Amsel mit Beinbruch - auf der Suche nach dem richtigen Handeln.

Diskutiere Amsel mit Beinbruch - auf der Suche nach dem richtigen Handeln. im Forum sonstige Vogelarten im Bereich Wildvögel - Guten Abend zusammen, aufgrund einer aktuellen Gegebenheit habe ich mich hier bei Euch im Forum angemeldet und würde gerne um Eure Meinung zu...
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Manfred80

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Guten Abend zusammen,
aufgrund einer aktuellen Gegebenheit habe ich mich hier bei Euch im Forum angemeldet und würde gerne um Eure Meinung zu folgendem Fall bitten:

In unserem Garten lebt schon seit längerer Zeit (3-4 Jahre) eine Amsel, die mittlerweile recht zutraulich geworden ist. So können wir uns ihr bis auf ca. 20-30 cm nähern ohne das sie weg fliegt. Sie wartet immer geduldig an der Futterstelle, fliegt uns auch manchmal zu jener hinterher. Berührungen vermeiden wir, da wir sie ja nicht zähmen möchten und auch nicht an Menschen gewöhnen möchten. Dennoch weiß sie mittlerweile, dass sie von uns nichts zu befürchten hat. Der Garten selbst ist eingezäunt, es können keine Katzen etc. Zugang erhalten.

Diese Amsel hat sich nun vor ca. 3 Wochen schwer an Ihrem Bein verletzt. Kurz nach der Verletzung war sie sehr scheu und floh sobald man nur in der Nähe war. Daher dauerte es eine ganze Weile bis wir von Ihrer Verletzung überhaupt etwas mitbekamen. Mittlerweile ist sie wieder zutraulicher und so konnte ich die Verletzung nun auch zum ersten Mal aus der Nähe begutachten (ca 40 cm entfernt).

Das eine Bein ist zu 100% gebrochen. Die Kralle hängt regungslos herunter, was die Amsel nicht sonderlich zu stören scheint, allerdings pickt sie das ein oder andere mal nach der Kralle - dies allerdings recht selten (bisher einmal beobachtet). Einen offenen Knochenbruch kann ich nicht ausschließen. Ich konnte etwas „helleres“ im Bereich des Laufgelenks ausmachen, es aber nicht direkt identifizieren, da ich nicht näher herangehen wollte um sie nicht zu verängstigen und/oder zu vertreiben.
Lag sie anfangs noch viel im Gras herum und konnte kaum auf einem Bein stehen, hat sie sich in der Zwischenzeit sehr gut adaptiert. Sie fliegt wieder auf Bäume, sitzt zwar auch sehr viel in der Sonne und im hohen Gras, kann sich aber auch gleichzeitig gut auf einem Bein fortbewegen und auch längere Zeit darauf stehen. Zur Nahrungsaufnahme und zum Trinken kommt regelmäßig an die Futterstelle, fliegt uns auch manchmal sogar hinterher, wenn wir neues Futter bringen. Sie sonnt sich im Gras und übernachtet manchmal auf der oberen Ebene im Carport, geschützt vor Wind und Wetter.

Nachdem wir nun nicht wissen ob es wirklich ein offener Knochenbruch ist/war und wie die Wunde tatsächlich aussieht fragen wir uns nun ob wir, nun da sie wieder zutraulicher ist, sie versuchen sollten einzufangen um dann mit ihr zum Tierarzt zu gehen. Einen vogelerfahrenen Arzt haben wir bereits ausgemacht (zumindest laut Empfehlung). Allerdings mache ich mir viele Gedanken ob dies wirklich der richtige Weg ist. So denke ich mir:

Pro Einfangen & Arzt
- Kontrolle der Wunde
- Versorgung der Wunde falls notwendig
- Evtl. Amputation der toten Kralle
- Versorgung in einer Auffangstation?
- Die Wunde könnte sich ohne Arztbesuch evtl. entzünden. Der Vogel zeigt evtl. erst spät, wenn es ihm richtig schlecht geht, Anzeichen von Schwäche. (Davon gehe ich derzeit aber nicht aus, da er in entspannten Situationen wie dem Sonnenbad einen aufgeweckten Eindruck macht. Er ist nicht niedergeschlagen, lässt den Kopf hängen oder gibt sonst Anlass zur Vermutung, dass es ihm besonders schlecht gehen würde. Das Gefieder sieht auch gut und gepflegt aus momentan.)


