Amseln mit Lärm-Monopol

[Birby]

Ein frohes Gezwitscher euch allen!

Bei der Google-Befragung hinsichtlich meiner aktuellen (hoffentlich) überbrückbaren natürlichen Differenzen mit einem Amselpärchen bin ich auf eine hiesige (leider geschlossene) Diskussion aus dem Jahre 2005 gestoßen und verfiel in ungläubiges Kopfschütteln.
Der leidgeprüfte Jürgen wandte sich ob seines von Amseln induzierten Schlafmangels und angefressenen Nervengerüsts Rat und Hilfe suchend mit einem Beitrag an dieses Forum und wurde daraufhin förmlich in die Flucht gemobbt. Ich wunderte mich doch sehr über die Ignoranz einiger militanter Gefiederverbündeter oder einfach Streitlustiger und deren Unfähigkeit, gleichartige Empathie walten zu lassen - Vogelfreund = Menschenfeind?

Hintergrund:
Ich wuchs auf dem Dorf mit kleinem Biotop (Hausgänse, Wildenten, Graureiher, Frösche) mit den Nachbarn Hahn, Krähe, Elster, Spatz, Schwalbe, Meise und Amsel vor dem Fenster auf. Vor 10 Jahren zog ich in die Großstadt und wähnte mich glücklich, ein lebhaftes grünes Plätzchen abbekommen zu haben. Hier bellt zuweilen der Fuchs, flügge Meisen und Amselnestlinge statten mir Besuche ab und ick hör die Nachtigall trapsen. Die Großstadt macht sich irgendwo im Hintergrund durch verkehrsberuhigtes Rauschen, einer einzelnen unangenehmen Weiberstimme, einem Hupen hier sowie einer Auto-Alarmanlage da bemerkbar; hin und wieder hört man Feierlaune oder der Nachbar verrät sein Altern anhand der Tonregler seines Fernsehapparats.

Seit geraumer Zeit liege ich nun jedoch mit zwei Amseln im Clinch, die meinen Balkon als Start- und Landebahn zum gegenüberliegenden Baum auserkoren haben und zu allen denkbaren Tages- und Nachtzeiten in penetrante und hochfrequente Schimpftiraden verfallen, die mittlerweile Belastungserscheinungen auslösen.
An jene, die gerade tief Luft holen und ihre Finger vordehnen, um mir möglicherweise überheblich oder unfreundlich oder sarkastisch oder blauäugig oder belächelnd vermitteln zu wollen, dass:

- man sich mal nicht so haben und hineinsteigern soll;
- es doch kaum etwas Schöneres als den Gesang der Natur und das Privileg ihrer Nähe gibt;
- man seine Zeit dann doch lieber mit der Frage, ob man keine anderen Probleme ausfindig machen könne, verschwenden soll;
- es unfassbar sei, über was sich Leute so ärgern können;
- die Intoleranz gegenüber der natürlichen Gegebenheiten eine Verirrung des gemeinen stumpfsinnigen Menschen sei;
- die Beschwerde über liebliches Vogelgezwitscher innerhalb eines großstädtischen Molochs unübertroffen lächerlich daherkommt;
- das Gehör industriell ruiniert worden und deswegen unempfänglich für jene wohlige Natürlichkeit geworden ist;
- man den Lebensraum der Amsel zu akzeptieren und respektieren hätte und nicht umgekehrt;
- sich die Amseln möglicherweise ja auch von mir gestört fühlen könnten!;
- man doch bloß genau hinhören müsse, um die Schönheit in diesen Lauten zu erkennen und genießen zu können;
- der Punkt völlig unverständlich sei, weil man selbst doch so gerne zu jenen Klängen aufwacht und einschläft
- man einfach das Fenster schließen soll usw.

spart euch das, denn es ist ungekonnte Besserwisserei. Die Geräuschkulisse ist in etwa vergleichbar mit einem klapprigen Rasenmäher, der sich sowohl tagsüber als auch in der Nacht unmittelbar vor eurem Schlafzimmerfenster austobt - nichts, woran man sich einfach gewöhnen kann. Unharmonisches biestiges Gezeter und kein liebliches Gezwitscher, Gepiepse oder melodischer Gesang, dem man gerne lauscht und von dem man gerne geweckt wird. Nun las ich jedoch, dass Amseln dazu neigen, ihr Revier jahrelang zu halten. Dem würde ich gern vorbeugen bzw. im Hinblick darauf, dass sich die Nachbarschaft in all den letzten Jahren einfach unauffällig und verträglich gestaltete, Nachsorge tragen.
Woran könnte es liegen, dass sich das Pärchen in diesem Jahr permanent zickig aufführt? Vorletztes Jahr strandete ein Nestling auf meinem Balkon und damit gingen Mama und Papa auch recht gelassen um.

Für konstruktive tierfreundliche Tipps zur Problembewältigung wäre ich dankbar. Ich las etwas von Greifvogel- oder Raben-Attrappen, die (sichtbar auf dem Balkon platziert) abschrecken könnten - gibt es andere gestalterische Maßnahmen, welche diese gefiederten Freunde nicht in ihrer Nähe ertragen können?
(In der Hoffnung, dass Leidesgenossen der Folgegenerationen hier auch fündig werden.)

