Original geschrieben von Evetina
Grundsätzlich (ich studiere Veterinärmedizin) kann ich folgendes zu der Thematik sagen: leider ist es so, dass zumindest hier in Wien zwar schon eine Grundausbildung zum Thema Geflügel stattfindet, diese beschränkt sich aber zumeist auf Nutzgeflügel
Hallo Evetina,
leider ist das nicht nur in Österreich so. Auch in Deutschland beschränkt sich die Ausbildung von Veterinären fast ausschließlich auf Nutztiere mit ein "klein wenig Hund und Katz" so nebenbei. Kleine Haustiere wie Meeris, Kaninchen und auch Ziervögel laufen unter "ach ja, die gibt's auch noch".
Wenn der in der Ausbildung stehende angehende Tierarzt bzw. auch der "fertige" Tierarzt sich nicht selber weiterbildet, immer wieder informiert, auf Symposien geht, viel liest und sich medizinwissenschaftlich auf dem Laufenden hält, dann hat er von diesen kleinen Tieren praktisch keine Ahnung!
Natürlich muss man den Unterschied sehen. Ein Menschenarzt spezialisiert sich irgendwann auf ein medizinisches Gebiet, eine solche Spezialisierung ist bei Veterinären (derzeit noch) nicht vorgesehen - obwohl manche Tierärzte es mittlerweile machen. Ein Tierarzt soll also theoretisch ein Schwein genau so gut behandeln können wie einen Welli (wenn man so die TA-Serien im TV betrachtet, geht das auch
). Ich kann akzeptieren, wenn das nicht so ist.
Aaaaber, was ich nicht akzeptieren kann und will ist, dass ein TA nicht in der Lage ist einzugestehen, dass er das Tier nicht bzw. nicht richtig diagnostizieren und behandeln kann! Es ist doch keine Schande, nicht alles zu wissen, oder? Wenn ich schon diesen Spruch "da geb ich ihm/ihr mal was zum Aufbauen" höre
!
Es gibt allerdings halt auch Tierbesitzer, die wollen gar nicht wissen, was der TA verabreicht und warum. Nicht jeder hinterfragt, warum gerade das jetzt gemacht wird. Ich gestehe, ich hatte früher auch mehr Vertrauen in das Allwissen der TÄ, heute bin ich kritischer geworden und hinterfrage mehr - und bilde mich selber durch Zugehörigkeit diverser Listen im Internet weiter.
Auslöser war die Diagnose "Ballenabszess" bei einem meiner Meeris, wobei sich die (angeblich meerikundige) TÄ das Tier nicht einmal richtig angesehen hat. Nach 4 Wochen ohne Verbesserung (eher Verschlechterung) ging ich mit dem Tier zu "meiner" TÄ, dort wurde gründlich untersucht und die Diagnose "Krebstumor" gestellt und operiert. Es war ein Tumor, bösartig und stark streuend, lt. Laborergebnissen. Ob die OP "alles erwischt" hatte, war unklar. Aber es war mir die 500 DM wert, dem Tier eine Chance gegeben zu haben. Es hat übrigens noch über 2 Jahre ohne Probleme gelebt, verstarb dann leider bei einer Halsabszess-OP durch Atemstillstand im Alter von knapp 6 Jahren. Hätte ich weiter auf "schwer heilendes Ballenabszess" behandelt, wäre sie sicherlich viel früher gestorben...
So lange bei vielen Tierhaltern die Meinung "da ist die Brüh teurer wie die Brocken" (wegen einem Welli/Meeri o.ä. geh ich nicht zum TA, da kauf ich halt ein neues) besteht, wird sich nicht viel ändern. Ein TA, der sich engagiert, wird sich weiterbilden. Und ein "guter" TA wird zugeben, wenn er etwas nicht weiss. Und so einen TA kann ich dann auch weiterempfehlen.
Einem TA, der sich gerade erst selbständig gemacht hat, also noch jung ist, muss man eine Chance geben. Auch einmal eine Chance zum "Experimentieren". Wobei ich hier nicht meine, ihn einfach draufloswursteln zu lassen! Versteht mich nicht falsch! Sondern ihm die Chance geben, sich selbst mit einem Spezialisten in Verbindung zu setzen und mit diesem die (mögliche) Diagnose zu diskutieren und die Behandlung abzusprechen. Wie sonst soll der (junge) TA lernen und Erfahrung sammeln?
Mit dieser Methode ("Ich hätte gerne, dass Sie sich mit Dr. xy in Verbindung setzen, um das Problem abzuklären ...") habe ich im Bezug auf Meeris bisher gute Erfahrungen gemacht...