Hallo zusammen,
ich habe den Thread erst jetzt entdeckt, aber sigg hat ja schon tolle Arbeit geleistet. In Europa habe ich vier "Tiaris"-Arten ausgemacht: Natürlich Tiaris canora und Tiaris olivacea sowie Tiaris bicolor (den man am besten Schwarzbrüstchen nennen sollte) und letztlich noch
Tiaris fuliginosa, der meines Wissens der korrekte Träger der Bezeichnung Schwarzer Kubafink ist.
Sigg ist ja schon den guten Weg gegangen, die englischen und wissenschaftlichen Bezeichnungen zu bemühen, denn die deutschen sind sehr verfänglich. So lebt der Große "Kubafink" eben nicht nur auf Kuba, sondern praktisch überall um das karibische Meer. Zu diesem Gesellen habe ich ja schon etwas in dem von sigg zitierten Beitrag geschrieben.
Die Bezeichnung Jamaikafink ist noch gefährlicher, insofern es auf Jamaika eine weitere Inselammer gibt, die Tiaris bicolor, dem Schwarzbrüstchen, sehr ähnlich ist:
Loxipasser anoxanthus, Yellow-shouldered grassquit. Vom Schwarzbrüstchen ist diese Art in beiden Geschlechtern durch den rötlichen Steiß und im männlichen Geschlecht durch die gelblichen Schultern zu unterscheiden. Diesen Vogel habe ich in Europa noch nicht gesehen, aber vor Überraschungen ist man ja nie gefeit.
Das Schwarzbrüstchen,
Tiaris bicolor, wird mittlerweile häufig als Schwarzer Kubafink angeboten und ist regelmäßig in kleiner Stückzahl zu bekommen. So habe ich den Vogel wiederholt in den letzten Jahren in Zwolle gesehen und auch ein Züchter in Bremen, bei dem ich kürzlich zu Besuch war, hatte mehrere Paare. Wie sigg schon sagte, gibt es bei der Art mehrere Unterarten, aber es sind derer augenblicklich acht und nicht nur drei. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sind die Tiere in Europa Vertreter von Tiaris bicolor omissa, da die anderen Unterarten nur sehr lokal verbreitet sind (meist nur eine oder wenige Inseln) oder aus Gegenden kommen, aus denen schon lange keine Vögel mehr legal ausgeführt werden. Allenfalls T. b. sharpei von den ABC-Inseln könnte ich mir noch vorstellen, insofern die Niederländer vor dem Importstopp immer einen Weg gefunden haben, Vögel aus ihren ehemaligen Kolonien zu bekommen. Die Unterart
omissa hat in der Tat auch einen sehr hohen Schwarzanteil , verglichen zum Beispiel mit der von Jamaika
marchii, zu der man kaum noch Schwarzer Kubafink sagen möchte, oder?
Ich habe aus Neugier den Züchter in Bremen mal gefragt, inwiefern sich die Haltung von Tiaris bicolor von der von Tiaris canora (den ich selbst seit Jahren pflege) unterscheidet und er meinte, dass sie viel aggressiver untereinander seien. In der hatte er seine Zuchtpaare in Ruhekäfigen untergebracht und die Hähne waren selbst im Beisein von Fremden sehr ruppig den Weibchen gegenüber. Bei meinen Kleinen Kubafinken habe ich so etwas noch nie in der Form erlebt.
Schließlich bleibt noch Tiaris fuliginosa, der in Europa aber recht selten zu sein scheint. Ich habe vor Jahren mal ein Männchen dieser Art gesehen. Auch tauchen sie hin und wieder noch in der AZ-Nachzuchtstatistik auf, aber ich denke, dass sie von allen Tiaris-Arten die seltensten sind. Von Tiaris fuliginosa gibt es drei Unterarten, von denen die Nominatform das größte Verbreitungsgebiet hat und zwar in Brasilien, das ja schon lange nicht mehr exportiert.
Tiaris obscura ist wohl in Europa nicht (mehr?) vorhanden. Wenn der deutsche Name denn Braunpfäffchen ist, ist er sehr unglücklich, denn mit Pfäffchen haben die Inselammern der Gattung Tiaris trotz ähnlichem Aussehens und gleicher Nahrung nicht viel gemein. Molekulargenetische Untersuchungen zeigen, dass sie nur entfernt verwandt sind und auch in der
Voliere sind beide Gruppen unterschiedlich zu pflegen. Offensichtliche Unterschiede sind die Nestbauweise, aber auch das Brut- und Balzverhalten. Alle Tiaris-Arten und Verwandten bauen z.B. Kugelnester, die Pfäffchen Napfnester. Näheres findet man in dem auch für Kubafinken-Halter interessanten Buch "Pfäffchen" von Karl Sabel.
Zum Schluss nochmals der Hinweis, dass in den Niederlanden auch noch der Schwarzgimpelfink (Melopyrrha nigra) manchmal Zwarte cubavink genannt wird. Da die meisten deutschen Züchter sich nicht mehr erinnern können, dass es für diesen Vogel einen validen deutschen Namen gibt, besteht die Gefahr, dass der Name einfach eingedeutscht wird.
Falls Du Deinen Vogel nicht eindeutig bei den Fotos wiederfindest, wäre es wirklich das beste, ein eigenes einzustellen, damit man ausschließen kann, dass Du nicht vielleicht doch eine ganz andere Art hast. Von Körperbau und Färbung kommen da noch einige in Frage, die aber (auch) nicht in der Gattung Tiaris sind.
Ich hoffe, das hilft Dir erst einmal weiter.
Beste Grüße
Gert