Baytril und andere Antibiotika
Ich lese hier wiederholt, daß Vögel auf Verdacht Baytril bekommen, entweder ohne Antibiogramm vom offenbar schlampig arbeitenden Tierarzt oder sogar vorbeugend vom Züchter. Das ist ein schwerer Kunstfehler! Erstens war Baytril mal, als es neu herauskam, ein sehr potentes Antibiotikum einer neuen Antibiotikafamilie (Gyrasehemmer). Man konnte damit einige Bakterienstämme bekämpfen, die gegen andere Antibiotika resistent waren. Man hat es damals aus fachlicher Sicht als Reserveantibiotikum betrachtet. Aber nix da: Leider hat sich dadurch, daß Baytril schon fast wie ein Nahrungsergänzungsmittel in Mode kam und von Leuten angewendet wurde, die nicht das geringste von Vogelmedizin verstehen, die Resistenzsituation dramatisch verschlechtert. Facit:
1. Es ist nur in Extremfällen, die ein vogelkundiger TA beurteilen muß, angebracht, Antibiotika prophylaktisch zu geben, z.B. unmittelbar vor oder nach Operationen. Aber auch hier kann u.U. Tetracyclin besser sein als Baytril.
2. Antibiotika gehören nicht in die Hand von Züchtern, auch nicht, wenn diese als Züchter einige Erfahrung haben.
3. Antibiotika sollten gezielt und nach Anfertigung eines Antibiogramms gegeben werden. Erst nach Feststellung der Keime und ihrer Empfindlichkeit kann man wissen, ob Baytril, Amoxicyllin, Doxycyclin, Ampicillin, Cefalexin, Gentamycin, Neomycin oder was auch immer gegeben werden sollten.
4. Seid Euch darüber im Klaren, daß jeder(!) Antibiotikaeinsatz ultima ratio sein muß. Denn Antibiotika schwächen das Immunsystem. Es ist nicht vertretbar, Jungvögeln, deren Immunsystem noch schwach entwickelt ist, noch prophylaktisch Antibiotika zu applizieren. Und bei jeder kleinen Befindlichkeitsstörung Antibiotika zu geben, ist ein schwerer Kunstfehler, denn Antibiotika haben auch Nebenwirkungen. Von der je nach Mittel stärker oder schwächer ausgeprägten toxischen Wirkung auf Leber und/oder Niere schon mal abgesehen, bringen Antibiotika auch die natürliche, physiologische Bakterienflora durcheinander und erhöhen daher signifikant das Risiko für Candida-Infektionen und Aspergillose.
Also, Leute, Euren Vögeln und Euch selbst zuliebe: Finger weg von Antibiotika, wenn sie nicht als unbedingt erforderlich, da akut lebensrettend, von einem vogelkundigen Tierazt verordnet worden sind. Bitte nicht bei anderer Gelegenheit "Reste aufbrauchen". Und Tierärzte, die Züchtern Antibiotika zur freien Verwendung überlassen, sind kriminell.
Besorgte Grüße,
Thomas Braunsdorf
Tierheilpraktiker