Moin Kuni!
Hat etwas gedauert, aber so eine Anfrage zu beantworten braucht seine Zeit. Auch kann die Antwort nur sehr allgemein ausfallen.
Als erstes möchte ich sagen, das ich auch mit "kleinen Sittichen", wie Nymphen- und Springsittichen begonnen habe. Das hat sicherlich bereits einen gewissen Grundschaft an Erfahrung gebracht, dennoch nur wenig auf die Haltung von Graupapageien vorbereitet: die Haltung von Grauen und die Grauen selbst sind meines Erachtens wesentlich anspruchsvoller und vielleicht auchschwieriger als die von Nymphen.
Das beginnt bereits bei der Körpergröße und dem wesentlich größeren Schnabel, der einem zuerst gehörigen Respekt einflößen kann. Dennoch ist wichtig, das man seine Angst vor dem Schnabel und den zugegebenermaßen eventuell schmerzhaften Bissen bald ablegt.
Auch hat solch ein Graupapageienschnabel ein gehöiges zerstörerisches Potential: Türecken, Tapeten, Sofas, Schränke und Regalbretter, Bücher etc. werden schnell beschädigt und auseinandergenommen- schneller, als man es von Nymphen und Ziegen gewohnt ist. Graue können dabei genauso neugierig sein wie Ziegensittichen und nichts ist dann vor ihnen sicher.
Unterschiede außer im Äußeren konnte ich übrigens zwischen Timnehs und Kongos nicht feststellen.
Weiter geht es mit der Lebenserwartung von Grauen: wenn allles gut geht, werden sie doppelt so alt wie Nymphen.
Mit der Anschaffung eines Grauen übernimmt man somit eine jahrzehntelange Verantwortung, die durchaus auch das eigene Lebensalter übersteigen kann. Da kann sich dann auch die Frage stellen: wem "vererbt" man den Vogel?
Schließlich die Intelligenz von Grauen, die meines Erachtens doch ein vielfaches höher ist als die von Nymphen:
das bringt aber Folgeprobleme mit sich.
Als ein Anzeichen von Intelligenz kann durchaus gesehen werden, das Graue gegenüber Neuem äußerst Mißtrauisch und auch ängstlich reagieren und gegenüber Veränderungen oft sehr empfindlich sind. Zudem sind sie mehrheitlich im Gegensatz zu Wellis und Amazonen "introvertiert". (immer muß man bedenken, das die individuellen Charaktereigenschaften solche tendentiellen Artmerkmale durchaus überdecken können).
Andererseits langweilen sie sich wie viele intelligente Lebewesen schnell, sind also dennoch auf viel Aabwechslung nd Unterhaltung bspw. durch Spielzeug, das öfters mal ausgewechselt wird, durch entsprechende Futterdarreichung (z.B. bekommen meine auch immer mal wieder einen bspw. ganzen Apfel, mit dem sie sich dann beschäftigen können), durch viel Freiflug und einen Kletterbaum mit Spielzeug und viel Klettermöglichkeiten.
Gerade bei Spielzeug und Futter steht aber der Abwechslung leider entgegen, das Graue als Gewohnheitstiere zunächst sehr zurückhaltend darauf reagieren können. Hier ist das Einfühlungsvermögen und Fingerspitzengefühl des Halters gefragt.
Auch muß man damit rechnen, das die Eingewöhnung des Vogels in ein neues Heim wochen- oder gar monatelang dauert.
Graue als intelligente und sensible Tiere reagieren natürlich auch empfindlich und auf das (Fehl-)Verhalten des Besitzers und zeigen dies u.U. durch extremere Reaktionen als Sittiche.
Wenn man einen Grauen aus Privathand übernimmt, muß man leider immer damit rechnen, das dieser Vogel Verhaltensstörungen aufweist, die eventuell durch eine art- und sachgemäße Haltung behoben werden können, eventuell aber auch nicht: dann muß man bereit sein, mit diesen Verhaltenstörungen zu leben, was im Einzelfall problematisch sein kann.
Bei einem Vogel, der zehn Jahre alleine gehalten wurde, ist mit hundert prozentiger Sicherheit damit zur rechnen, das er Verhaltenststörungen aufweist. Diese müssen allerdings für den Halter nicht unbedingt problematisch sein.
Die bekannteste Verhaltensstörung ist sicherlich das Rupfen, zu dem leider die Grauen besonders neigen.
