alfriedro
Wildfang
- Beiträge
- 1.299
Ob und in welchem Maße altruistisches Verhalten bei Papageien vorhanden ist, ist mir weitgehend unbekannt. Als altruistisches Verhalten bezeichnet man solches, bei dem ein Individuum ohne direkten eigenen Nutzen anderen Mitgliedern der Gruppe hilft. Bekannt ist das Brutverhalten verschiedener Vögel, bei denen Junge aus der ersten Brut bei der Aufzucht der zweiten Brut helfen. Sie werden nicht verjagt von den Eltern, sondern zum Teil darin sogar bestärkt.
Diese Beobachtung machte ich auch bei meinen Schönsittichen. Diese Art gilt als territorial und gegenüber Artgenossen in der Brutzeit als sehr aggressiv. Für gewöhnlich wird man also in Menschenobhut eine solche Beobachtung nicht so oft machen können.
Mein Schönsittichpaar ist recht fruchtbar und zieht regelmäßig Junge groß. Die Anzahl der Jungen liegt für gewöhnlich bei drei oder vier pro Brut. Zwei Bruten nacheinander sind die Regel. So hatte ich in einem Jahr sieben Junge und gab sie ende des Jahres bis auf ein Männliches ab. Im Folgejahr war da also das Paar und der Junge vom Vorjahr. Die Balzzeit begann wie immer Mitte Februar. Der Vater bemühte sich mit kühnen Flügen und verschiedenen anderen Signalen des Balzverhaltens um die Gunst des Weibchens. So auch der Sohn. Der Vater begann sein Weibchen zu füttern, so auch der Sohn, der aber vom Vater verscheucht wurde. Die Mutter duldete das aber. Sie nahm die Balzbemühungen des Sohnes ebenfalls an. Mitte März wurde die Bruthöhle bezogen. Der Vater war sehr damit beschäftigt, den Sohn aus der Reichweite des Weibchens zu drängen, aber ohne ernsthaft tätlich zu werden. Das konnte er aber nicht immer. Also nutzte der Sohn, jede Gelegenheit, seine Mutter zu füttern. Ende März hatte das Weibchen seine Höhle so parat, dass es bereit war, Eier zu legen. Als es sich zur Begattung duckte, war der Vater zur Stelle. Der Sohn kam nicht zum Zuge, er wurde sehr energisch verjagt. Aber die Begattung erwies sich als schwierig, weil sich der Sohn ständig einmischte und störte.
Es wurden sechs Eier gelegt. Ab dem Dritten wurde fest gebrütet. Alle Eier waren befruchtet. Die ersten drei Jungen schlüpften etwa im Abstand von einem Tag, die weiteren dann im Abstand von jeweils zwei Tagen. Das jüngste Junge war also neun Tage jünger, als das Älteste. Es wuchs nur sehr zögerlich und drohte zu verhungern.
Nach einem etwas handfesterem Streit bekam der Sohn gewisse Zeit lang Oberhand. Der Sohn schlüpfte irgendwann mit in die Höhle, wenn der Vater nicht zusah und fütterte seinerseits die Jungen. Der Vater verjagte den Sohn sonst vom Nest. Von da an wuchs auch das sechste Junge. So wurden die Nestlinge von Mutter, Vater und großem Bruder gefüttert und wurden sicher groß. Damit war der Erfolg einer großen Brut gesichert. Beim Ausfliegen der Jungen sind die Eltern sonst immer sehr aufgeregt und besorgt. Die Mutter war es nicht. Der Vater sehr und griff in seinem Eifer Mutter und Sohn an. Doch erschöpfte er sich dabei und Mutter und Sohn fütterten die Jungen und schließlich auch der Vater. Dabei waren die Verbliebenen im Nest und die Ausgeflogenen gleichermaßen zu versorgen. Der Sohn tat dies sehr routiniert und der Vater ließ ihn schließlich gewähren ohne ihn weiter anzugreifen. Auch das Jüngste wurde flügge mit einer Verzögerung von etwa fünf Tagen.
Die Mutter begann sogleich eine neue Brut mit vier Eiern. Der Sohn versorgte die brütende Mutter, der Vater versorgte die flügge gewordenen Jungen. So hat der Sohn zu einer erfolgreichen Saison mit 10 Jungen beigetragen. Er wurde vom Vater mehr oder weniger geduldet. Die Mutter hat den Sohn durch Annahme seines Werbens und Fütterns bestärkt. Schließlich hat der Vater seinen Sohn nicht mehr als Störer empfunden und gewähren lassen.
