Moin Soay!
Verdammt schwierige Frage!
Ich für meinen Teil kann nur sagen, das ich den Begriff
art"gerechte" bzw. artgemäße Haltung als einen Begriff sehe, der weitgehend einen Idealzustand beschreibt (eben die Grundfrage: kann die Haltung von Wildtieren überhaupt jemals artgerecht sein?) und ich sehe es als Aufgabe des Tierhalters, sich diesem Ideal soweit es geht durch permanente Bemühung immer weiter anzunähern.
Dabei bietet für mich Stefan Luft (einige stöhnen jetzt vielleicht, weil ich ihn mal wieder heranziehe, aber er m.E. nun einmal das beste Buch über Graupapageienhaltung geschrieben) eine gute Hilfestellung, der anhand der in der Tiergartenbiologie entwickelten Anhaltspunkte fünf Kriterien herausgearbeitet hat, anhand derer man prüfen w kann, ob ein Haltungssystem artgemäß ist:
1. Die gehaltenen Vögel müssen einen guten Gesundheitszustand/eine gute Kondition aufweisen, die konstant sein muß (sieht man von altersbedingten Abbauererscheinungen ab). Erkennbar ist dies u.a. an einem glatten und glänzenden Gefieder, an Bewegungs- und Reaktionsfreudigkeit und einem konstanten Körpergewicht.
2. Die Vögel müssen durchschnittlich eine höhere Lebenserwartung haben als Tiere der gleichen Art im Freileben, weil natürliche Feinde fehlen, Krankheiten therapiert und Parasiten ausgeschaltet werden.
3. Die Vögel müssen in der Lage sein, eine Brut zu beginnen und ihre Jungen störungsfrei und ohne maßgebliche Hilfe des Menschen aufzuziehen (zur m.E. besonderen Problematik diese Punktes s. auch im Allgemeinen Vogelforum den Thread "Vögel als Tombolapreise").
4. Die Vögel müssen eine relativ hohe Abwehrkraft gegen Krabnkheitserreger aufweisen, infektiöse Krankheiten dürfen nur selten auftreten, da sie auch Antzeichen andauernder Streßsituationen, mangelhafter Ernährung und Hygiene, ungeeigneter Volierneeirichtungen und übermäßigen sozialen Stresses (bspw. bei nicht harmonisierenden Paaren) sind.
5. Auffällige Verhaltensabweichungen wie mangelnde Bewegungs- und Reaktionsfreudigkeit, gestörtes Sozialverhalten, Bewegungstereotypien, Selbstbeschädigung, neurotisches Dauerschreien etc. dürfen nicht auftreten.
Diese fünf Kritrerien implizieren eine Haltungsystem mit ausreichend großen
Volieren, die Bewegungs- und Ausweichmöglichkeiten bieten,
Volierenausstattungen, die einer Reizarmut entgegenwirken, Abwechslung und Beschäftigung bieten sowie körperliche Schäden (haltungsschäden, überlanges Krallen- und Schnabelwachstum etc.) vorbeugen, die mindestens paarweise Haltung, eine angemessene und angepaßte Ernährung sowie Hygiene.
Jeder Punkt ist nicht einzeln zu sehen, sondern nur die Erfällung aller fünf Kriterien erlaubt es nach Luft, von einer tiergerechten Haltungssystem zu sprechen (s. S.Luft,
Der Graupapagei, Naturbuch Verlag 1994, S.48ff.).
Ich kann nicht behaupten, das ich bei meinen Geiern eine artgemäße Haltung verwirklicht habe, aber ich bemühe mich immer weiter um Verbesserungen, um diese erreichen. Im Gegensatz zu Luft bin ich auch nicht der Ansicht, das dies bei einer Wohungshaltung nicht möglich ist (s. Luft,a.a.O., S.47; dazu auch mein Posting im Graupapageienforum unter dem Thema "
Handaufzucht notwendig?").
Zumindest einen Anhaltspunkt, was artgemäße Haltung hinsichtlich der Käfiggröße betrifft, bieten für mich die Gutachten zu den Minimalanforderungen bei der Haltung von Vögeln (dazu im Vogelnetzwerk den Link "Gutachten"). Allerdings denke ich, das die genannten Größen einerseits zu gering sein können, andererseits, wenn die Vögel Dauerfreiflug haben, können es auch kleinere
Volieren tun.