Contra Einfangen & Arzt
- Amsel scheint sich gut adaptiert zu haben, scheint mit der Verletzung seit gut 3 Wochen immer besser klar zu kommen
- Verletzung ist bereits einige Zeit her und der Stress/Nutzen Faktor von Einfangen&Tierarzt evtl. nicht gerechtfertigt und nur aus falschem, vermenschlichtem „Umsorgungsgedanke“?
- Amsel würde vermutlich in eine Auffangstation kommen und aus ihrer gewohnten Umgebung mit der sie gut zurecht zu kommen scheint herausgerissen werden. Oder dürfen die Tiere nach dem Arzt wieder zurück in ihr ursprüngliches Habitat?
- Frühere Erfahrungen mit einer verletzten Taube lassen mich des Weiteren befürchten an einen Tierarzt zu geraten der Wildtiere lieber gleich einschläfert. ....leider alles schon erlebt.
- Die Amsel ist zutraulich und scheint recht stressfrei hier zu leben. Ein Einfangen würde eine erhebliche Belastung bedeuten
- Durch den Stress beim Einfangen / Transportieren könnte auch eine evtl. schon in Heilung befindliche Wunde neu aufreißen und sich die Lage dadurch evtl. verschlechtern.


Ja, unter was leidet der Vogel nun mehr? Einfangen/Tierarzt/Auffangstation oder unter der zugezogenen Verletzung und eventuellen nicht absehbaren Folgen? Sollten wir unsere „Fürsorglichkeit“ in solch einem Fall lieber hinten anstellen und dem Vogel den Stress ersparen, wenn es ihm nicht eindeutig schlecht sonderlich schlecht geht? Sind wir berechtigt einen hoffentlich schönen Lebensabend in gewohnter Umgebung gegen Stress und Auffangstation einzutauschen?

Ihr merkt schon, das ist eine ganz schön schwierige Situation die mir viel Kopfzerbrechen bereitet. Daher würde ich mich einfach über ein paar Meinungen und Kommentare von weiteren Vogelfreunden und -erfahrenen freuen.

Besten Dank,
Manfred
 
Ein weiterer Contra Punkt:
- bekomme ich sie nicht gefangen, verscheuchen ich sie evtl. komplett aus ihrem jetzigen Habitat. Damit würde ich nichts erreichen und für sie die Lage vermutlich sogar verschlimmern.
 
Guten Morgen, Manfred.
Aus dem Bauch heraus würde ich alles so lassen wie es . Sie lebt dort einigermaßen geschützt und hat die Verletzung schon einige Wochen überlebt .
 
Auf jeden Fall alles lassen, wie es ist. Nach 3 Wochen kann man nichts mehr tun, das Bein ist wieder verwachsen und es gibt keine akuten Probleme mehr. Außerdem kommt die Amsel damit scheinbar prima zurecht. Also alles lassen, wie es ist!
Sollte sie dennoch sterben (und 4 Jahre sind schon ein ordentliches Alter für eine wilde Amsel): In der Natur muss das auch passieren, etliche andere Tiere und Organismen sind auf Beute oder Nahrung in Form von schwachen und kranken Tieren angewiesen. Die Natur bitte nicht romantisieren, auch ein Sperber oder ein Totengräber-Käfer haben ihre Daseinsberechtigung.

