Färbemeister - gefärbte Heister
von Dr. Dietmar Steinmetz, Mainz
Bemalungvon Ostereiern ist überliefertes und erhaltenes Kulturgut vieler Völker, ähnliches gilt sicher auch für die Gesichtsbe-malungen für Feste und Kriege bei Indianern. Selbst einige unter uns fühlen sich überhaupt erst dadurch gesellschaftsfähig.
Belächelt werden auch die giftgrünen, azurblauen, porzellanweißen oder feuerroten Eintagsküken, deren Gefieder mit Farbstoffen zur Erheiterung Erwachsener und Kinder in sogenannten Freizeitparks zu sehen sind. Perversion besonderer Art, immer dann, wo die Phantasie des Menschen neue Türen aufzustoßen versucht.
»Scherenschnitte im Showmanagement« war ein Geleitwort von Klaus Speicher, Standortbestimmung und Wegweiser in einem. Zudem von einem, der aus derTierzucht kommt und diese mit Bauchgefühl betreibt. Vielleicht in Ergänzung dazu darf ich hier von Färbemeistern berichten oder besser von den gefärbten Meistern, die mit mir nun fast ein Jahr mein Leben teilten. Als Anhänger goldbrauner und silberbrauner Kanarien, vielleicht noch spalterbig in der Phaeoeigen-schaft, erwuchs auch in mirwiederder Wunsch nach diesen Schönen, diesmal in rotbraun, weil eben diese in guter Qualität und in meiner Nähe erhältlich waren.
Rotbrauner Kanari in der Mauser, die bis auf das Kopfgefieder voll zogen ist. Die kritische Bewertung bleibt jedem selbst überlassen. Foto: Dietmar Steinmetz
Daß diese Vögel mit Farbstimulantien vor der Mauser zu füttern sind, habe ich bereits als Bub gelesen. Doch um »richtig Chancen zu haben« und »ganz vorn dabei zu sein«, genügt dies nicht mehr, hatte man mir gesagt; vielmehr aber nicht. Doch die Berichte im Kanarienfreund« lassen ja keine Frage offen. So wie wir wissen, daß der Verbraucher eben einen rötlichen Eidotter beim Frühstücksei bevorzugt, so etwa muß sich der Kampfzüchter, der sich in einer der hochkarätigen Ausstellungskategorien einen Titel sichern will, seine heranwachsenden Embryonen zubereiten.
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Vom Ei an (oder noch besser einige Tage vor der Eiablage) mit synthetischen Färbepräparaten angereichert, kontinuierlich über die Nestlingszeit, herrliche Vogelkindheit, die Mauser bis hinein in die Pubertät und darüber hinaus bis vor die Ausstellungssaison, damit ja kein Federchen vergessen wird. Die braune Farbe kommt mit Algenpräparaten als »Pigmentverstärker« noch dazu.
Ja - diese Kontinuität und Willensstärke bringt den
Erfolg; über Futter und Wasser. Erfolg für wen? In
teressant sind die histologischen (das heißt feinge-
weblichen) Untersuchungen solcher Kreaturen, die
sämtlich eine fokale Hepatitis ihr eigen nennen. Ne
ben dem überwältigenden Augendruck der Farbe
ist auch das Fettgewebe, zumindest orange, äußer
lich sichtbar. Es wäre viel zu sagen, doch sind dies
zunächst Worte eines einzelnen, der seine Mauser
gedanken zu Papier gebracht hat.
Brauchen wir gefärbte Meister oder gar die Färbe
meister? Die Bilder der mausernden Ex-Meister
sprechen für sich! •