Gedankenspielerei
Ich sehe das ähnlich wie weiter vorne schonmal geschrieben.
Generell sollte man eigentlich überhaupt keine Vögel in Gefangenschaft halten, es sei denn aus Gründen des Artenschutzes.
Dieses Argument wird immer wieder gebracht, interessanterweise oft von Menschen, die Vögel halten und zwar oft langlebige Arten. Wenn man sagen wir mal Zebrafinken halten würde, müsste man konsequenterweise damit rechnen, in 5 Jahren (oder so - je nach Alter der Vögel) keine Vögel mehr zu halten.
Dann kommt das Argument "aber ich bin ja Tierschützer, bei mir haben es die Tiere doch besser als beim "Durchschnittshalter!" Immer wieder gern genommen. Kürzlich noch gelesen, nachdem sich jemand Sorgen machte, er könnte
Vorwürfe bekommen: Bei dir haben es die Vögel besser als bei 98% der Vogelhalter. Das ist inzwischen ein
typischesArgument!!
Okay, angenommen, man würde diese kritischen Stimmen ernst nehmen, die teilweise so weit gehen, Vogelhaltung mit Sklavenhaltung gleichzusetzen (kein Scherz, jemand hat das sogar mal näher ausgeführt).
Folgendes Projekt wäre mMn nach entsprechenden Bemühungen und Finanzierung sowie Gesetzesänderung
denkbar (bitte nicht nach Einzelheiten fragen, ich sage nur denkbar, die Umsetzung müssten natürlich Experten aus diversen Bereichen planen und durchführen):
1. Verbot der Privathaltung von Vögeln (andere Tierarten könnten folgen).
2. In Europa gibt es immer noch größere "freie" Flächen, nehmen wir nur mal ungenutztes Land, Freizeitparks, Zoos, Urlaubsparks etc., die immer noch gebaut werden können.
Wir nehmen jetzt dieses Land und setzen darauf Volieren, und zwar solche von ca. 20 bis ??? m Höhe, und so lang wie möglich, also mehrere hundert Meter oder auch mehrere km lang. Wir bauen auf diesem Land also doppelt vergitterte Edelstahlvolieren mit Fundament etc., die teilweise ungiftige Pflanzen (auch Bäume und Sträucher) einschließen und teilweise offenes Land (Bdenbelag müsste man überlegen) und einen verhältnismäßig kleinen "Schutzraum" haben, in den der Vogelbesatz aber komplett passen würde. Also ein Schutzraum von der Größe eines kleinen Wohnblocks oder so.
Dort hinein setzen wir nun eine passende Anzahl beschlagnahmter Heimvögel, entweder artgleich oder in passender Artmischung (naturnah bzw. ggf. Vögel, die oft zusammen gehalten werden und von denen man größere Gruppen finden würde, die eben die andere Art aus der Gemeinschafthaltung schon kennen).
Akklimatisierung etc. vorausgesetzt, Betreuung durch Fachpfleger.
3. Diese Vögel werden dort nach und nach vom Menschen entwöhnt, bis sie nur noch die Betreuung durch den Fachpfleger und ggf. Tierarzt gewohnt sind und könnten dort "langsam aussterben". Schwierig würde die Frage, was man mit dem Rest macht, also den letzen ihrer Art, die irgendwann ganz alleine sind.
Im Extremfall könnten "Trainer" angestellt werden, um den Argumenten, die Vögel seinen aber Menschenkontakt und Beschäftigung gewohnt, entgegen zu gehen.
Jetzt hätten wir also definitiv eine Haltung, die "besser" wäre als jede Privathaltung und Vögel aus der Privathaltung entfernt.
Wer würde jetzt zustimmen und seine Vögel dort hingeben oder sich für das Projekt einsetzen?
Jedem Argument der Art "
meine Vögel haben es aber gut bei mir, weil..." begegnen wir mit einer Maßnahme, die diesen Haltungsaspekt auch in der Großvoliere abbildet. Vögel, die Menschenkontakt gewohnt wären, würden langsam an diese Haltungsform gewohnt und dürften ggf. auch Menschenkontakt von dem Fachpfleger oder Trainer weiter erhalten - nur nicht mehr vom vorherigen Halter.
Das Ganze würde tierärztlich betreut mit Versorgungszentren für kranke Tiere, die dann meinetwegen auch individualbetreut würden mit engem Menschenkontakt, wenn da nötig wäre oder sie es so gewohnt wären.
Diese Art der Haltung
kann und wird keiner darstellen können, es könnte sich also keiner mehr rausreden mit "bei mir haben es die Vögel aber besser".
Die Menschen müssten auf ihre Haustiere verzichten, was vielen sicher insgeheim bewusst machen würde, dass sie eben doch nicht
nur für die Tiere leben sondern es auch bei den besten Vorzeigehaltern eine "egoistische" Komponente gibt.
Keiner könnte sich mehr rausreden mit "meine Vögel haben es besser als x% der Vögel" oder "ich habe ja nur Abgabetiere, die keiner mehr wollte", sondern müsste sich mit der egoistischen Komponente in seiner Haltung auseinandersetzen. Und ja,
die meisten Halter würden ihre Tiere vermissen. Ihre "eigenen" Tiere, zu denen sie eine Beziehung aufgebaut hätten. Sie könnten sich jetzt nicht mehr als "Gutmenschen" ansehen, die ja alles für die Tiere tun und müssten konsequenterweise ohne weitere Haustiere leben, also auch nicht auf Hund oder Katze umsteigen (im Extrem könnte man dieses Projekt mit allen Tieren durchführen, bei denen eine tiergerechte Haltung zweifelhaft ist - das wären dann m.W. alle Tiere bis auf Freigängerkatzen auf dem Land?).
Jetzt würde ich gern mal von Vorzeigehaltern, von denen leider nicht alle hier schreiben, wissen, wie sie sich in dem Fall fühlen würden. Vermutlich würde es sehr viele kreative Argumente geben, warum die eigenen Tiere auf keinen Fall von dieser Art Projekt profitieren würden.
Wir machen uns
alle etwas vor.
Auf der anderen Seite haben es die meisten Heimvögel gut, denn sie kennen nichts anderes oder ihre kurze Zeit in Freiheit ist schon lange vorbei. Viele Menschen erinnern sich nicht mehr genau an ihre Kindheit vor 20 Jahren
(tatsächlich höre ich das immer wieder mit Erschrecken) - da ist die Frage, ob Vögel sich nach 20 oder 30 Jahren noch an ihre Jugend in Freiheit erinnern können (Wildfänge).
Die Vögel, die heute größtenteils gehalten werden, haben es gut, ihre Grundbedürfnisse werden erfüllt, sie haben Gesellschaft, dürfen fliegen, haben Beschäftigung, sind ärztlich versorgt, bekommen angemessenes Futter.
Streiten kann man über Vögel, die nach längerer Zeit eingeschränkt leben müssen, weil der Halter umziehen muss und nun der Flugraum kleiner wird (kein Vogelzimmer, Voliere/ keine AV mehr usw.).
Diese Vögel leiden mMn tatsächlich, weil sie jahrelang Haltungsbedingungen hatten, die plötzlich nicht mehr erfüllt werden können.
Auch hier stellt sich vor einer Abgabe an Halter, die die früheren Bedingungen bieten die Frage, ob der Halter dies emotional verkraften möchte, also ob er bereit ist, seine Vögel ab-/ aufzugeben, damit diese ihr bekanntes Leben, nur ohne ihn, weiterführen können. Oder ob man nicht dann wieder die Beziehung zum Halter als Gegenargument bringen würde.