Hallo,
Hast du wohl auch nicht. Es sind in Krimis immer die Bösen, die anderer Leute Hund erschießen und hier eben Zielübungen auf Tauben machen.
Eine ziemlich dreiste Unterstellung in Richtung der Fernsehzuschauer, dass sie solche Schlüsse aus einer Krimiszene ziehen.
auch wenn ich die fragliche Sendung nicht gesehen habe und mich deswegen auf das beschränken muß, was ich hier als Wiedergabe gefunden habe, und obwohl ich mich freue, daß es sich bei dem Beitrag offenbar doch nicht um eigentliche "Abschußpropaganda" gehandelt hat, wie es der etwas tendenziöse Thread-Titel vermuten ließ, haben meines Erachtens diejenigen, die den Beitrag kritisieren, durchaus recht, während ich umgekehrt Deine Haltung für ziemlich ... nun ja ... "idealisierend" und damit realitätsfremd halte.
Zum einen ist es - wie auch schon von anderen Schreibern angedeutet - ein sehr großer Unterschied, ob ich zur sinnfälligen Verdeutlichung des "Bösen" in einem Filmcharakter diesen etwas tun lasse, über dessen Verachtungswürdigkeit ein breiter gesellschaftlicher Konsens besteht (= "Und der böse, böse Killer weidet jetzt den vor Schmerz winselnden Wauwau aus, während die Kamera voll auf die brechenden großen Hundeaugen hält!"), oder mich dazu eines Opfers bediene, vor dem Respekt eben - leider! - überhaupt nicht selbstvertändlich ist, das also ganz allgemein (wie ebenfalls bereits von anderen geschrieben) als "wertlos" betrachtet wird: Eine "Luftratte" verwandelt sich mit einem lauten Knall in ein Bündel blutiger Federn - na und?
Im erstgenannten Fall kapiert es auch der tumbeste Bauernbursch, daß der Täter ein ganz böser Finger ist. Daß Hunde "süß" sind und man so etwas nicht macht, weiß schließlich jeder. Tauben zu quälen, sie zu töten oder jedenfalls zu mißachten, ist dagegen leider für viele Menschen nichts besonders Schlimmes. Insofern ist die Ausgangslage, auf der die "Botschaft" aufsetzt, hier also schon nicht vergleichbar: Die Plakativität, die etwa ein Schuß auf Hunde oder Katzen besäße ("Wie kann man nur?"), und die wirklich jeden nicht völlig verrohten Menschen anrühren würde, ist im Falle ohnehin wenig geachteter "Luftratten" absolut nicht gegeben, und ich meine, _Du_ für Deinen Teil überschätzt den gemeinen Fernsehkonsumenten mittlerer Art und Güte ganz gewaltig, wenn Du glaubst, daß auch dieser allgemein in der Lage ist, das Unrecht zu begreifen, das sich aus der Tötung auch weniger geschätzter Lebewesen ergibt. Wäre es anders, ginge es den Stadttauben sicherlich besser. Indessen ist - jedenfalls meiner Erfahrung nach, dessen Bekanntenkreis sich sogar tendenziell eher weniger aus "Asis", sondern fast ausschließlich aus Akademikern mit überdies recht ausgeprägtem Judiz rekrutiert ;-) - die breite Mehrheit eben gerade _nicht_ für Tauben und fände es auch nicht sonderlich schade, wenn diese massenweise und erforderlichenfalls auch unter Schmerzen vernichtet würden.
_Solche_ Deppen - und das ist beileibe nicht bloß eine lediglich den dumpfen Bodensatz darstellende Minderheit! - nehmen nicht die (ohnehin nicht sonderlich subtile) Botschaft auf: "Schau mal, was für ein Schwein: Da saß das arme Taubi gerade noch selig pickend auf dem Boden, ohne irgendwem was zu tun - und dieser herzlose Mensch nimmt ihm einfach sein Leben!" Eine solche Transferleistung ist für weite Teile der Bevölkerung - und _gerade_ den regelmäßigen Fernsehkonsumenten - schon viel zu hoch. _Die_ sehen lediglich die vordergründige Handlung (die ich, wie gesagt, jetzt nur zwischen den Zeilen erahnen kann), und demnach einen Menschen, der eben etwas "vielleicht ein bißchen Uncooles, aber sonst doch ganz Normales" tut.