Zwar ist es wohl so, das die meisten einzeln gehaltenen Grauen mit dem Rupfen mit dem Beginn der Geschlechtsreife
(also zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr) beginnen, jedoch gibt es auch immer wieder Beispiele, bei denen ein Vogel mit zehn, fünfzehn, zwanzig oder mehr Jahren erst damit begann. Auslöser für das Rupfen kann auch
durchaus ein Orts- und Halterwechsel sein.
Eine zweite mögliche Verhaltensstörung ist das anhaltende Schreien - ähnlich der Kontaktrufe der Nymphen, nur unter Umständen noch lauter und schriller - entweder, wenn die menschliche Bezugsperson den Vogel verlassen will oder aber bereits dann, wenn der Vogel meint, die menschliche Bezugsperson schenkt ihm zuwenig Aufmerksamkeit. Auch wenn Graue gemeinhin nicht unbedingt lauter als Nymphen sind, kann dies doch zu einem Problem mit den Nachbarn führen, abgesehen von der eigenen nervlichen Belastung.
Eine weitere "Verhaltensstörung"(der Begriff trifft es u.U, nicht ganz, ich bleibe aber mal dabei) kann das Beißen und Hacken sein bis hin zu Attacken auf Menschen.
Ein gelegentliches Hacken ist normal und oft auch wohlbegründet: wenn man bspw. beim Kraulen einen Federkiel berührt und dies den Vogel schmerzt oder wenn man den Vogel kraulen will und er nicht in der Stimmung dazu ist. Solches Hacken ist von halter m.E. zu akzeptieren und dieses Verhalten zeigen auch oft paarweise gehaltene Vögel gegenüber ihrem Partner.
Etwas anderes ist es jedoch, wenn der Vogel oft oder sogar immer nach der hingehaltenen Hand hackt, dies vielleciht sogar als ein Spiel ansieht (angeblich, weil er sich an den Schmerzenslauten es Menschen erfreut, wie es in machen Büchern heißt) und dabei auch sehr fest zubeißt. Ursache für ein solches Verhalten kann ein Fehler bei dem Versuch der Zähmung sein: da möchte man, das der Vogel einem auf die Hand steigt und hält sie ihm deshalb hin. wenn aber der Vogel sich tatasächlich der Hand nähert und vielleicht die unbekannte Hand erst einmal mit dem Schnabel erforschen will, verläßt einem der Mut und man zieht die Hand schnell wieder zurück. So etwas ist natürlich äußerst frustrierend für den Vogel, der die ganze Aktion nicht verstehen kann und führt nicht selten dazu, das der Vogel später stets zur hingehaltenen hand hackt. Dann bedarf es guter Nerven, um ihn dieses Verhalten wieder abzugewöhnen und ihm zu zeigen, das die hand etwas ist, dem er vertrauen kann.
Noch problematischer kann es sein, wenn der Vogel seinen Käfig als sein Revier ansieht, in dem der Mensch nichts zu suchen hat, so das er eine hineingesteckte Hand angreift.
Zwar soll der Käfig auch dem Vogel Schutz und Sicherheit vermitteln, doch ist es bei Großpapageien m.E. unumgänglich, das sie das Hineingreifen in den Käfig akzeptieren.
Schließlich kommt es vereinzelt auch mal zu Attacken eines Grauen auf Menschen, vor allem dann, wenn der Vogel einen
menschen als seinen Geschlechtspartner ansieht und entsprechend eifersüchtig und aggressiv auf andere Menschen, insbesondere FreundIn/EheparterIn/LebensgefährtIn reagiert. In solchen Fällen muß auch der Betroffene mit Großpapageien umzugehen wissen (ich selbst habe dieses Problem mit Charlie gehabt, dessen bezugsperson meine Freundin Maike ist und der verschiedentlich (schein-)Angriffe auf mich flog).
Letztlich entstehen solche Verhaltensweisen auch aufgrund falscher oder fehlender "Erziehung". Wenn auch Graue keine Rudeltiere wie Hunde sind, sondern Schwarmtiere und sich somit niemals derart dem Rudelführer unterordnen, so gibt es dennoch auch bei ihnen eine soziale Rangordnung und des ist wichtig, das der Mensch stets ranghöher als der Vogel: ein Grauer, der sich als Boss im Schwarm sieht, wird schnell zum Tyrannen im Wohnzimmer, der durchaus mit heftigen Bissen auf Menschen reagiert, wenn die etwas tun, was er nicht will. Bei einem Vogel dieser Größe führt das aber zu ernsthaften Schwiergkeiten.
