Also ausser B12 sind alle B Vitamine auch in pflanzlichen Produkten enthalten. Es stimmt zudem, dass sich Papageien im Freiland abwechslungsreicher ernähren, als in menschlicher Obhut und auch -absichtlich und nebenbei (zB Pflanzensauger) - mehr tierisches aufnehmen. Bei einer ausgewogenen Ernährung mit signifikantem Anteil an Lebendpflanzen/Obst/Gemüse, liegen die meisten Vitamine auch in menschlicher Obhut nicht im Mangel vor, meist auch nicht B12, da der Bedarf gering ist und die meisten Alleinfuttermittel Vitaminzusätze enthalten.
Was leider auch heute noch ein Problem ist, ist Vitamin D. Das ist vor allem wichtig für Knochenaufbau und -Erhalt sowie diverse Immunprozesse. Liegt Vitamin D Mangel vor, kann übrigens auch noch so viel Kalzium aus schönen Pülverchen, Sepia oder Knabbersteinen vom Körper nicht aufgenommen werden, sondern wird einfach wieder ausgeschieden.
Ich behaupte, 90% aller indoor gehaltenen Vögel leiden auch heute noch - unnötigerweise- an chronischem Vitamin D Mangel. Ich behaupte auch, der positive Effekt von Eifutter und sogar der von Aussenvolierenhaltung (vor allem bei Vögeln, denen unser Klima eigentlich gar nicht passt), hängt ebenfalls zumindest teilweise mit der Vitamin D Versorgung zusammen.
Vitamin D ist in keinem pflanzlichen Nahrungsmittel vorhanden und die Vorstufe D3 ist als Zusatz im Körnerfutter nicht sehr stabil. Man kann D3 über Korvimin und Co supplementieren, aber viele Erkrankungen gehen mit einer verminderten Resorption von D3 im Darm einher. Am sichersten ist daher, die körpereigene Vitamin D Synthese zu ermöglichen,. Das geht einzig und alleine über Zugang zu UVB Licht. Das bietet zB die Sonne, es dringt aber praktisch nicht durch Glasscheiben und in unseren Breiten reicht der UVB Anteil im Sonnenlicht nur zwischen April und Oktober aus, um die Vitamin D Bildung zu ermöglichen. Wo ungefiltertes Sonnelicht fehlt und im Winter, braucht man daher geeignete Lampen als Ersatz. Für die Synthese sind vor allem Wellenlängen um 310 nm wichtig, für die Regulation der Synthese aber auch noch Wellenlängen bis ca 335nm. Um effektiv zu sein, sollten zwischen 100 und 400µW/m2 beim Vogel ankommen. Das heisst, es reicht nicht, einfach ein Leuchtmittel zu wählen, wo drauf steht, dass es UVB abgibt, man muss auch dafür sorgen, dass die Intensitäten und die genauen Wellenlängenbereiche passen. Dazu muss man die Spektren der Leuchtmittel kennen, denn Textreklame kann viel, lügt aber auch viel. Es gibt tatsächlich "UVB" Lampen auf dem Markt, die keinerlei UVB relevanter Wellenlängen abgeben, sowie auch etliche, denen die regulatorisch wichtigen längeren Wellenlängen fehlen. Sogar Lampen, die krebserregendes UVC abgeben, sind dabei und werden beworben! Die Intensitäten am Sonnenplatz regelt man dann über den Abstand. Man kann sich das errechnen oder auch ein Solarmeter zum Ausmessen benutzen.
Lange Rede, aber was mache ich: Meine Graupapageien bekommen keine zusätzlichen Multivitaminmixe. Ich bestäube lediglich jeden zweiten Tag das Futter mit etwas Herpetal Mineral plus D3 (eine Eigenentwicklung von mir). Eine pi mal Daumen Dosierung ist OK, man braucht nicht viel und bei dieser Darreichung kann kaum überdosiert werden. Zusätzlich bestrahle ich mit einer 70W UVB HID von Reptiles Expert (mit EVG angsteuert) , die so angebracht ist, dass die Vögel beim Sonnen mit dem Körper knapp 30 cm Abstand haben.
Das Basis-Futter ist Versele Laga African Parrot. Dazu täglich Obst der Saison und mindestens drei mal die Woche berindete und beblätterte Zweige, vorzugsweise mit halbreifen Früchten oder Samenständen und zweimal pro Woche einen Esslöffel eines Mixes aus getrockneten Mehlwürmern und Gammarus über das Körnerfutter.
Auch im Winter gibt es Zweige (vom Vorsommer, keine alten mit verholzter Rinde) die Rinde und Ruheknospen enthalten viele Vitamine und Mineralien.
Zur Brutzeit gebe ich keine weiteren Vitamine aber mehr halbreife Baumsamen (vor allem Ahorn wird gerne in Mengen an die Küken verfüttert) und Nutribird P19 Pellets, die ja ausreichend mit Vitaminen angereichert sind. In den ersten Wochen verfüttern die Eltern recht viele Pellets, so nach einem Monat lässt das dann aber stark nach. Ich hatte bisher nur kräftige vitale Jungtiere, die durchweg einige Wochen früher ausfliegen, als in der Literatur berichtet. Die jetztige Brut hat den Kasten verlassen, als das älteste Küken noch nicht ganz 2,5 Monate alt war. Das Nesthäkchen (Ei verspätet nachgrelegt) nur knapp über 2 Monate.
Nur, wenn die Vögel krank sind oder unter anhaltendem Streß stehen, steigt der Vitaminbedarf und da sollte man zusätzlich einen geeigneten Multivitaminmix geben. Flüssigpräparate sind, was einige Vitamine betrifft, besser bioverfügbar, aber Korvimin ZVT ist auch gut und bewährt.
Kalziumgaben machen generell viel Sinn, aber bringen natürlich nur etwas, wenn die Vitamin D Homöostase stimmt. (s.o.)