Der Sohn hatte selbst darin keinen Vorteil. Es gab deswegen nicht die Möglichkeit, vielleicht mit einem seiner jungen Geschwister selbst zu brüten, was als Motiv von manch einem Verhaltenskundler unterstellt würde. Ich würde nur darin die Lust erkennen wollen, selbst Nachwuchs groß zu ziehen, ohne Rücksicht auf die Gefühle des Vaters, in die sich der Sohn sicherlich nicht hinein versetzen kann. Der Vater sah in dem Jungen einen lästigen Störer, aber keinen ernsten Konkurrenten. Schließlich hat er anscheinend den Nutzen des Sohnes bei der Jungenaufzucht bemerkt, nachdem er in seinem Sohn zunächst eine Gefahr für seine Kinder vermutete. Die Mutter akzeptierte beide als Partner. Den Vater griff sie gelegentlich schroff an, ohne dass ich verstehen kann, warum. Den Sohn dagegen nie. So kann man bei allen Dreien ein altruistisches Verhalten erkennen. Die eingeschränkte Toleranz durch den Vater, die Akzeptanz zweier Versorger durch die Mutter und vor allem die zunächst heimliche und dann offensive Versorgung von Mutter und Jungen durch den Sohn.
Dass Schönsittiche offenbar hoch soziale Papageien sind, welche durch unsere Haltungssysteme zu sehr an ihrem sehr interessanten Verhalten gehindert werden, scheint durch eine neuere Beobachtung in meiner Voliere sichtbar zu werden.
In diesem Jahr (Juli/August 2010) konnte ich beobachten, wie ein junges Männchen der ersten Brut vom Mai wiederholt in den Nistkasten schlüpft, in dem bereits die Jungen der zweiten Brut heranwachsen. Das Männchen ist selbst gerade erst selbstständig. Dass es seine jungen Geschwister füttert, ist offensichtlich. Denn als es wieder aus dem Nest herauskam, hatte es noch hervor gewürgte Körner am Schnabel hängen. Dieses junge Männchen wird insbesondere vom Vater häufig verfolgt, wohl, weil es auch ihm aufgefallen ist. Die Verfolgungen sind jedoch nicht wirklich aggressiv. Die Mutter dagegen hindert ihren Sohn nicht daran, das Nest zu betreten bzw. verjagt ihn auch nicht. Die Beobachtungen bei den Beziehungen entsprechen weitgehend denen oben außer der Balzhandlungen an der Mutter. Die übrigen vier Geschwister der ersten Brut beteiligen sich nicht an der Fütterung der neuen Brut. Sie werden auch nicht von den Eltern verfolgt, sondern eher noch weiter gefüttert. Insbesondere eines der jungen Weibchen wird vom Vater immer mal wieder gefüttert.
Diese Beobachtung machte ich auch bei meinen Schönsittichen. Diese Art gilt als territorial und gegenüber Artgenossen in der Brutzeit als sehr aggressiv. Für gewöhnlich wird man also in Menschenobhut eine solche Beobachtung nicht so oft machen können.
Mein Schönsittichpaar ist recht fruchtbar und zieht regelmäßig Junge groß. Die Anzahl der Jungen liegt für gewöhnlich bei drei oder vier pro Brut. Zwei Bruten nacheinander sind die Regel. So hatte ich in einem Jahr sieben Junge und gab sie ende des Jahres bis auf ein Männliches ab. Im Folgejahr war da also das Paar und der Junge vom Vorjahr. Die Balzzeit begann wie immer Mitte Februar. Der Vater bemühte sich mit kühnen Flügen und verschiedenen anderen Signalen des Balzverhaltens um die Gunst des Weibchens. So auch der Sohn. Der Vater begann sein Weibchen zu füttern, so auch der Sohn, der aber vom Vater verscheucht wurde. Die Mutter duldete das aber. Sie nahm die Balzbemühungen des Sohnes ebenfalls an. Mitte März wurde die Bruthöhle bezogen. Der Vater war sehr damit beschäftigt, den Sohn aus der Reichweite des Weibchens zu drängen, aber ohne ernsthaft tätlich zu werden. Das konnte er aber nicht immer. Also nutzte der Sohn, jede Gelegenheit, seine Mutter zu füttern. Ende März hatte das Weibchen seine Höhle so parat, dass es bereit war, Eier zu legen. Als es sich zur Begattung duckte, war der Vater zur Stelle. Der Sohn kam nicht zum Zuge, er wurde sehr energisch verjagt. Aber die Begattung erwies sich als schwierig, weil sich der Sohn ständig einmischte und störte.
