Moin Anke,moin Andrea!
Naja, ich muß auch zugeben, daß Tauben aus vogelhalterischer Perspektive bei mir nur geringes Interesse wecken, ähnlich wie Hühner und Enten. Das gilt aber auch für exotische Taubenarten.
Meine einzige konkrete Erfahrung hatte ich mit einer völlig entkräfteten Brieftaube, die wir gefunden hatten und die ich - da sehr zeitig im Frühjahr - in meine noch unbesetzte Gartenvoliere gesetzt und dort aufgepäppelt habe. Über das Tierheim konnte auch der Besitzer ermittelt werden, der aber den Vogel nicht wiederhaben wollte, da er angeblich nun "verdorben" sei. Die Taube ist dann ins Tierheim gekommen, da in die
Voliere wieder meine Exoten sollten.
Ich muß mir also Deinen Vorwurf gefallen lassen.
Dagegen fand ich schon immer, daß die Beobachtung der Taube als Wildvögel wie überhaupt die Beobachtung von Wildvögeln lohnt: wir haben bereits viele Jahre bei uns im Garten ein Ringeltaubenpärchen, das auch regelmäßig brütet.
Es war gar nicht so einfach, Nachbarn davon zu überzeugen, daß es sich hierbei nicht um
Statdttauben handelt und man sie nicht vertreiben sollte.
Du siehst, auch bei uns ist die Einstellung gegenüber Stadttauben kritisch.
Ich glaube auch, daß es mancherorts ein
"Stadttaubenproblem" gibt, gegen das man etwas tun muß.
Aber ich bin sicherlich auch dem Negativbild von der Statdttaube als "fliegender Ratte"
und der vielleicht übertriebenen Darstellung der von den Tauben verursachten Probleme wie es die Medien verbreiten erlegen.
Offizielle "Tötungsaktionen" habe ich lange Zeit für ein notwendiges Übel gehalten (etwas völlig anderes war und ist es für mich, wenn irgendein Privat"mensch" aus eigenem Gutdünken Tauben bspw. vergiftet!).
Dies wandelte sich erst, als ich erfuhr, das es auch Alternativen gibt bzw. entwickelt wurden wie bspw. der Versuch mit den Verhütungsmitteln (von dem ich auch äußerst unterschiedliche Sachen gehört habe).
Wenn Du, Anke, schreibst, das Tauben keine Lobby, nicht mal unter Vogelfreunden, so würde ich sogar weitergehend sagen: gerade nicht unter Vogel- oder Tierfreunden, die wie ich vielleicht nur höchst mangelhaft informiert sind.
Dabei habe ich allerdings immer zwischen dem einzelnen Individuum, daß meiner Hilfe bedarf, und der Art, deren Population vielleicht einer Regulierung notwendig macht, unterschieden. Das kann man Inkonsequenz auslegen, aber dann muß ich mir eben auch diesen Vorwurf eben auch gefallen lassen.
So habe ich auch schon eine angefahrene Lachmöwe zum Tierarzt gebracht, die bei uns kaum einen besseren Ruf als die Tauben genießen und deren Art soweit ich informiert bin auch keines besonderen Schutzes bedarf.
Und - das klingt vielleicht lustiger als es gemeint ist - ich bremse auch für Tauben.
Das die Bereitschaft zur Hilfeleistung gegenüber verletzten Tauben so gering ist, liegt sicherlich auch wieder an ihrem negativen Image: so gelten sie bspw. im Gegensatz zu anderen Vögeln als Träger von Krankheitserregern.
Allerdings ist doch selbst die Hilfeleistung bei verletzten Hund, Katze, Mensch kaum ausgeprägter.
Nicht selten werden Kinder, die sich spontan um ein verletztes Tier kümmern wollen, von ihren Eltern unter Hinweis auf die tatsächlichen oder eingebildeten Gefahren zurückgehalten - diese Einstellung kann sich bei ihnen als Erwachsene wiederfinden.
Hinsichtlich des absichtlichen Quälens von Tauben denke ich, daß Menschen, die das tun, auch andere Tiere quälen würden. Tauben aber sind wie Wassergeflügel einfacher zu fangen und werden eben deshalb häufiger gequält.
Weshalb es Menschen gibt, die das tun, ist eine Frage, für die man in den unterschiedlichen individual- und sozialpsychologischen sowie soziologischen Theorien und Modellen viele verschiedene Antworten bekommt, ebenso wie für die Frage, warum sich Menschen abwenden statt Hilfe zu leisten.
Ich hoffe aber, es gelingt Euch, in diesen Foren viele auch bei mir sicherlich vorhandene Vorurteile gegenüber Tauben auszuräumen.
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Tschüss Rüdiger
[Diese Nachricht wurde von Rüdiger am 14. Februar 2000 editiert.]