Zumindest ist die Gefahr groß bei Vögeln, die als "superzahme Handaufzuchten" angeboten werden.
Handaufzucht und Handaufzucht sind nicht immer das Gleiche, und es wird zwischen den verschiedenen Vogelarten, aber vielleicht sogar innerhalb einer Art Unterschiede geben, welches Verhalten angeboren ist, welches erlernt wird, und was irgendwo dazwischen liegt.
Natürlich werden viele, die nur in kleinem Umfang züchten, und ein Küken haben, das von den Eltern nicht gefüttert wird, dieses per Hand großziehen, das nennt sich dann Notfallhandaufzucht.
Aber wenn sie dem Küken das, was ein Vogel dieser Art an Sozialverhalten erlernen kann, möglich machen wollen , dann werden sie es spätestens dann , wenn es ganz selber fressen kann, besser noch eher, in einen Schwarm setzen, in dem es von dem Verhalten der Altvögel lernen kann, was es heißt, ein Vogel dieser Art zu sein.
Das braucht ein bißchen länger als bei seinen Altersgenossen, denn bislang hat das Küken ja den Menschen für seine Eltern gehalten - es war auf den Menschen geprägt, sagt man, aber es funktioniert meist erstaunlich gut, dass das Küken das dann noch lernt.
Etwas anderes ist es mit den "gewollten " Handaufzuchten. Hier werden die Küken schon aus dem Nistkasten heraus oder beim Ausfliegen von den Eltern getrennt und vom Menschen weitergefüttert, damit sie dem Menschen gegenüber "schön zahm" werden.
Viele Handaufzüchter sagen dann, ihre Vögel seien gut sozialisiert, weil sie das nicht mit einzelnen Küken machen, sondern mit einer Gruppe Gleichaltriger.
Es stimmt, dass diese Küken dann schon wissen, dass sie "auch Vogel" sind und mit ihren Altersgenossen interagieren, spielen, sich mögen, im Idealfall auch kraulen, - und nicht nur mit dem Menschen, wie ein einzeln aufgezogenes. (gerade diese einzeln aufgezogenen sind aber auch oft nicht nur lieb und zahm, sondern können dem Menschen gegenüber auch aggressiv werden - sie wissen nicht, was "normales" Verhalten ist)
Aber stell Dir vor, Du könntet nur von Gleichaltrigen lernen und nichts von Erwachsenen........
Genau das Lernen von den Erwachsenen ist das , was diesen Küken fehlt - es sei den man tut sie schnellstens in einen Schwarm , in dem eben auch Altvögel sind.
Was genau es bei Agaporniden und Wellensittichen ist, was sie nicht durch Instinkt, also angeboren, wissen, sondern was sie von den Altvögeln , im Schwarm, lernen müssen, kann Dir hoffentlich wer anders sagen.
Ich weiß es bei so in etwa bei Nymphensittichen.
Meine Jungs wissen , wie man balzt, einer hat sich mühsam von den andren abgucken müssen, wie man krault, aber sie wissen nicht, was Jungs mit Mädels anfangen können, wenn sie erwachsen sind.
Bei einer Bekannten war es schon ein erwachsenes Pärchen, die sich zwar gemocht haben, aber erst in ihrem Schwarm von den andren Nmphen abschauen konnten, was sie miteineinander anfangen können. Es mag Nymphen geben, die auch von selber darauf kommen, aber dann mitunter nur mit genau dem einen Vogel........ und wenn der dann stirbt........
Aber als bei dem eben genannten die Henne gestorben ist, hat der Hahn sich angefangen zu rupfen (und tut es immer noch) weil er es so spät gelernt hat, dass es nicht "richtig drin" ist. Er findet andre Hennen aus dem Schwarm toll, balzt dann aber nur sein Füßchen an, und rupft sich vor Frustration blutig.
So traurig
Meine Hähne haben sehr früh angefangen, sehr aggressiv miteinander umzugehen. Ich habe mir das selbst lange nicht erklären können, bis mir klar wurde, dass auch das etwas ist, was ein Vogel von den Altvögeln lernen kann: Wie man mit Streit umgehen kann, ohne ständig miteinander kämpfen zu müssen.
Es tut mir leid, dass ich Dir das jetzt nur für Nymphensittiche so genau erzählen kann, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es bei Wellensittichen und Agaporniden nichts gäbe, was sie nicht von ihren Eltern oder andren Altvögeln lernen. Irgendetwas wird fehlen, irgendeinen Schaden werden sie nehmen, wenn sie so früh von ihren Eltern getrennt werden (auch im Zoohandel kommt es vor, dass zu früh von den Eltern getrennte Jungvögel verkauft werden, auch wenn sie nicht handaufgezogen sind) und NICHT in einem altersgemischten andren Schwarm weiterlernen dürfen.
Es gibt meines Wissens sogar Länder - Österreich - in denen deshalb die gezielte Handaufzucht solcher Schwarmvögel nicht erlaubt ist und als tierschutzwidrig gilt.
Ich selber wäre froh gewesen, hätte ich das alles eher gewusst. Ich hatte damals noch kein Internet, und nicht nur von solchen Züchtern hieß es damals, wie viel leichter es Handaufzuchten im Umgang mit Menschen hätten, zum Beispiel auch beim Tierarzt, sondern auch in einer von mir als seriös empfundenen Zeitschrift.
(mein handaufgezogener Mumm hat eine Wahnsinnsangst beim Tierarzt).
Es tut mir so leid für meine Vögel, dass ich ihnen das genommen habe, im Glauben, das Richtige zu tun.
Am besten ist es sicherlich, wenn die Vögel AUCH mit der Anwesenheit von Menschen großwerden, damit sie sich nicht zu Anfang entsetzlich vor ihnen fürchten müssen, aber gleichzeitig im Schwarm mit Artgenossen, von denen sie lernen, was ein Vogel ihrer Art wissen muss.