Hallo,
Erstmal Sorry das ich mich jetzt erst in die Diskussion einklinke
Also mit "behinderten" Papageien habe ich insofern Erfahrung, dass einer meiner Aras flugunfähig ist. Er hatte angeblich (genaues lässt sich natürlich nicht mehr herausfinden :() als Jungvogel einen gebrochenen Flügel, und es wurde nichts unternommen. Laut Tierarzt ist da nichts mehr zu machen, der Kerl ist noch nie geflogen und wird es wohl auch nie mehr tun :(
Das, und die Tatsache das er zuvor jahrelang einzeln leben musste und Jahre (!!!) auf einem einzigen Ast gehalten wurde (das Ganze sah so aus: ein wenig verzweigter Ast, welcher an der Wand im Wohnzimmer montiert wurde, ein paar Futterschüsseln und ein paar Socken zum spielen dazu, den flugunfähigen Johnny dazusetzen und fertig :(), war der Grund dafür dass er psychisch ziemliche Probleme hatte, bzw. hat. Durch die Flugunfähigkeit und durch die falsche Behandlung der Vorbesitzer, er wurde anscheinend nämlich öfters ziemlich arg angeschrien, wurde er sehr schüchtern, nervös und ängstlich. Ein richtiger Hosensch... :(
Mit Eintritt der Geschlechtsreife fing er mir Rupfen, Schreien, etc. an und musste *weg*, landete dann hier bei mir. Der Kleine war total "abhängig" vom Menschen, solange seine Bezugsperson nicht im Raum war rührte er sich nicht. Sobald "seine" Person aber hier war, zeigte er all seine Kunststückchen,... Den Vorbesitzern hat das wohl immer gefallen, und Johnny wollte auf diese Weise endlich mal Zuwendung bekommen :(
Es war klar, dass das Einzige was ihn aus diesem tristen Dasein herausholen konnte ein Partner war, der IMMER Zeit für ihn hat, mit dem er sich WIRKLICH versteht und der ihm zeigt, dass man auch ab und an Mal etwas anstellen kann, sprich durch seine Aktivität auch Johnny neugierig macht. Leider ging der erste Verpaarungsversuch total nach hinten los,- er schrie, bekam stressbedingten Durchfall und konnte nichteinmal im gleichen Raum mit dem zweiten Ara leben. Nach einigen Monaten, als sich nichts besserte, wurde das Weibchen dem Züchter zurrückgebracht. (es bringt wohl nichts wenn der "potentielle Partnervogel" jetzt auch noch einzeln bleiben muss, denn die Verpaarung lief ja wie gesagt schief,..)
Es wurde mit Johnny aber immer schlimmer, er hatte von einen Tag auf den Anderen sämtliche Schwanzfedern abgebissen und stumpfte immer mehr ab. Also wurde ein zweiter Versuch gestartet, diesesmal mit einem sehr jungen Weibchen. Jenny war damals ca. 6 Monate alt und gerade mal futterfest, also noch ein "richtiges Baby". Tja, ich weiss nicht warum, aber hier funktionierte es auf Anhieb

Die erste Reaktion von Johnny war Füttern,- die Kleine weckte wohl seine "Vatergefühle"

In der Zwischenzeit kam auch noch ein Grünflügelara dazu, Leo, Jenny und Johnny bilden eine Gruppe und harmonieren sehr gut. (nichts destotrotz kommt bald der 4. Ara, sprich der Partnervogel für Leo. Wenn alles klappt dauert es gar nicht mehr sooo lange

)
Johnny entwickelte in der Zwischenzeit schon viel mehr Selbstvertrauen und sucht öfters Schutz bei den Anderen. Er war wie gesagt sehr schreckhaft, da er genau wusste dass er im Ernstfall nicht fliehen konnte wurde er bei der kleinsten "Unregelmäßigkeit" verrückt. Heute ist es so, dass er (wenn er erschrickt) sofort die Nähe der Anderen sucht. Dank Jenny interessiert er sich auch immer öfter für Spielzeug, etc. Er ist zwar noch lange nicht so frech und fidel wie die Anderen, es hat sich aber vieles Gebessert. Schwierige Phasen gibt es natürlich immer wieder, aber im Großen und Ganzen sind die Probleme bewältigt.
Zur Verpaarung: Ich würde es auf jeden Fall versuchen! Es kann sein dass es klappt oder auch nicht, das weiss man nie zuvor. Ich würde da keinen Unterschied machen, nur weil der Vogel "behindert" ist. Auch bei behinderten Vögeln (oder gerade bei ihnen) geht man mit der Einzelhaltung die Gefahr ein, dass der Vogel sich auf den Menschen (fehl-)prägt. Desweiteren kommt auch ein behindertes Tier in Brutstimmung, und kann diese mit Menschen nie ausleben (wozu Balz, etc. gehört). Ein Einzelvogel kann nicht einmal mit dem Menschen kommunizieren, von "Partnerschaft" kann hier keine Rede sein.
Versteh mich nicht falsch, die Verpaarung ist nicht die Lösung aller Probleme und sie gestaltet sich eventuell auch recht schwierig, aber eine gelungene Verpaarung bringt _immer_ postivies für den Vogel. Es wäre sicherlich nicht von Vorteil, wenn der Kleine jetzt auch noch, wie viele andere Einzeltiere, mit diversen Verhaltensstörungen auf die Isolation reagieren würde, seine Lage würde dadurch keinesfalls besser.
Ob der Zweitvogel ein ebenfalls "behindertes" Tier sein soll ist eine Frage die man pauschal nicht beantworten kann. Ich denke dass auch eine Verpaarung mit einem "normalen" Vogel im Bereich des Möglichen ist, letztendlich kommt es wohl am Meisten darauf an ob sich die beiden "riechen" können.
So, das war jetzt (glaube ich) der längste Beitrag den ich in diesem Jahr verfasst habe, ich hoffe es hat jemand bis hierher durchgehalten