Interessanter ist, nach der Unfallursache zu suchen. Habt ihr einen Rasenmäher-Roboter? Wenn ihr Kleintiere wie Jungvögel, Igel oder Frösche mögt, mäht bitte von Hand, denn diese Roboter überfahren und töten alles, was nicht schnell genug flieht. Man findet selten die Reste (bevor die Krähen es tun), aber das heißt nicht, dass nichts zu Schaden kommt. Weiterhin freilaufende Katzen, die Tiere nur schwer verletzen oder töten, aber nicht fressen (das kann auch in Nachbargärten passiert sein).
 
Hallo @harpyja & @Kleo@Kiwi ,
herzlichen Dank für Eure Antworten und Einschätzungen. Ihr habt mich in meinem Bauchgefühl bestärkt, und so werde ich an dieser Stelle nicht unnötig in die Natur eingreifen und dem Amselmann einfach weiterhin ein schönes Leben in unserem ruhigen Garten ermöglichen.
Eine Unfallursache in unserem Garten können wir ausschließen. Der "Rasen" gleicht eher einer Wiese und ist Spielplatz unzähliger Insekten. Wir halten nichts von einem akkurat geschnittenen, aber toten Rasen. Viel lieber erfreuen wir uns daran, wenn die Tiere hier ein kleines Biotop vorfinden. Er wird daher nur 2-3 mal im Jahr von Hand "gesenst", keine Roboter oder ähnliche Gerätschaften. Auch Katzen sind durch den Zaun "außen vor". Aber ja, die Nachbarschaft regelt diese Dinge eben anders. Da gibt es sicherlich einige Gefahren im Umfeld.

Beste Grüße,
Manfred
 
Hallo zusammen,
ich dachte ich melde mich noch einmal um ein kleines Update zu geben. Es ist ja denke ich für den ein oder anderen dann doch interessant wie sich eine Geschichte so weiterentwickelt hat.
Dass wir den Amselmann nicht eingefangen und zum Tierarzt gebracht haben war im Rückblick gesehen die absolut richte Entscheidung. Sein gebrochener Fuß ist Mitte des Jahres irgendwann abgefallen, so dass die Amsel nun einen gesunden Fuß und ein Stummelbein hat. Daher hat sie mittlerweile den Spitznamen "Humpel-Kumpel" erhalten. Anfangs war es eine ganz schöne Umstellung für die Amsel. Man konnte sehen, wie sie damit kämpfen musste auf dem Stummelbein zu stehen und es zu belasten. Auch fiel es Ihr schwer auf Ästen und harten Oberflächen zu landen. Sie saß daher anfangs sehr viel auf dem Boden/Rasen und wurde von uns zugefüttert,... was ihr offensichtlich sehr geholfen hat in der ersten Zeit.
Mittlerweile ist sie putzmunter, kommt gut mit ihrem halbfunktionalen Bein super zurecht und lebt weiterhin in unserem Garten. Sie ist weiterhin sehr zutraulich und fordert gerade jetzt in der kälteren Zeit immer wieder Futter ein, indem sie auf dem Rasen vor dem Küchenfenster landet und solange "hereinglotzt" bis wir sie entdecken und ihr etwas bringen. Sie hat uns sozusagen schon zu persönlichen Dienern erzogen :-)

Wir sind froh, dass dies eine so glückliche Wendung für die Amsel genommen hat und sie gut mit Ihrer Behinderung zurecht kommt. Anbei ein Foto aus dem Herbst, wo sie die Sonnenstrahlen genießt.

Beste Grüße,
Manfred


Amsel.jpg
 
Danke für Deine Rückmeldung. Die Amsel sieht doch mehr als zufrieden aus und hat eine tollen Platz bei Euch gefunden. Dank des Futterangebotes konnte sie die Verletzung ganz in Ruhe auskurieren. Ich hoffe Ihr könnt sie noch lange beobachten. Sie hat hat echt Glück bei Euch im Garten leben zu können.
 
Thema: Amsel mit Beinbruch - auf der Suche nach dem richtigen Handeln.

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