Allerdings muß man sich bewußt sein, das es immer mal wider zu Auseinandersetzungen über die Rangordnung kommen kann, denn sie ist innerhalb eines Schwarms kein statisches Gebilde.Einige halten Graue für "unberechenbar" oder "link": das stimmt zumindest insoweit, als das ihre Körpersprache häufig weniger eindeutig und für den Menschen
interpretierbar ist als bspw. die Körpersprache der Amazonen. Von daher kann es leicht einmal zu Fehleinschätzungen des Halters kommen, auf die ein Grauer dann mit einem Hacken reagiert. Besondere Aufmerksamkeit ist deshalb im Umgang mit dem Vogel zumindest in der ersten Zeit notwendig. Auch muß man ja erst selbst lernen, die Signale des Grauen zu deuten.
Weitere Verhaltenstörungen, die aber zumindest für den Halter weniger problematisch sind , ist das Füttern des Menschen, der Versuch, Hand oder Fuß zu begatten und eigentlich auch bei einzeln gehaltenen Papageien das Sprechen, denn es zeigt nur den Versuch des Vogels, mit dem artfremden Schwarm- oder Gschlechtspartner in stimmliche Kommunikation zu treten.
Auf alle Fälle mußt Du darauf vorbereitet sein, dem Grauen einen großen Teil Deiner Zeit zu widmen und das über jahrzehnte. Eigentlich kann ein berufstätiger Mensch kaum einen Einzelvogel halten.
Graue sind leider nicht nur psychisch recht empfindlich, sondern auch körperlich: gerade bei einer Wohnzimmer bzw. Innenvolierenhaltung sind Erkrankungen recht häufig - Aspergillose, PBFD, Leber- und Nieren, Mangelerscheinungen.
Als vorrangig waldbewohnende Vögel der Tropen benötigen sie eine vergleichsweise hohe Luftfeuchtigkeit (60% - 70%), die gegebenfalls nur unter Einsatz eines Lufbefeuchters zu erreichen ist.
Wie alle Vögel brauchen sie auch ungefiltertes Tageslicht zur Starkung des Immunsystems bzw. der körpereigenen Vitaminsynthese, auch hier eventuell wieder durch den Einsatz spezieller Lampen.
Viel Freiflug dient nicht nur der Beschäftigung des Vogels, sondern auch der Stärkung der Muskulatur, der Kondition und der Atmungsorgane und wirkt damit wesentlich krankheitsvorbeugend, gerade vor Aspergillose. Problematisch wird dies bei Vögeln, deren Flügel gestutzt waren oder die selten/nie aus ihrem Käfig kamen, denn die sind erst wieder mühsam an das Fliegen zu gewöhnen (wie ich aus eigener Erfahrung mit meinem immer noch flugfaulen Alf weiß). Es ist aber alleine zur Gesundheitserhaltung des Vogels unbedingt anzustreben, auch wenn dies auf der anderen Seite bedeutet, das das Wohnzimmer mehr leidet

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Schließlich das Futter: ein großer Teil der Fertigmischungen im Handel sind leider nicht geeignet, sei es, weil sie Erdnüsse enthalten oder einen zu großen Sonnenblumenkernanteil (Schimmel und Fett).
Erdnüsse sollten höchstens als leckerbissen gereicht werden, dann möglichst nur solche, die für den menschlichen Verzehr bestimmt und geschält sind.
Das Futter von Grauen kann und soll zwar einen etwa größeren Fettanteil enthalten als das von Amazonen, dennoch sollte der Sonnenblumenkeranteil 30% nicht übersteigen, am besten nur 20% (ich habe immer wieder festgstellt, das Graue
Sonnenblumenkerne allen anderen Sämerein vorziehen).
Die Körnermischung sollte abwechslungsreich mit möglichst vielen verschiedenen Sämereisorten sein, wobei durch eine Rationierung des Futters auf den Tagesbedarf sichergestellt wird, das der Vogel auch von allen Sämereien etwas aufnimmt.
