( Falconlady : Sag mal wie machst du das mit dem Tarnzelt? Lässt du es dort einfach stehen bis nächste Woche?)
Die Geschichte fängt eigentlich schon im Winter an. Wenn die Bäume das Laub abgeworfen haben, achte ich nicht nur auf alles was sich bewegt, nein ich halte meistens auch ausschau nach alten großen Nestern. Wenn man etwas Glück hat findet man ein Krähen oder gar ein Bussard Nest. Bussarde brüten gerne in alten Krähennestern die sie erweitern bzw aufstocken. Hat man nun noch das Glück das sich die Nester nicht allzu hoch in den Bäumen befinden, hat man im Frühjahr vielleicht Erfolg.
Einige schon mehrmals benutze Bussardhorste, die ich schon seit Jahren kenne, befinden sich alle in unerreichbarer Höhe. Sie sind fast alle in Pappeln und über fünfzehn Meter oder höher in Astgabeln gebaut. Wenn das Laub dann immer dichter wird sieht man meistens noch nicht einmal den Horst mehr. Diesen Winter habe ich fünf neue Stellen entdeckt, wo vielleicht etwas klappen könnte.
Mitte April habe ich diese Stellen wieder aufgesucht. Obwohl ich mir genau aufschreibe wo sich die Horste/Nester befinden, fand ich nur vier wieder. Nur bei einem strich ein Bussard ab, als ich mich dem Baum näherte. Bei den
anderen drei war nichts festzustellen. Eine Woche später das Gleiche noch einmal. Auch diesmal flog ein Bussard weg, als ich mich dem Baum näherte. Da ich nicht wusste, ob die Bussarde noch brüten oder schon Junge im
Nest sind, beschloss ich noch drei Wochen zu warten. So konnte ich ausschließend, dass sich bei eventuellen Brüten die Eier zu stark abkühlen. Dazu kommt noch, dass die Bindung der Alttiere zu Jungtiere stärker ist, als
zu Eiern. Sind die Jungen noch nicht geschlüpft, so kann es vorkommen, dass die Alten das Nest bei Störungen aufgeben.
Also habe ich die Ort erst wieder am 25 Mai aufgesucht. Wieder strich ein Altvogel ab. Mit dem Feldstecher suchte ich eine Stelle, wo ich einigermaßen in den Horst sehen konnte. Nach ungefähr fünfzehn Minuten erschien ein
weißer Kopf über den Rand. Jetzt wusste ich genug und die Vorbereitungen konnten beginnen. Zwei Tage später war ich weder vor Ort und habe mir einen Platz für das Tarnzelt ausgesucht. Freie Sicht auf dem Horst gab es
natürlich nirgendwo.
Die Stelle wo sich der Horst befindet, liegt am Rand vom Tagebau. Es ist ein kleines Waldstück hundert mal zwanzig Meter. Der Rand des Tagebau befindet sich vielleicht noch fünfhundert Meter davon entfernt. Spätestens im Herbst wenn die Brutzeit vorbei ist, fällt auch dieses Waldstück wie auch schon die leergeräumten Ortschaften den Baggern zum Opfer. Der Horst dürfte zehn Meter hoch sein und befindet sich in einer Pappel von acht bis zehn Meter Höhe.
Nachdem ich mir einen Platz für das Zelt ausgesucht habe, begann die eigentliche Arbeit. Die Stelle liegt Luftlinie ungefähr fünfundzwanzig Meter vom Horst entfernt. Eine Fichte wurde mit Hilfe eines Flaschenzugs einen Meter aus der Sichtbahn gezogen. Verschiedene Äste wurden nach unten gezogen und ebenfalls fest gebunden. Das Ganze durfte nicht zu lange dauern um die Altvögel nicht zu sehr zu beunruhigen. Nach einer Stunde war dies alles geschafft und ich auch.
Zwei Tage später wurde das Tarnzelt aufgebaut. Ein Tarnnetz kam noch darüber und dann wurde das ganze mit Holunderästen verblendet. Das hat den Vorteil, wenn der Holunder immer mehr verdörrt kommt das Tarnzelt
jeden Tag etwas mehr zur Sicht und die Bussarde gewöhnen sich recht gut daran.
Heute morgen habe ich das Tarnzelt das erste mal aufgesucht. Bevor ich das Waldstück betrat, wartete ich erst eine Stunde bis ich wusste, dass beide Altvögel abgeflogen waren. Glücklicher weise saß der eine Altvogel im Feld auf einer Pumpstation und der Zweite flog zur Futtersuche raus. Jetzt musste alles recht schnell gehen. Rucksack auf dem Rücken, Wanderstativ über die Schulter und Klappstuhl unter Arm. Meine größte Sorge waren nun schaffe ich es bis in Zelt bevor einer der Beiden mich entdeckt, und steht das Zelt überhaupt noch, nachdem es in den letzten Tagen recht windig bei uns war.
Das Zelt stand noch wie eine Eins, und sah noch recht gut aus. Endlich im Zelt vorsichtig ein Fenster ein wenig geöffnet und mein Stativ aufgebaut. Denkste Evil or Very Mad, ich bekam den Fuß nicht in den Boden. Mit aller
Kraft und meinen 1?? Kilo, bekam ich die Spitze nicht zum stehen. Das darf nicht wahr sein, war mein erster Gedanke. Taschenlampe raus und den Boden untersucht. Ich hatte das Zelt in unmittelbarer Nähe zu einem Brunnen aufgebaut. Das Waldstück ist ein stillgelegtes Wasserwerk, und dort waren an mehreren Stellen Brunnenschächte. Da hatte ich nun wirklich nicht gerechnet, unter der Erde zehn cm tief befand sich Beton.
Mit einem Zelthering habe ich nun den Boden im Zelt immer ein Stück weiter untersuchte. Nach einigen versuchen ließ sich der Hering ganz in den Boden schieben. Das ganze war für mich ein Rätsel habe ich doch das Zelt auch mit Heringen versehen, ohne das ich dabei auf ein Hindernis gestoßen bin. Ich konnte nur hoffen, das das Stativ auch in Schräglage stabil genug war und nicht zu sehr wackelt.
Um halb zehn war soweit alles aufgebaut und nun begann das große Warten. Immer wieder erschien ein weißer Kopf am Rand, aber viel zu kurz um ein Foto zu machen. Dann fast eine Stunde passierte gar nichts. Hatten die Alten etwas mitbekommen oder konnten sie mich doch irgendwie durch den Stoff sehen?
Auf einmal landete ein Altvogel, ich glaube es war das Weibchen auf dem Horst. Es kam von der anderen Seite genau wie ich es erhofft hatte. Von meiner Seite war die Astgabel sehr eng, um eine Landung zu ermöglichen.
Nun hatte ich den Altvogel im Hintergrund und die Jungen im Vordergrund genau vor der Linse. Leider habe ich immer nur ein Junges gesehen, ich glaube es sind auch nicht mehr da. Der Altvogel hatte etwas mitgebracht was er an das Junge verfütterte. Er blieb dann noch eine dreiviertel Stunde auf dem Horst. Nur in dieser Zeit turnte das Junge oben kräftig herum. Ein paarmal dachte ich schon er stürzt gleich ab. Nachdem der Altvogel den Horst verlassen hat, bin ich auch schnell aus meinem Zelt aufgebrochen. Der nächste Besuch wird wohl am nächsten Wochenende stattfinden.
Gruß Günter