Moin allerseits,
als Autor des oben genannten Artikels moechte ich mich kurz in die Diskussion einklinken. Richtig ist sicher, dass sich die Systematik nach Wolters nie richtig durchgesetzt hat. Das heutige Referenzwerk ist eher "Distribution and Taxonomy of Birds of the World" von Sibley/Monroe. Dabei muss man darauf hinweisen, dass das nicht zuletzt damit zu tun hat, dass es eine deutsche Publikation auf dem internationalen Markt schwerer hat als eine englische. Es ist also nicht notwendig ein Hinweis auf ueberlegene Qualitaet. Die AZ hat sich offenkundig vor geraumer Zeit dazu entschlossen, die Systematik von Wolters zu nutzen und tut gut daran, das auch weiterhin zu tun. Nicht notwendigerweise, weil sie korrekter ist, sondern weil sich so eine gewisse Konsistenz gewaehrleisten laesst. Neben dem Ziel, verwandtschaftliche Beziehungen darzustellen, ist es eine der Hauptaufgaben und nicht zuletzt Intention des Erfinders, Lebewesen mit einem eindeutigen und in der Wissenschaft universell gueltigen Namen zu versehen. Diese Idee impliziert, dass man einen einmal vergebenen Namen nicht mehr aendern sollte. Allerdings ist die Systematik gerade in juengster Zeit durch neue Methoden (etwa DNS-Vergleiche) einer gewissen Dynamik unterworfen, die Aenderungen noetig macht, um eben die Verwandtschaftsverhaeltnisse moeglichst getreu wiederzugeben. Dieser Prozess verlaeuft nun nicht immer so, dass XY neue Erkenntnisse publiziert, die die ganze Wissenschaftswelt a) zur Kenntnis nimmt und b) auch akzeptiert. Daher gibt es einerseits eine gewisse zeitliche Verzoegerung zwischen Publikation und angemessener Rezeption und andrerseits einen gewissen Widerstand internationaler Organisationen, etablierte Namen zu aendern, um Verwirrung zu vermeiden (man stelle sich vor, das WA wuerde jaehrlich die Nomenklatur anpassen, das wuerde manchen Zollbeamten zurecht ueberfordern, denn fuer ihn waere eine Verwandlung
Aratinga aurea zu
Eupsittula aurea ohne begleitende Information nicht nachvollziehbar, wie gerechtfertigt sie auch immer sein mag). Manche Art oder Gattung koennte man naemlich alle paar Monate umbenennen, wenn man immer nach der juengsten Publikation ginge. Um eine gewisse Transparenz zu gewaehrleisten, geben serioese Quellen stets an, nach welcher Systematik sie in ihrer Aufstellung verfahren sind. So ist zum Beispiel unter
http://www.itis.usda.gov/contrib.html
sehr genau nachzulesen, welche Referenz fuer die jeweilige Tiergruppe verwendet wurde.
Nun zueruck zu dem Problem
Psittacara/Aratinga. In obigem Artikel habe ich einige Gruende dafuer aufgefuehrt, warum es meiner Meinung nach wahrscheinlich ist, dass die Gattung
Psittacara in den naechsten Jahren eine Renaissance erfahren wird. Im Detail moechte ich das hier nicht wiederholen, aber eine vergleichende DNS-Analyse neotropischer Sittiche eines brasilianischen Forscherteams legt den Schluss nahe, dass
Cyanopsitta verwandtschafttlich naeher zu den Sittichen der Arten-Gruppe
Eupsittula steht als diese zu
Psittacara. Daraus ergeben sich nun folgende moegliche Konsequenzen: entweder Zusammenschluss von "
Aratinga (alt)" und
"Cyanopsitta" oder Aufspaltung von "
Aratinga (alt)", so wie
Rudi es schon wiedergegeben hat. Der Vollstaendigkeit halber sollen auch die Gattungen
"Thectocercus" (Aratinga acuticaudata) und
"Guaruba" (
Aratinga guarouba) noch erwaehnt werden. Ein vorlaeufig abschliessendes Ergebnis wird wohl in den naechsten Jahren zu erwarten sein, doch halte ich es fuer extrem unwahrscheinlich, dass der Spix-Ara demnaechst ein
Aratinga wird. Wie wenig man im uebrigen ueber die alte Gattung Aratinga weiss, zeigt, dass in den letzten Jahren der Status von drei Formen neu bewertet wurde:
Aratinga pintoi,
Aratinga [Psittacara] brevipes und
Aratinga [Psittacara] alticola sind drei neue Arten, an die man sich wird gewoehnen muessen. Weitere Aenderungen insbesondere im
Aratinga [Eupsittula] pertinax - Komplex, bei
Aratinga [Psittacara] holochlora und eben auch
Aratinga [Psittacara] wagleri sind nur eine Frage der Zeit.
Damit moechte ich nach diesem langen Vortrag auch noch einen Beitrag zu der eigentlichen Frage dieses Themas leisten. Meines Erachtens handelt es sich bei dem abgebildeten Vogel um einen Perusittich (frontata). Als Indiz dafuer moechte ich die fleischfarbenen Fuesse des abgebildeten Tieres heranziehen. Natuerlich waeren in diesem Fall 36 cm Laenge zu wenig, aber wie bei jedem anderen Tier auch variiert die Groesse von Individuum zu Individuum, und ohne
Uhu nun Unvermoegen unterstellen zu wollen, ist eine Vermessung an einem lebenden Tier sehr schwierig. Die Masse, die man Buechern entnehmen kann (etwa Forshaw), stammen in der Regel von Baelgen. Die Vermessung eines lebenden Vogels erfordert nicht nur das Wissen, wie und was man eigentlich misst (an einem lebenden Vogel; jeder von uns kann wohl einen Klappmeter bedienen), sondern auch viel Erfahrung im Umgang mit dem sich in der Regel nicht in sein Schicksal ergebenden Vogel. Mein Rat an
Uhu ware also, sich die Fuesse genau anzusehen. Die von minor sind grau-braeunlich, die von
frontata fleischfarben. Die Iris von
minor ist meist braeunlich, die von
frontata blaeulich. Einen Ex-Vogel von
Rudi (vermute ich) habe ich auf meiner HP
http://www.aratinga.de abgebildet. Zu entschuldigen bitte ich, dass die HP nicht auf dem neuesten Stand ist. Ich habe daran seit Jahren keinen Handschlag mehr gemacht und einige Bilder-Links sind offenbar kaputt.
Beste Gruesse
G. Schneider