Nein, Eric, so ist es nicht. Die
Handaufzucht als solche, auch alleine, spielt für das spätere Verhalten keine Rolle, sondern entscheidend ist die Sozialisation und vor allem die Abnabelung und "Entwöhnung" vom Menschen in der richtigen Phase.
Zunächst zu den Attacken, denn inzwischen habe ich den Rest des Threads auch gelesen: die gibt es in Berlin jedes Jahr:
http://www.welt.de/vermischtes/article106350687/In-Berlin-greifen-die-aggressiven-Kraehen-an.html
Wie kommt man nur darauf, daß igrendeine dieser Krähen eine
Handaufzucht war ? Dann hätte sie den Menschen doch schon die ganze Zeit angeflogen und nicht erst, nachdem sie sich mit einem Artgenossen verpaart hat. Das entbehrt doch wirklich jeder Logik. Und wenn ein Rabenvogel Menschen belästigt, wird er einkassiert und in eine der Stationen gebracht, sonst wäre er, wie Eric richtig bemerkt hat, erst gar nicht so alt geworden, um je eine Brut aufzuziehen.
Die Zahl der Anrufe von Anwohnern und Polizei bei mir belaufen sich dazu jedes Jahr auf 10-15 und lassen sich zum Glück meistens so lösen, daß ich keine weitere Krähe aufnehmen muß. In fast allen Fällen wurde nicht das Nest verteidigt, sondern ein Jungvogel, der selbiges gerade erst verlassen hat, und es handelt sich um einen Zeitraum von maximal einer Woche, der vor Ort hinzukriegen ist.
Da aber junge, noch zahme Rabenvögel in allen Stadien und daher häufig zu spät den wenigen privaten Stationen angedient werden, kann ich versichern, daß Menschenbzogenheit (von Prägung kann keine Rede sein) nach
Handaufzucht bis zum Eintritt der Geschlechtsreife in keinem bisherigen Fall irreversibel war, und die ist bei Krähen ja bekanntlich erst im zweiten Jahr. Je jünger der Vogel war, desto zahmer wird er potentiell, bleibt es aber nur dann, wenn er nicht zur richtigen Zeit, nämlich während der Bettelflugphase mit Artgenossen sozialisiert und konsequent abgenabelt wurde.
Aus diesem Grund ist es völliger Unsinn, den armen Vogel irgendwie "auf Abstand" zu halten, solange er noch ein Nestling ist. Sobald er aber beginnt, herumzulaufen und mobil zu werden, gehört er in eine
Voliere mit Artgenossen. Dort wird er selbstverständlich weiter gefüttert, aber nicht mehr als unbedingt notwendig. Das allein reicht natürlich noch nicht. Zum Überleben in Freiheit gehören Futter- und Feinderkennung ebenso wie das Durchsetzungsvermögen gegenüber Artgenossen bei Nahrungskonkurrenz, denn draußen wird einem nichts mehr geschenkt. Ohne die arteigenen Warnrufe, die bei mir Katze, Fuchs und Habicht auslösen, halte ich die Überlebenschancen draußen ohnehin für gering.
Nun zu den schon etwas "versauten", die stockzahm abgegeben werden: das sind genau die, die dann zu lästig werden oder schon draußen herumflogen und andere massiv belästigt haben. Manche habe sogar zunächst panische Angst vor ihren Artgenossen, weil sie von ihnen attackiert wurden. Als erstes dürfen sie nicht mehr auf dem Kopf landen. Das lernen sie in höchstens einer Woche. Dazu werden sie bei jedem Anflug ruhig, aber konsequent am Futterplatz abgesetzt. Zu Fressen, wenn noch nicht futterfest, gibt es nur noch vom Boden. Oder sitzen die vielleicht dabei auf dem Rücken der Kräheneltern ? Das Abgewöhnen des Anfliegens dauert bis zu drei Wochen, dann ist es vorbei.
Hundegewöhnung wird durch einen Leihhund abtrainiert, auf den die anderen Krähen mit Angst und Geschrei reagieren. Ist aber oft nur rassebezogen; d.h. bei Nachbars Dackel merke ich nichts davon, sondern muß den nächsten Retriever herbeiholen.
Was überhaupt noch nicht erwähnt wurde. ist die Geschlechtsbezogenheit menschlichen Bezugs. Wurde so ein Vogel tatsächlich schon geschlechtsreif so abgegeben, wirkt sich das nur entweder bei Männern oder bei Frauen massiv aus. Bei einer Dohle konnte ich keinen Mann in die
Voliere lassen. Wenn sie von ihm nicht dofort und in ihrem Sinen beachtet wurde, hackte sie gezielt nach den Augen. Bei mir hat sie das nie probiert. Das ist geradezu gemeingefährlich. Diese Dohle habe ich an eine sehr erfahrene Frau mit Haltegenehmigung abgegeben. Eine männerfixierte Nebelkrähe, die ich habe, was sich wohl auch nicht mehr ändern wird, ist nicht annähernd so penetrant, hat aber bestimmte Balzlaute für jeden Mann, der den Garten betritt. Natürlich kann sie so auch nicht mehr 'raus, hat aber einen Krähen-Kumpel und ist der Boss.
Übrigens beringe ich alle größeren Vögel, die meine
Volieren verlassen, und zwar mit meiner Handynummer. Meines Wissens machen das viele Päppler zur Sicherheit nach dem Ausfliegen. Insofern wäre es schön, Ivan, wenn Du Deine nur noch peinlichen Unterstellungen einfach sein lassen könntest. Da es mir nicht gelungen ist, mich für den Fall eines Schadens durch so einen beringten Vogel abzusichern, weil sich schlicht keine Versicherung fand, ist es in meinem ureigensten Interesse, daß solche Tiere keine Menschen mehr anfliegen. Das wäre, wie nun schon mehrfach ausgeführt, sowieso ihr sicheres Todesurteil. Auch darauf habe ich schon 'zigfach in diversen Foren hingewiesen. Es hält meistens nicht 'mal bis zum Herbst, halbzahme Rabenvögel "im Freilfug" zu halten. Danach sind sie auch aller anderen Erfahrungsberichte nach von einem Tag auf den anderen verschwunden.
Einen einzelnen Rabenvogel sachgerecht ohne Artgenossen abzunabeln halte ich für sehr schwierig. Unter bestimmten Umständen mag das gehen, wenn es gelingt, frei Artgenossen nach der Brutzeit anzufüttern und Anschluß an diese herzustellen.
Das problem mit dem Dichtmaterial sehe ich anders als Du, Eric. Wenn man so blöd ist und es den Krähen quasi "serviert", muß man sich anschließend nicht noch beschweren. Oder hat der Mensch etwa nicht den größeren Kopf zum Denken ? Am neuen Berliner Hauptbahnhof war es absehbar; auf der ebenso neu gebauten Glashalle des Bahnhofs Spandau tritt das Phäomen nicht auf, obwohl dort ebenfalls viele Krähen herumspazieren. Einfach Abschauen, wie es vorher schon vermieden wurde, spart enorm unnöige Folgekosten. Warum soll denn jeder das Rad neu erfinden ?
Kannst Du mir nun noch die Frage beantworten, ob man in der Schweiz auf andere Ursachen der "POS" (siehe vorheriger Link) der Greifvögel gekommen ist, sofern dort beobachtet ?