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Es gab Zeiten, da war es um das Monitoring besser bestellt. Vor der Wende arbeitete Ulli Dost für das epidemiologische Zentrum der staatlichen Hygieneinspektion der Deutschen Demokratischen Republik. Seine Aufgabe: jährlich zwei- bis dreitausend Proben von Wildvögeln an der Ostseeküste entnehmen. »Ich hatte einen Transporter, einen Barkas B1000, und unbegrenzt Sprit für die Touren«, sagt Dost.
"Wann ich arbeitete, war meinem Vorgesetzten egal. Hauptsache, die Anzahl Proben stimmte." Mit der Wende brach das Monitoring ein. Dost lebt heute als Rentner in Bergen auf Rügen. Immer wieder hat sich der Hobby-Ornithologe und Probenprofi dem 50 Kilometer entfernten Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit für die Probenentnahme zur Verfügung gestellt. Aber die hätten stets abgewunken:
"Wir haben kein Geld."
Fast nur geborgenes totes Getier wird untersucht, selten gesunde Vögel. Über die Verbreitung von H5N1 unter lebenden Tieren ist bis jetzt so gut wie nichts bekannt.
Karl Eduard Linsenmair, Präsident der Gesellschaft für Tropenökologie, geht sogar einen Schritt weiter:
"Noch steht überhaupt nicht fest, ob die Wildvögel das Virus tatsächlich verbreiten."
Anja Globig vom Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit bat ehrenamtliche Jäger und Vogelberinger, mit Tupfern Proben aus dem Rachen und der Kloake von frisch geschossenen Wildvögeln zu sammeln. In den 2500 Proben fand Globig 21-mal einen Vogelgrippeerreger.
Genauere Angaben über die getesteten Vogelarten, bedauert der Ornithologe Fiedler, hätten leider gefehlt: »Ich hab den Eindruck, das Virus schlummert schon an verschiedenen Stellen und bricht unter Bedingungen aus, die wir noch nicht ganz durchschauen.« Im Gegensatz zum Hausgeflügel erkranken Wildvögel sehr selten an H5N1. Selbst die 2200 toten Höckerschwäne von Rügen sind nur ein Bruchteil der Gesamtpopulation der Insel. Und in Hongkong, wo 1997 die Vogelgrippe unter domestiziertem Geflügel wütete, ist das Virus H5N1 unter Wildvögeln rar.
Forscher untersuchten 4700 Wildenten und fanden das Virus in gerade einmal sechs Tieren, die angeblich keine Krankheitssymptome gezeigt hatten. »Man müsste also rund
800 gesunde Tiere beproben, um einen Virusträger zu finden«, sagt Fiedler.
http://www.zeit.de/2006/10/N-Wildvgel?page=1