Mephitis und Plassco haben den entscheidenden Hinweis zur Klärung des Problems ja bereits gegeben...und AZ-Hunde hat in seiner Antwort einen wichtigen Ansatz hinsichtlich der Ernährung gegeben auf den ich Bezug nehmen möchte.
Mir fällt auf, dass die Gimpelfütterung unmittelbar vor und während der Zuchtperiode bei sehr vielen Züchtern insgesamt sehr proteinlastig, um nicht zu sagen zu proteinreich und zu konzentriert erfolgt.
Gimpel der Gattung Pyrrhula haben im Vergleich zu anderen Gattungen cardueliner Finken einen vergleichsweise längeren Dickdarm und vor allem zwei deutlich größere Blinddärme als diese, die quasi als Gärkammern mit zelluloseaufspaltenden Bakterien fungieren, um die knospenlastige bzw. zellulosereiche Kost energetisch für die Tiere verwertbar zu machen. Dafür legen die Vögel auch vergleichsweise lange "Ruhe - oder Verdauungspausen" nach dem Fressen ein, ähnlich wie dies zum Beispiel Raufußhühner im Vogelreich oder Wiederkäuer - mit ihrem Pansen - bei den Säugetieren tun, um diese Kost zu verwerten.
Die Fütterungsmethode die AZ-Hunde erwähnt, entspricht der überwiegend vegetabilen Kost der Gimpel deutlich mehr. Natürlich nehmen nach Freilanduntersuchungen in England (Newton) einige Gimpelpaare in unterschiedlichen Mengen während der ersten Tage auch Insekten oder Spinnen als Kost auf und geben diese weiter. Jedoch sehe ich zwei wesentliche Unterschiede zur mittlerweile verbreiteten Fütterung von Gimpeln:
- Zum einen sehe ich in der insektenreichen und leider fast ausschließlichen Verfütterung von Mehl- oder Buffalowürmern oder Pinkies ein Problem, insbesondere aber in deren (!) Ernährungsstatus. Die erwähnten Futterinsekten werden zumindest phasenweise so schlecht oder gar nicht gefüttert, dass sich Ihre Körper mit ausscheidungsbelastetem Futter anreichern und eine aggressive und somit gefährliche, regelmäßige Kost für Altvögel und Nestlinge darstellen. Wer per Zufall, nachdem er solche Mehlwürmer mit der Hand an seine Vögel verfüttert hat und sich im Anschluss zufällig ein Auge gerieben hat oder sonst wie in Kontakt mit seinen Schleimhäuten gekommen ist, wird sich an das nachhaltig brennend schmerzende Gefühl nicht lange erinnern.
- Zum anderen erfolgt häufig zusätzlich eine Fütterung mit konzentriertem Eifutter, welches ebenfalls proteinreich ist und nicht wenig Zucker enthält was für Vögel mit spezieller Darmflora (siehe oben) ebenfalls nicht unproblematisch ist. Selbst im Keimfutter hat sich der Anteil der proteinreichen Saaten über die Jahrzehnte erhöht, ich denke hier zum Beispiel an die gern gefressene Mungbohnensaat.
In einer bepflanzten Voliere mit gemischtem Vogelbesatz kann niemandem leicht auffallen, dass bereits innerhalb von Stunden nach der Verfütterung von mehreren (harnbelasteter) Mehlwürmern oder Pinkies bereits der Kot des Weibchens farblich verändert (bräunlich) und ungeformt (breiartig) abgesetzt wird. Die Bakterienflora "kippt" dort bereits um. Von da an kann man nach weiteren 12-48 Stunden die ersten Probleme im Zusammenhang mit den Nestlingen beobachten: Aufgedunsene Darmregion der Jungen, stinkender und ebenfalls breiartiger Kotabsatz, Aufgabe der Jungen durch die Mutter, Abbeißen von Gliedmaßen der Jungen, "Drehbewegungen" des Weibchens auf den Jungvögeln und verfrühter Brutneubeginn ...und abschließend, wie in einem vorausgehenden Kommentar bereits erwähnt, ein bereits deutlich verfrühter Mausereinsatz der Alttiere im Juni/Juli des Jahres.
Das sich in solchen Nestern natürlich coliforme Keime und andere bakterielle Probleme "häufen" ist eine zwangsläufige Folge. Mir ist absolut bewusst, dass monokausale Zusammenhänge die absolute Ausnahme in der Vogelhaltung darstellen, aber ich empfehle dem geneigten Gimpelzüchter mal den Eigenversuch ...sowie das kritische Überdenken mancher standardisierter Vereinfachung in der Fütterung und eventuell die Lektüre mancher sehr gut, gründlich und umfassend im Freiland beobachteter und anschließend selbst erprobter Fütterungsmethoden, von bereits nur noch antiquarisch zu erhaltender Vogelliteratur, wie etwa die "Naturgemäße Finkenzucht" von K.Sabel, seien hier empfohlen um Fehler zu vermeiden und umfassendere Sachzusammenhänge zu erkennen.