Eure Meinung zur wissenschaftlichen Vogelberingung...

Diskutiere Eure Meinung zur wissenschaftlichen Vogelberingung... im Forum sonstige Vogelarten im Bereich Wildvögel - Hallo miteinander! Ich schreibe heute, weil ich mich in einem moralischen und ethischen Konflikt befinde, der mir sehr zusetzt... Und zwar geht...
Kanadagans

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Anserophiler
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Hallo miteinander!

Ich schreibe heute, weil ich mich in einem moralischen und ethischen Konflikt befinde, der mir sehr zusetzt...

Und zwar geht es um folgendes:
Gestern am Abend zwischen 17 und 21.30 Uhr sowie heute Morgen/ Vormittag zwischen 5 und 11.30 Uhr war wieder Kleinvogelberingung im hiesigen Vogelschutzgebiet am Flughafensee anberaumt...

Gestern Abend waren es nur 19 Vögel, die sehr gut versorgt werden und schnell wieder befreit werden konnten. Die letzten 6 Vögel jedoch wurden bei bereits kompletter Dunkelheit ausgelassen, und da wurmte mich bereits die Tatsache, dass es kühl, windig und regnerisch war, und die Vögel nach dem Fang und Beringen sowohl ja erstmal ihr Gefieder wieder ordnen müssen, als auch einen Schlafplatz finden müssen, was sich bei kompletter Dunkelheit (zum Glück reflektierten die Wolken einige Helligkeit vom nahen Flughafen Tegel) ja nun als ziemliche Utopie erweisen dürfte.
Die letzten Vögel wurden zudem aus dem hellen, blendenden Lichtkegel der Stirnlampen nach dem Wiegen direkt in die Dunkelheit "geschüttet", also aus dem Haltebecher zur Fixierung des Vogels, heraus.
Woraufhin zwei der Schwalben auch gleich im dichten Geäst der Kiefern hängen blieben, welche über dem Arbeitstisch ihre Äste breiten.
Das fand ich bereits reichlich besch...ssen, und habe die letzte Schwalbe in der Hand auf freie Fläche am Schilf gebracht, wo sie dann auch adäquat abhaute, wenngleich arg ziellos.

Der Haupt- Mist kam aber heute, und zwar dicke...
Heute früh und Vormittag gingen weitere 45 Vögel in die Netze, und zwar so viele, dass die kleinen Stoffbeutel nicht mehr zum Verwahren ausreichten, sondern auch die großen Beutel der Netze herangezogen, und mit gleich teils fünf Vögeln bestückt wurden.
Und so hingen letztendlich unheimlich viele Vögel zugleich am Tisch, obwohl bei der sehr pingeligen, akribischen und damit zeitraubenden Arbeitsweise des Leiters bestenfalls 10 Vögel die Stunde versorgt werden können.
Und die Intervalle der Netzkontrolle betragen genau eine Stunde bei seiner Methode.

So hingen also bereits urig viele Vögel am Tisch, und es waren einige wenige abgearbeitet, als die nächste Runde anstand, so dass schließlich um die 30 Vögel am Tisch hingen, manche davon bereits seit 7 Uhr, als sie um 9 Uhr endlich dran kamen.

Der erste Dämpfer war eine juvenile Blaumeise, die sich meisentypisch sehr im Netz verheddert hatte, und schon von daher großem Streß ausgesetzt war.
Die wurde in üblicher Manier abgearbeitet, und sollte dann fliegengelassen werden. Stattdessen plumpste sie aber zu Boden, hatte keine Feinmotorik mehr und war stark aufgeplustert. Ich setzte sie in die Tiefe Astgabel einer nahen Kiefer, packte zum Schutz vor dem kalten, feuchten Wind meine Mütze drüber, und nach einer Viertelstunde war sie tot...