Und, um das klarzustellen: Mit "ganz normal" meine ich natürlich "vor dem Hintergrund der Umstände ganz normal". Daß es "nicht so ganz okay ist", statt auf leere Bierdosen, alte Eimer oder sonstwas auf ein Lebewesen zu schießen, weiß jeder. Auch der dumpfe Proll. Aber daß es zutiefst _verachtenswürdig_ ist, grundlos, das heißt ohne die zwingend gebotene Wahrnehmung eindeutig höherer und anders nicht zu schützender Interessen ein Leben auszulöschen, das kommt eben gerade _nicht_ rüber. Es sind also die Anforderungen, die an die Deutlichkeit dieser Botschaft zu stellen sind, die wir hier unterschiedlich beurteilen, und eingedenk der geistigen Fähigkeiten des Durchschnittsdeutschen, insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, daß hier auch noch so gut wie alle Altersklassen angesprochen wurden, _und_ weiter berücksichtigt, daß es nun auch nicht gerade maßgeblich die intellektuelle Elite des Landes ist, die ihre Freizeit vor dem Fernseher und insbesondere derartigen Sendungen totschlägt, bin ich durchaus der Meinung, daß Dein offenkundiges Vertrauen auf die geistige Eigenständigkeit, Mündigkeit, Reflexionsfähigkeit und weiß der Geier nicht noch alles reichlich blauäugig ist. Im übrigen sollte auch nicht die Wirkung der fraglichen Szene auf solche Zuschauer vergessen werden, die lediglich _zufällig_ und nur für kurze Zeit in die Sendung zappen, sie mithin aus dem Kontext herausgerissen erfahren und auf sich wirken lassen müssen.
Ich habe während meines Referendariats bei der Niedersächsischen Landesmedienanstalt mehr als einmal Gutachten darüber verfassen müssen, welche Sendungen - maßgeblich natürlich unter Berücksichtigung des Jugendschutzes, aber durchaus auch im Hinblick auf ihre potentielle Eignung, den Zuschauer ganz allgemein verrohen zu lassen und zu gleichgültigem, Gewalt als etwas ganz Normales hinnehmenden Menschen zu erziehen (Verstoß gegen die Menschenrechte ganz allgemein) - beanstandungswürdig waren und welche nicht. Ich kenne von daher auch die Kriterien, die insoweit an die Sorgfalt der Sender, aber eben auch die zu unterstellende Reflexionsfähigkeit respektive -bereitschaft des Publikums gestellt werden. Und ich darf Dir eines versichern: Sollte sich die Szene tatsächlich so dargestellt haben, wie es mir nach den Schilderungen der anderen Thread-Teilnehmer scheint, dann wäre das zwar sicherlich noch kein Grund für medienrechtliche Sanktionen gegen den Sender - das wäre denn doch ein allzu scharfes Schwert -, aber _ganz_ bestimmt mehr als genug Grund, jenen (etwa als gebührenzahlender Zuschauer) auf seine Verantwortung und nicht zuletzt den an ihn erteilten Erziehungs- und Bildungsauftrag aufmerksam zu machen, und zu fordern, daß der Zuschauerschaft derartige unüberlegte und sicher problemlos auch durch andere, die gewünschte Botschaft weitaus eindringlicher vermittelnde Bilder oder Skripts zukünftig erspart bleiben. Es beginnt nun mal im Kleinen, bei den scheinbar ganz nebensächlichen Dingen, die sich dafür aber - gerade bei etwas einfacher gestrickten Personen - um so nachhaltiger einprägen. Für Subtilität oder dramturgisch-unterschwellige Finesse ist in manchen "Formaten" gewissermaßen schon unter Berücksichtigung der mutmaßlichen Klientel schlicht und einfach kein Raum ;-) .