Luft (s.u.) schlägt vor, 30% Kardi, 20% Sonnenblumen. 10% Getreide, 10%Mais, 10% Hülsenfrüchte, 10%Nüsse, 5% Hafer und 5%Kleinsämereien. Wie groß der Anteil der ölhaltigen Sämereien sein kann ob geringer als in dieser Futtermischung (bspw. durch verzicht auf die Nüsse), hängt allerdings auch wesentlich davon ab, wieviel Bewegung (Flug) der Vogel hat. Überfressen ist leider möglich: auch wenn vielfach geraten wird, das der Vogel stet s Körnerfutter zur verfügung haben sollte, vertrete ich eher die Ansicht, das das Futter rationiert sein sollte.
Kochfutter (aus Hülsenfrüchten, Reis, verschiedenen Gemüsesorten) bereichtert den Speiseplan zusätzlich, ebenso Keimfutter, wenn dieses garantiert schimmelfrei ist, ansonsten lieber auch Quellfutter zurückgreifen. Koch- und
Keimfutter bieten zudem die Möglichkeit, pulverförmiges Zusatzfutter oder Medikamente gezielter zu verabreichen.
Aus dem gleichen Grund erscheint es mir auch günstig, den Vogel an milchfreie Babybreie (eventuell mit Obst- oder Gemüsesaft angerührt (s.u.) oder Gemüse- und Obstbreie für Kleinkinder zu gewöhnen: auch sie sind im Bedarfsfall ideale Träger für Vitamin- und Mineralstoffpulver oder Medikamente.
Mindestens 30% bis 50% des täglichen Futters sollte aus Obst, Gemüse und Grünfutter in allen Variationen bestehen.
Frißt der Vogel zuwenig davon, so kann man versuchen, dies einerseits durch Obst- und Gemüsesäfte statt Trinkwasser (oder, falls er es mag, durch die erwähnten Breie) auszugleichen, andererseits wird man auf ein Vitamin- und Mineralienzusatzfutter wie AviConcept oder Korvimin ZVT, eventuell auch Vitacombex zurückgreifen müssen.
Auch Graue brauchen tierische Proteine: daher sollte man ihnen einmal in der Woche, Quark oder Joghurt, einen gekockten Knochen zum Benagen, gemahlenes Hundetrockenfutter unter das Kochfutter gemischt (manchmal wird auch Hundedosenfutter empfohlen) oder aber ein Insektenfutter für Weichfresser anbieten.
Natürlich darf auch Grit nicht fehlen sowie frische Zweige zum Benagen.
So, ich hoffe, ich habe jetzt nichts wesentliches vergessen.
Irgendwer hat einmal geasgt, wenn man Katzen hält, wird man zum Untermieter in seiner eigenen Wohnung - ich glaube, für die Papageien- und Sittichhaltung im Wohnzimmer gilt gleiches, erst recht für die Haltung von Großpapageien.
Das beste der mir bekannten Büchern über Graue ist von Stefan Luft: Der Graupapagei - Lebensweise, artgemäße Haltung und Zucht, NaturBuchverlag, das sich auch sehr kritisch mit der Haltung dieser Papageien auseinandersetzt.
Soweit ich weiß, ist es aber nur noch in Restexemplaren erhältlich (ich habe es noch über Ricos Futterkiste
Ricos Futterkiste bekommen. Auch empfehlenswert ist Wolfgang De Grahl, Der Graupapagei, Ulmerverlag. Meines Erachtens ist eine gewisse Vorsicht aufgrund einiger Fehlinformationen und sehr undifferenzierter Anschauungen gegenüber den Büchlein von Annette Wolters aus dem Gräfe und Unzer-Verlag angebracht, das aber dennoch auch eine Fülle guter Tips erhält: allerdings, so einfach, wie die Autorin es darstellt, ist die Haltung von Grauen nicht!
Sehr hilfreich bei der "Erziehung" vor allem von Charlie erwiesen sich die englischsparchigen Artikel von Liz Wilson (http://www3.upatsix.com/liz/index.html).
Weitere Sites zu Grauen:
http://www.happy-parrot.com/
http://www.netmarkt.com/papageien/graupapagei/graupapageien2.htm
http://members.aon.at/papageienfreunde/
http://www.africangreys.com/german/contents.htm
http://members.aol.com/btrfly66/
http://www.talknet.de/~magu/
So, das soll erstmal reichen

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Berichte mal, wie es weiter gehen soll!
Schönes Wochenende noch!