Der nächste Dämpfer waren die vier Teichrohrsänger aus einem großen Beutel.
Nur einer davon war wirklich flugtüchtig und fit, die anderen drei waren ausnahmslos nicht sofort oder nur sehr unzureichend flugfähig.
Zwei taumelten/ strauchelten ins hohe Gras am Ufer oder unter die Kiefernzweige, der dritte flog mehrmals steil bis zu etwa 1 m Höhe auf, und fiel dann senkrecht wieder herab, bis auch er in den hohen Uferseggen verschwand...

Der dritte und schlußendlich genialste Dämpfer war ein Teichrohrsänger, der ebenfalls durch die lange Hängezeit sehr im Netz verheddert war, und dem durch die Eile mein Kollege, der die Vögel aus dem Netz holte, das Bein brach.
Und nicht etwa haute er den an die Netzstange, um ihn zu erlösen, sondern warf ihn durch abgeschnittene Netzreste fluguntüchtig ins Schilf, wo der Vogel sich natürlich nicht auf den Halmen halten konnte, sondern sich mit den Flügeln rudernd von uns entfernte. Leider war er sehr schnell im sehr tiefen Wasser, so dass ich nichts mehr machen konnte... Und war natürlich erstmal verständnislos darüber.

Eine nach diesem Zwischenfall in einem sonst sehr unfängigen und weitab stehenden Netz hängende Mönchsgrasmücke haben wir dann auch gleich wieder fliegen lassen, weil der Tisch noch berstend voll hing, und dann gesagt, es wäre wieder keiner drin gewesen :k...

Und nun frage ich:
- Findet ihr das richtig, eindeutig tagaktive Vögel im Stockdunklen geblendet in die Dunkelheit zu entlassen?

- Findet ihr das richtig, nach der langen nahrungslosen Zeit der Nacht die Vögle gleich am frühen Morgen zu fangen, dem üblen stress beim aus dem Nest puzzeln auszusetzen, und dann noch zwei Stunden im Beutel hängen zu lassen, plus einer Viertelstunde völlig peinlich akribischer Messung auch des kleinsten Pupses und der letzten vermauserten Feder, wobei der Vogel die ganze Zeit alles sieht und mitbekommt und nur am Schreien und sich am Wehren ist?

- Findet ihr das richtig, soviele Vögel einzusammeln und zwischenzuhorten, obwohl man genau weiß, wieviele man die Stunde schafft?

- Und zudem noch, wie im Falle der großen Beutel, territoriale Vögel wie Teichrohrsänger, die auch außerhalb der Brutzeit eine Individualdistanz von mehreren Metern einhalten, für über eine Stunde zu viert in einen Beutel zu stopfen?
Wobei die Beutel nicht etwas schwarz oder dunkel sind (und damit streßvermindernd für die Vögel), sondern allesamt weiß/ hellblau, also sehr hell auch im Inneren?

Unser Leiter hat die sehr missvergnügten Gesichter meines Kollegen und mir gesehen, ob dieser Massenabfertigung, und nachdem die Vögel alle abgearbeitet waren, sagte ich dann in der mir typischen Art was dazu, wie auch mein Kollege.

So bekamen wir zB zur gefangenen Menge das Totschlagargument zu hören, dass in richtig wissenschaftlichen und großen Stationen noch viel mehr Vögel gefangen würden, und man die da teils über Nacht in den Beuteln hängen lassen würde, wenn man die nicht alle geschafft hat.

Zu den toten/ halbtoten Vögeln kam dann das Argument, dass er (der Chef) sehr wohl der Meinung sei, dass die Vögel in der halben Stunde zwischen Dunkelheit und Fang sehr wohl bereits viel gefressen haben könnten.
Der Stress sei im Netz und beim Herauspuzzeln sowie in der Hand klar gegeben, aber dass sei er auch bei Habicht und Sperbergriff, und man könne vorher nie wissen, ob ein solcher die Vögel nicht vielleicht vorher anjagte, und sie daher einen höheren Streßpegel hätten als das Gros.
Und letztendlich sei die individuelle Konstitution eines Vogels einfach Natur...