Von daher: Ein entsprechendes Schreiben an den Sender halte ich für alles andere als verkehrt, ja hatte sogar selbst darüber nachgedacht (was ich allerdings mangels genauerer Informationen über die konkrete Szene nicht tun werde). Sich hingegen durch sarkastisches, vermeintlich überlegenes "verständnisloses Schmunzeln" ob des fehlgeleiteten Aktivismus' anderer, offenbar empathischerer und überdies sogar "instinktiv" im Einklang mit den auch die NLM leitenden Grundssätzen befindlicher Menschen den Nimbus eigener Bodenhaftung und Vernunft zu geben, um seine Sichtweise in exakt demselben Atemzug durch die Verhaftung in einem Wunschdenken bezüglich der Tiefgründigkeit des Durchschnittszuschauers ad absurdum zu führen, wie es kaum weiter von der Realität entfernt sein könnte, ändert nicht nur nichts; es überzeugt auch nicht besonders.
Ich war nie ein Befürworter der real praktizierten (!) Political correctness, bei der geistlose Berufsbedenkenträger("Innen") wie der Pawlowsche Hund hysterisch zu kläffen beginnen, sobald - ungeachtet des jeweiligen Kontexts - irgendeines ihrer Lieblingsreizwörter fällt. Aber in einem hatten die geistigen Urheber dieser "Bewegung" dennoch recht: Es sind die Kleinigkeiten, über die sich unser Denken ändert. Begriffe. Oder eben Bilder. Dinge, die man scheinbar gedankenlos sagt oder tut, aber die gerade deswegen auch nicht bewußt gefiltert werden und damit viel nachhaltiger auf unsere Geisteshaltung Einfluß nehmen. Und eben leider auch auf die anderer Menschen.
So etwas wie diese Taubenszene war aus diesem Blickwinkel heraus zu subtil, um bewußt von _jedem_ als Riesenschweinerei gesehen zu werden. Wäre die Mehrheit der Durchschnittsmenschen tatsächlich geneigt, bei einer solchen Szene "Oooh, das arme Taubi!" zu rufen, bliebe den Stadttauben sicher viel Elend erspart. Ist sie aber bekanntlich nicht. Im Gegenteil: Viele finden es ja sogar "cool", Tauben zu treten oder auf sie zu schießen. In derartigen Menschen wird sich also kein Protest angesichts solcher Szenen regen. Sie _kämen_ ja gar nicht darauf! Was bleibt, ist also ein Typ, der auf irgend so 'ne "Luftratte" ballert (oder ballern läßt). So what.
Und damit kommt nicht nur die Botschaft nicht an; nein, so ganz nebenbei _wird_ das Mißbrauchen von Tauben als Zielscheibe auch noch als etwas ganz Normales, jedenfalls aber nichts sonderlich Schlimmes hingenommen.
Genau das wurde hier meines Erachtens kritisiert, und genau diesbezüglich hat der Sender hier total versagt. Zumal es offenbar auch völlig unnötig war! Es gab nämlich keinen sachlichen, dramaturgischen oder sonstwie gearteten vernünftigen Grund für diese Szene, dem nicht auch durch eine "pädagogisch unbedenklichere", gleichwohl im Hinblick auf alle anderen Aspekte mindestens gleichwertige Alternative hätte Rechnung getragen werden können. Sie war mithin tatsächlich durch nichts als bloße Gleichgültigkeit und mangelnde Sensibilität beziehungsweise mangelndes Problembewußtsein zu "rechtfertigen" und hätte somit _so_ besser gar nicht erst gedreht werden beziehungsweise spätestens dem Editing zum Opfer fallen sollen. Gegen weitere Fehlgriffe dieser Art würde ich mich demnach ebenfalls wehren: Sie sind unnötig, vermeidbar und potentiell schädlich. Wer das tatsächlich anders sieht, der sollte möglicherweise noch einmal sein Bild vom Sinn und Zweck der Sendeanstalten und/oder das vom real existierenden Fernsehkonsumenten sehr kritisch prüfen.
Gut's Nächtle,
CLink