Es wurden sechs Eier gelegt. Ab dem Dritten wurde fest gebrütet. Alle Eier waren befruchtet. Die ersten drei Jungen schlüpften etwa im Abstand von einem Tag, die weiteren dann im Abstand von jeweils zwei Tagen. Das jüngste Junge war also neun Tage jünger, als das Älteste. Es wuchs nur sehr zögerlich und drohte zu verhungern.
Nach einem etwas handfesterem Streit bekam der Sohn gewisse Zeit lang Oberhand. Der Sohn schlüpfte irgendwann mit in die Höhle, wenn der Vater nicht zusah und fütterte seinerseits die Jungen. Der Vater verjagte den Sohn sonst vom Nest. Von da an wuchs auch das sechste Junge. So wurden die Nestlinge von Mutter, Vater und großem Bruder gefüttert und wurden sicher groß. Damit war der Erfolg einer großen Brut gesichert. Beim Ausfliegen der Jungen sind die Eltern sonst immer sehr aufgeregt und besorgt. Die Mutter war es nicht. Der Vater sehr und griff in seinem Eifer Mutter und Sohn an. Doch erschöpfte er sich dabei und Mutter und Sohn fütterten die Jungen und schließlich auch der Vater. Dabei waren die Verbliebenen im Nest und die Ausgeflogenen gleichermaßen zu versorgen. Der Sohn tat dies sehr routiniert und der Vater ließ ihn schließlich gewähren ohne ihn weiter anzugreifen. Auch das Jüngste wurde flügge mit einer Verzögerung von etwa fünf Tagen.
Die Mutter begann sogleich eine neue Brut mit vier Eiern. Der Sohn versorgte die brütende Mutter, der Vater versorgte die flügge gewordenen Jungen. So hat der Sohn zu einer erfolgreichen Saison mit 10 Jungen beigetragen. Er wurde vom Vater mehr oder weniger geduldet. Die Mutter hat den Sohn durch Annahme seines Werbens und Fütterns bestärkt. Schließlich hat der Vater seinen Sohn nicht mehr als Störer empfunden und gewähren lassen.
Der Sohn hatte selbst darin keinen Vorteil. Es gab deswegen nicht die Möglichkeit, vielleicht mit einem seiner jungen Geschwister selbst zu brüten, was als Motiv von manch einem Verhaltenskundler unterstellt würde. Ich würde nur darin die Lust erkennen wollen, selbst Nachwuchs groß zu ziehen, ohne Rücksicht auf die Gefühle des Vaters, in die sich der Sohn sicherlich nicht hinein versetzen kann. Der Vater sah in dem Jungen einen lästigen Störer, aber keinen ernsten Konkurrenten. Schließlich hat er anscheinend den Nutzen des Sohnes bei der Jungenaufzucht bemerkt, nachdem er in seinem Sohn zunächst eine Gefahr für seine Kinder vermutete. Die Mutter akzeptierte beide als Partner. Den Vater griff sie gelegentlich schroff an, ohne dass ich verstehen kann, warum. Den Sohn dagegen nie. So kann man bei allen Dreien ein altruistisches Verhalten erkennen. Die eingeschränkte Toleranz durch den Vater, die Akzeptanz zweier Versorger durch die Mutter und vor allem die zunächst heimliche und dann offensive Versorgung von Mutter und Jungen durch den Sohn.
Dass Schönsittiche offenbar hoch soziale Papageien sind, welche durch unsere Haltungssysteme zu sehr an ihrem sehr interessanten Verhalten gehindert werden, scheint durch eine neuere Beobachtung in meiner Voliere sichtbar zu werden.
In diesem Jahr (Juli/August 2010) konnte ich beobachten, wie ein junges Männchen der ersten Brut vom Mai wiederholt in den Nistkasten schlüpft, in dem bereits die Jungen der zweiten Brut heranwachsen. Das Männchen ist selbst gerade erst selbstständig. Dass es seine jungen Geschwister füttert, ist offensichtlich. Denn als es wieder aus dem Nest herauskam, hatte es noch hervor gewürgte Körner am Schnabel hängen. Dieses junge Männchen wird insbesondere vom Vater häufig verfolgt, wohl, weil es auch ihm aufgefallen ist. Die Verfolgungen sind jedoch nicht wirklich aggressiv. Die Mutter dagegen hindert ihren Sohn nicht daran, das Nest zu betreten bzw. verjagt ihn auch nicht. Die Beobachtungen bei den Beziehungen entsprechen weitgehend denen oben außer der Balzhandlungen an der Mutter. Die übrigen vier Geschwister der ersten Brut beteiligen sich nicht an der Fütterung der neuen Brut. Sie werden auch nicht von den Eltern verfolgt, sondern eher noch weiter gefüttert. Insbesondere eines der jungen Weibchen wird vom Vater immer mal wieder gefüttert.