Zum Vogel mit dem gebrochenen Bein sagte er, dass er bei solchen Unfällen den Vogel in der Regel (!!!) wieder fliegen lässt, das könne halt auch mal passieren.

Und alles in allem reichte es mir damit denn auch vollends, vor allem, weil er mir bei meinem zweiten Einsatz, wo ich noch ungeübt einen nur leicht verfangenen Vogel aus dem Netz holen wollte, einen Riesenvortrag über die Verantwortung hielt, die man den Vögeln gegenüber hätte...
Während er heute alles andere als solche erkennen liess, und in seinem Schlussplädoyer auch sagte, man könne auf ein einzelnes Individuum keine so große Rücksicht nehmen, weil das den ganzen Betrieb aufhält...

Meine Fragestellung zur Sinnhaftigkeit ist nun diese:
Die Wiederfundrate bei Metallberingung, zumal an solchen Kleinvögeln, ist doch bekanntermaßen verschwindendst gering.
Rechtfertigt die Wiederfundrate von vielleicht 1 Prozent im Jahr diesen immensen Stress und diese völlig selbstverständliche Gefährdung des Lebens der Vögel?
Ist die Wissenschaft alles, das Lebewesen Vogel dagegen nichts? Geht die Wissenschaft eindeutig über den Tierschutz, der ja im Naturschutz stets die oberste Priorität sein soll, wo sich teils bei fünf seltenen Grashüpfern in die Hose gemacht wird?

Ich bin der Meinung, die Vögel brauchen die Ringe nicht, und leben auch ohne einen glücklich weiter ihr Leben, und vor allem solche seit zig Jahren bestens und zu 100.000en erforschten Vögel wie Teichrohrsänger, Blaumeisen, Rauchschwalben,Rotkehlchen und dergleichen, deren Leben man bereits in- und auswendig kennt, wozu müssen die noch einer solchen Prozedur ausgesetzt werden?
Bei Arten wie Schilfrohrsänger, Drosselrohrsänger, diversen Grasmücken oä kann ich das ja nachvollziehen und finde es auch in Ordnung, denn diese gehen in Größenordnungen in die Netze, die eine zügige und schnelle Abarbeitung der aktuellen Stundensammlung an Vögeln erlauben, aber solche Massenarten wie oben angeführt? Wobei die Meisen sich ungeheuer im Netz verheddern und die Teichrohrsänger immer fast durch die etwas weiten Maschen durchkriechen, und dann richtig drin hängen, was den Stress für die Vögel nochmals maximiert beim Rausholen?

Ich bin wirklich ganz erheblich anderer Ansicht, dass dass bei solchen Massenarten absolut nicht sein muss, und möchte bitte Eure Meinung zu dem Thema wissen, um meine Entscheidung, ob ich bei der Sache weiter mitmache oder nicht, vielleicht etwas objektiver fällen zu können...

Ich danke Euch für's Lesen und für Eure ehrliche Meinung, die ich gerade wirklich brauche!

Beste Grüße, Andreas
 
Zuletzt bearbeitet:
Also , hab ja vor Jahren auch mal in einer gross Station mitgeholfen. 1 % Verlust beim Beringen. 1 Promille Wiederfundrate.
Nachts wurden keine fliegengelassen.
Es war ein 24 Stunden betrieb mit Einstündigem Parcour.
Die Verlustquote innert der nächsten 24 Stunden möchte ich lieber nicht wissen. Bei vielen Arten ist es mittlerweise sinnlos zu beringen.
Gebrochene Beine sind für Rohrsänger ein Todesurteil.
Beringerei ist für mich heute meist auch nur ein Ausleben des Jagdtriebes. In Einzelfällen bringts was aber die 1000 000ste Kohlmeise zu beringen ist schon fraglich.
 
Hallo!