In jedem Fall vielen Dank und bitte nehmt mir meine Ausschweifung nicht übel.

Liebe Grüße und einen schönen restlichen Sonntag!

 

[Karin G.]

hallo Birby

bin ich auf eine hiesige (leider geschlossene) Diskussion aus dem Jahre 2005 gestoßen

kannst du auch den Link angeben, bevor wir hier lange rumsuchen....

Unharmonisches biestiges Gezeter

Das kann einem schon auf den Geist gehen

Woran könnte es liegen, dass sich das Pärchen in diesem Jahr permanent zickig aufführt?

ist irgendwo eine Katze in der Nähe? Wenn unser Kater ganz friedlich im Garten liegt, versuchen die Amseln (brütend oder mit Jungen) ihn auch mit grässlichem Gezeter zu verscheuchen.
Buchen wir aber ab unter "so ist die Natur" und der Kater räumt dann von selbst leicht genervt das Feld

 

[astrid]

Moin Birby
Supergut geschrieben Dein Beitrag, ich habe mehrmals herzlich gelacht über Deine Formulierungen.

Mich stört das Amselgezeter nicht by the way. Auf die Schnelle wäre meine Idee für Dich, Deinen Balkon für die Amseln als Landebahn unattraktiv zu machen. Vogelattrappen bringen nichts, die Amseln erkennen, dass das ein Pappkamerad ist. Vielleicht könntest Du etwas bewegliches, reflektierendes Aufhängen, ein Windspiel, CDs oder flatternde Bänder oder Tücher. Wenn Du Glück hast, verschreckt es die Amseln von Deinem Balkon und Du kannst wieder abrüsten. Wenn die Brut- und Setzzeit vorbei ist und die Vögel ihr Revier nicht mehr so massiv verteidigen müssen, sollte von allein Ruhe einkehren.

 

[Birby]

Hallo ihr engagierten Leser!

Vielen Dank für eure (nennen wir es mal) Anteilnahme.

Zunächst: Ich bezog mich auf diesen Thread (war mir lediglich unsicher, ob es angemessen ist, ihn so petzerisch auch noch zu verlinken): Amsel verscheuchen .

Es könnte sein, dass sich manchmal die samtpfotigen Fellträger meines Nachbarn auf dem Balkon nebenan tummeln. Allerdings sind diese gut durch Katzennetze vor Flugattacken geschützt und alles außerhalb ist für sie unerreichbar.

Just in diesem Moment werde ich wieder terrorisiert - den ganzen Tag. Habe mich in die Rolle einer Vogelscheuche gelebt und hätte mal den Schrittzähler anlegen sollen, so oft bin ich an die Balkontür gestampft. Kurzzeitig erlag ich der naiven Hoffnung, dass wir uns gütlich einigen konnten, weil man sich zwischendurch mal scheinheilig Zwitschern niederließ. Als ob. Bisher konnte ich nicht mal das Nest ausmachen - dabei haben die Herrschaften stets den Schnabel voll.

Deren Cleverness ist natürlich ernüchternd - ein Dekovogel wäre mir allemal lieber als auf meinem Balkon eine 90er Prinzessinnenparty zu veranstalten. Und am Ende habe ich dann die Elstern am Hals! Dennoch bin ich dankbar für den Tipp und werde mal ausloten, wie ich das umsetzen werde.

In diesem Sinne: Allen anderen eine geruhsame gute Nacht. ;(

 

[Hennchen]

Wahrscheinlich ist das schon die Erklärung, wenn auf dem Nachbarsbalkon ein Kater ist. Ob nun mit (gut!) oder ohne Netz, das ist ein Grund, zu zetern. Oder die Anwesenheit von Nesträubern . (Krähe, Elster, Eichelhäher. Bei echten Greifvögeln dagegen ist Stille)Sonst wird eigentlich nur abends vorm Schlafengehen mal eine Runde gezetert.

Wenn es hoffentlich nur der Balkon ist, auf dem Dich das Gezeter nervt, bleiben nur solche wie die schon vorgeschlagenen Sachen, CDs aufhängen, Streifen von metallischer Folie (Rettungsfolie) im Wind wehen lassen.Wie sie auf dreidimensionale "Feinde" (Plastikkrähe) reagieren, weiß ich nicht.
Natürlich finde ich es schade, dass Dich das so stört, aber nachvollziehen kann ich es auch. Ich war als Jugendliche extrem geräuschempfindlich, und der Amselhahn sang direkt vor meinem Fenster. Das ist zwar eigentlich ein wunderschönes Geräusch, aber wenn man ausgeschlafen in die Schule musste, und er um 4 Uhr anfing........ was einem vom Schlaf abhält, kann man sich nichtmal selber vorschreiben.

Aber natürlich hoffe ich auch für die Amseln, dass Ihr ein friedliches Zusammenleben hinbekommt, wenn der Balkon für sie nicht mehr attraktiv ist.

Es gibt viele, die sich am Gurren von Ringeltauben stören (das geht mir nicht so), und ich fands gar nicht schön, dass meine Mutter mit Kartoffeln nach ihnen geworfen hat, um sie zu vertreiben.