgedrungen sind, so es einen Korridor für sie gab. Das war alles vor 1990 nicht drin, und ich kann das recht gut beurteilen, weil ich gerne mal im Tegeler Fließ wandern gehe.
Wenn man vor dieser Zeit mal umgebrochene Flächen fand, so waren die meist klein und in Waldnähe, um leibhaftige Schweine zu sehen, mußte man die Wildgehege besuchen, die es hier recht viel gibt.
Nehme ich nun die Bestandessituation in ganz Deutschland, so ist es vielleicht gar nicht so falsch, das Schweine auch urbaner in Berlin leben, weil es hier defintiv voll ausgereifte Stücke gibt, Bachen wie Keiler.
Gern erinnere ich mich an das eine Mal, als ich am Tegeler Fließ in Berlin- Hermsdorf war, unweit des Oraniendammes (stark befahrene Hauptstraße/ Teil der B96), und gerade unter einer S- Bahnbrücke durch bin...
Da war rechts vom Fließ eine kleine Parkanlage, links davon Bebauung mit einem kleinen, vielleicht 20 m² großen Stück Wildwuchs, bewachsen von diversen Ahornsämlingen mittleren Alters und mit Efeubewuchs am Boden. Da bemerke ich plötzlich eine Bewegung im Efeu, und sehe, wie sich da ein richtiges Trumm von Keiler auf die Handgelenke hochstemmt, um nach mir zu sichern...
Keine 30 m neben dem Spazierweg, praktisch genau unter der S- Bahnbrücke, und nur ca. 150 m von der sehr stark befahrenen Straße entfernt. Ein eindrucksvolles Erlebnis, und vielleicht sind die Berliner Stadtschweine bald die letzte Population, wo man wirklich ausgewachsene Exemplare außerhalb von Wildgattern sieht, wer weiß...
Anderes, eher negatives Beispiel, dieses:
So war ich gegen Mitte September '08 (die Kastanien waren grad reif) mit Freundin und Hund Richtung Freizeitpark Tegel an der Malche, einem Nebensee des Tegeler Sees. Unterwegs warnten uns schon die Leute, da wären Wildschweine, und ich ging vor, um zu kucken... Sah aber keine, sagte also ok, wir spielten mit dem Wuffi auf der Wiese, währenddessen ich immer so ein bißchen rumsicherte, und sehe dann die Jogger auf dem Weg am See so komisch kucken. Gehe hin, und Tatsache, da düsen drei Schweine rum, völlig ungerührt, und als ob das nie anders gewesen wäre, am hellichten Mittag.
Schließlich kamen die drei auf die offene Fläche, und was waren es? Drei diesjährige Frühjahrs- Frischlinge, weit und breit keine Spur von einem anderen Schwein, keine Mutterbache, keine Leitbache, nix. Meine Vermutung war, daß die Mutter entweder weggeschossen wurde, verunfallte, oder aber irgendwo im Gebüsch grade den zweiten Wurf setzte, da im nahen Wildgehege auch grad ein frischer 5er Wurf Frischlinge zu sehen war. Die drei zeigten denn auch die aus Mißgeschick resultierendem Ergebnisse.
Ohne Leit- oder andere ältere Bachen zeigen sich die Schweine an Orten und zu Zeiten, wo man vorher niemals auch nur einen Köttel von denen fand. Es erfolgt keine Kontrolle über die Tagesaktivität, über den Aufenthaltsort und sicher auch über die Fortpflanzung. Zwei der drei waren Weibchen, und sie waren sehr stramm, dürften also etwa im März gefrischt worden sein, womit die Bachen wahrscheinlich soeben rauschig sein dürften... Und ohne regulierendes Altschwein, naja, wird es dann im späten Februar/ März zwei weitere Mütter geben, die, wenn sie an ihrem beliebten Aufenthaltsort nicht zu sehr gestört werden, sicherlich diejenigen sein werden, die entweder in den nahen Gärten brechen gehen, oder sogar in den Park des Schlosses Tegel, der unmittelbar angrenzend liegt.
Als ein weiteres großes, wenn nicht das größte, Problem in punkto des Schweineproblems sehe ich auch den strikten Sparkurs der Stadt. Seit sicherlich 10 Jahren wird Personal abgebaut, das es brummt, entsprechend werden die Grünflächen nicht mehr in dem Rahmen gepflegt wie vor dem Mauerfall, wo alles soweit tiptop war.
So werden Grünanlagen dahingehend gepflegt, das Rasen nur noch einmal im Jahr gemäht werden, statt wie früher bis vier- oder fünfmal, und das Strauchflächen einmal alle fünf Jahre wirklich zusammengemetzelt werden, daß nur noch 30 cm lange Stümpfe aus dem Boden schauen...
Will heißen, sämtliche Grünanlagen, kleinen Wege, kleinere Parkanlagen etc. sind um ein erhebliches strörungsfreier als früher, so daß die Schweine jede Menge Ecken finden, in denen sie sich niederlassen können.
Ich persönlich finde es toll, daß die Natur derart profitiert, allerdings muß sich so auch keiner wundern, daß die Schweine buchstäblich mehr und mehr de Sau rauslassen...
So war zB der angesprochene Freizeitpark in Tegel bis in die frühen 90er einer der Magneten für wochenendliches Freizeitvergnügen (1992 hatten wir da die Abschlußfeier unserer Oberschulklasse). Riesenspielplatz für Kinder, weite Liegewiesen, Grillplätze, Bootsverleih, Imbiß...
Das ist heute nicht mehr...
Der früher betreute Spielplatz ist heute daueroffen, die Grillplätze gibt es nicht mehr, der Imbiß hat nur bei schönem Wetter offen, der Bootsverleih kann eigentlich schließen.
Statt menschlichem Trubel dient die Wiese heute dem Damwild als Äsungsfläche (des öfteren Losung gefunden), der Maulwurf muß sich nur noch vor dem Fuchs fürchten, und die Wildschweine haben den Platz jetzt letztendlich auch für sich entdeckt... Und so wird es wahrscheinlich überall in der Stadt sein...
Weggefallene oder nur noch bruchteilhafte Nutzung, mangelnde Pflege aufgrund fehlender Gelder, und die Natur holt sich zurück, was ihr gehört... Kann man da nun den Schweinen einen Vorwurf machen und sie als Bösewichte hinstellen? Oder eher die doch immer wieder herzerfrischend mißwirtschaftende Politik, durch deren jahrzehntelangen Schlendrian es letztendlich zu der Situation kam, die heute vorherrscht (ich kann auf Wunsch gern einige Beispiele nennen, die die Kinnlade hängen lassen...)?
Grüße, Andreas