Vor zich Jahren fand ich einmal einen beringten Wildvogel, tot, telefonierte damals mit Gott und der Welt um diesen Fund zu melden, weil ich dachte das so ein Vogel ja nicht ohne Grund beringt wird, aber niemand interessierte sich für den Vogel...

Grüße
 
Da fragt man sich, wozu wir diese Vögel mühsam aufpäppeln ? Damit sie womöglich solchen Idioten in die Hände fallen ? Womit werden denn Verluste beim Beringen gerechtfertigt, noch dazu, wenn sie vermeidbar wären ?
 
Hallo Andreas,

ich habe für solche Aktionen, so durchgeführt überhaupt kein Verständnis!

Rechtfertigt die Wiederfundrate von vielleicht 1 Prozent im Jahr diesen immensen Stress und diese völlig selbstverständliche Gefährdung des Lebens der Vögel?

...in meinen Augen rechtfertigt sie diese in keinster Weise!

Aber..... und das ist ein unumstössliches Argument..... überlegt mal, was so eine Aktion kostet?!.....und damit rechtfertigt es sehr wohl die Subventionen, die diese Organisationen vom Land erhalten!

Liebe Grüsse
Elke
 
Die wilde, einfach drauflos Beringerei, ist eigentlich an den meisten Orten vorbei.
Meist sind es nur noch gezielte Aktionen, die z.B. nur eine Bestimmte Art und eine Fragestellung betreffen.
So wie ich selber auch eine Beringerprüfung abgelegt habe für meine wieder auswilderbaren Pfleglinge.
Es ist wie bei vielen anderen Dingen einfach eine Frage des: Wie
 
Hallo Andreas,

vielen Dank für deinen ausführlichen Bericht.
So habe ich mir eine Beringungsaktion nicht vorgestellt und kann deine Empfindungen sehr gut nachvollziehen.
Ich dachte, dass dabei mit den Vögeln so schonend wie möglich umgegangen wird und dass wirklich nur solche Vogelarten beringt werden, die man aus irgendwelchen Gründen näher untersuchen möchte und nicht alles, was sich zufällig im Netz verfängt.

Worin liegt denn der Sinn einer solchen Beringungsaktion, ich verstehe es nicht!
Und wenn es schon sein muss (warum eigentlich?), dann weiß man doch vorher, wieviele Vögel evtl. gefangen werden und wie lange die "Bearbeitung" dauert und muss entsprechend genug Leute mitnehmen, die das in kurzer Zeit erledigen können. Zur Freilassung verletzter Vögel sag ich lieber nichts.... 8(
 
Der Bericht erschüttert mich!

Ob das alles noch sinnvoll ist, laß ich mal dahingestellt. Wenn so viele Vögel in die Netze gehen, sollten doch dann auch genügend Kräfte da sein, daß die Beringung in einem möglichst kleinen Zeitrahmen passiert. Vögel in die Dunkelheit zu schicken oder ohne "Frühstück" über lange Stunden einzusperren, ist grausam. Verletzte einfach fliegen zu lassen, ist unterste Schublade!!!!
Wer so handelt, soll doch bitte ein anderes "Hobby" finden wie Straße kehren.

Vielleicht ist es Dir möglich Andreas, nochmal das Gespräch mit den Verantwortlichen und den Helfern zu suchen und eine Linie in die Sache zu bringen.
LG Andrea
 
Der Bericht erschüttert in der Tat - Beringungen können/müssen in der Regel aber anders ablaufen.
Es ist fraglich, ob von einem oder mehreren solcher Fauxpas, über die Sinnhaftigkeit der wissenschaftlichen Vogelberingung geschlossen werden kann. Offenbar hat auch hier im Forum nur eine Minderheit jemals an Beringungsaktionen teilgenommen, um sich eine eigene Meinung über Methoden und Ergebnisse zu machen - schade eigentlich.
Was wären übrigens die Alternativen? Oder gibt es keine Fragen und auch keine Veränderungen, wie z.B. Klimawandel, in der Vogelwelt? ?

Kuckuck
 
Hallo!

Ich danke Euch für die rege Beteiligung und danke Euch sehr dafür!

So, ich habe nun folgendes gemacht, und vor:

- Bei der Vogelwarte Radolfzell, die die Ringe für Berlin ausgibt (ein klein wenig widersinnig, ich weiß, wo Helgoland oder Hiddensee um einiges logischer wären...) habe ich um die Arbeitsvorschriften der Vogelwarte ersucht, um diese mit dem vor Ort geschehenen abzugleichen. Die zuständige Dame ist natürlich im Urlaub, aber ab dem 6.9. wieder da, wo ich dann noch die Unterlagen erbitte...

- Habe mich auch mal allgemein erkundigt, und erfahren, dass dies Jahr ein Projekt Kleinvogelberingung stattfindet, soll also quasi heißen: Alles, was ins Netz geht wird beringt...

- Zu den Arbeitsmethoden des Leitenden: Ich habe ihn gefragt, ob er das so ok findet, und er ist natürlich der Meinung, das ist sein System, das funktioniert, Punkt...

- Jedenfalls: Finde ich größere Diskrepanzen zwischen den Arbeitsvorschriften und seiner Methode, dann sorge ich dafür, dass er eins auf den Deckel bekommt, das ist mir echt völlig egal.

- Desweiteren habe ich gestern lange und ausführlich mit meinem Schatz darüber gesprochen, und bin zu dem Schluß gelangt, dass es gerade bei der Kleinvogelberingung sehr vieles zu verbessern/ modernisieren gibt.

Zum Beispiel wähnte ich die ca. 2% Wiederfundrate auf 100 Vögel gerechnet, doch habe ich beim Recherchieren schnell gemerkt, dass da mal wieder meine grenzenlose Naivität Pate stand. Es ist weit deprimierender, weit deprimierender...
Ich habe eine Vogelszeitschrift im Netzt gefunden, wo die Beringungsdaten bis 1995 festgehalten wurden, und nun setze man sich bitte hin...
Ich zitiere:
London,
beringte Vögel bis 1995: 12.049.608
Wiederfundrate bis 1995: 2,4 %

Helgoland,
beringte Vögel bis 1995: 5.916.108
Wiederfundrate bis 1995: 1,0 %

Moskau,
beringte Vögel bis 1995: 5.173.855
Wiederfundrate bis 1995: 1,1 %

Malta,
beringte Vögel bis 1995: 171.046
Wiederfundrate bis 1995: 19,4 %

Ich finde das wirklich reichlich, reichlich bitter, und das hat meinen Entschluss, das bisherige Prozedere nicht weiter zu unterstützen, noch bekräftigt.
Man überlege mal, von knapp über 12 Millionen Vögeln nur 2, 4 % wiedergefunden... Rechnet man dann noch die von Eric sehr eindrücklich beschriebene Moratlität beim Beringen ab, und die Dunkelziffer der sehr bald nach dem Beringen (wahrscheinlich an den Folgen) gestorbenen Vögel, da offenbart sich doch, was die gängige Methode mit der Metallberingung einerseits für eine Sinnlosigkeit ist, und andererseits für eine horrende billigende Inkaufnahme von Todesängsten, Todesfällen und Verkrüppelungen, weil wir nicht vergessen dürfen, das andere Länder das eventuell nicht so eng sehen mit dem Tierschutz wie im deutschsprachigen Raum auf dem Papiere...
Warum ausgerechnet Malta übrigens bei so wenigen Beringungen solch eine bombastische Wiederfundrate hat, die alles zusammengenommen haushoch toppt, dürfte sich von selber erklären :k...

Nun ja, jedenfalls: Ich sehe die Beringung an sich durchaus als was sinnvolles und nützliches an, ABER nicht zu diesem Preis (hunderte in Kauf genommener toter Vögel, die sonst noch leben würden) bei dem Ergebnis (Millionen beringte Vögel, nur zehntausende wiedergefunden...).

Und da komme ich dann auf den Aspekt Farbberingung...
Kennt ihr vielleicht alle, das sind einerseits an einem Bein Vogelwartenringe, am anderen ein farbiger Kunststoffring mit individueller Zahlen/ Buchstabenkombination, zum anderen an einem Bein wieder den Vogelwartenring, am anderen Bein aber eine individuelle Kombination aus verschiedenfarbigen Kunststoffringen.
Die Verwendung dieser Methode bei sehr vielen größeren Vogelarten bis hin zur Mandarinente hat die Wiederfundrate der Tiere schlagartig auf 50 bis teils 80 % in die Höhe schnellen lassen, was Galaxien Unterschied sind, vergleichsweise zu den simplen Metallringen.
Die man in der Realität doch nur erneut ablesen kann, wenn man den Vogel tot findet, oder ihn wieder in einem Netzt fängt, ansonsten ist das im Feld/ normalen Leben eines Kleinvogels schlechterdings nicht machbar...
Hierzu mal eine kleine Info, zur Verdeutlichung:
Die am Beringungsstreß gestorbene juvenile Blaumeise habe ich mir (nach dem Austragen des Ringes in den Unterlagen) mitgenommen, um sie an eine meiner Kornnattern zu verfüttern, so war ihr Tod wenigstens nicht sinnlos =/... Jedenfalls entfernte ich vorher natürlich den Ring und habe den mal vermessen.

Die Höhe des Ringes beträgt 6 mm, der Außendurchmesser 2,5 mm.
Die Buchstaben und Zahlen darauf sind dementsprechend kaum 2 mm hoch und wenig über 1 mm breit.
Was also soll man da bitte im Feld/ wenn man dem Vogel im alltäglichen Leben begegnet, ablesen???

Alleine durch diesen Fakt ist die momentane noch immer ausschließliche Metallberingung bei Kleinvögeln ein absolutes Absurdum in ihrer horrenden Größenordnung wie auch in der dafür in Kauf genommenen Nachteile für die Vögel...

Mein Ansinnen ist es nun, wenn ich dazu die richtige Unterstützung finde, die Farbberingung auch bei Kleinvögeln durchzusetzen/ einzuführen.
Kunststoff in diesen Größenordnungen ist noch leichter als selbst Aluminium (dem bevorzugten Material für Kleinvögel), und meine Idee wäre einfach, die Verhältnisse bei Großvögeln auf die Kleinen zu übertragen, und zwar an einem, oder beiden Beinen zusammen, eine drei- bis vierfarbige Farbkombination, was ohne weiteres möglich sein sollte.
Wovon wie gehabt eine oder zwei Farben für das Beringungsland stehen, eine für das Beringungsjahr, und die anderen für die Vogelwarte.
Dafür muss man den Vogel zwar noch immer fangen, und auch demselben Stress aussetzen, ABER:
Die Wiederfundrate würde sich durch die probemlose Ablesungsmöglichkeit der farbigen Ringe auch im Feld schlagartig um mehrere 10 % erhöhen, und damit müssten Hunderttausende bis Millionen Vögel weniger gefangen werden, was ich als gigantischen Fortschritt bezeichnen würde, im Vergleich zum immer noch aktuellen Prozedere...

Sinn und Zweck der Beringung ist ja vor allem die Klärung folgender Aspekte:
- Erforschung der Wanderwege
- Abzugzeiten
- Zerstreuungswanderungen der Jungvögel
- Ortstreue der Altvögel
- erreichbares Alter der Vögel
etc. pp.

Und ich denke, dass werde ich mir als Aufgabe für die nächsten Jahre nehmen, die Farbberingung auch bei Kleinvögeln durchzupauken. Problemlos möglich sollte das sein, wahrscheinlich bloß etwas kostenintensiver als die gängige Metallberingung (weshalb die wahrscheinlich auch noch angewandt wird)...

Grüße, Andreas
 
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