Hallo!
Ich oute mich mal als jemand, der vor Jahren in der Anfangszeit seiner Vogelhaltung so
idiotisch war und eine seiner Amazonen wirklich gestutzt hat. Das war meine Blaustirn Pauli, damals noch recht jung, als sie noch im Wohnzimmer leben musste und ich der Meinung war, das sei schon in Ordnung so. Das Stutzen vorgenommen hat damals ein TA, der von Papageien sichtlich keine Ahnung hatte, und soviel wegschnitt, dass die Federn direkt über der Haut ab waren. Der Flügel sah damals aus wie amputiert. Das falsche Stutzen führte leider nicht nur dazu, dass sie "vorübergehend" flugunfähig war, sondern dass sie es auch jahrelang blieb: Nachwachsende Federn hatten keinen Halt, da beim falschen Stutzen vermutlich die Lederhautpapille verletzt wurde. Federn wuchsen normal nach, fielen aber sofort wieder aus, sobald Pauli den Flügel belastete.
Ich kann nur jedem raten,
lasst es. Wer glaubt, das nötig zu haben, bei dem läuft in seiner Einstellung gegenüber seinen Vögeln schon einiges schief. Ich glaube, ich darf das schon so sagen, vor allem weil ich selber davon betroffen bin / war. Dazu noch drei Anmerkungen:
*) Stutzen und Sicherheit? Nie im Leben. Habt ihr schonmal einen Vogel gesehen, der auch nach Jahren in Angstsituationen versucht, fliegend zu fliehen und dann wie ein Stein am Boden aufschlägt? Bei "richtigem" Stutzen kann das Tier noch zu Boden segeln. Aber es sind und bleiben Bruchlandungen, unter denen auch das restliche Gefieder - Stichwort Schwanzgefieder - zu leiden hat. Mein Edelpapagei Jimmy, leider schon lange verstorben, war ebenfalls gestutzt. Diesesmal "richtig" nach Lehrbuch. Tja, das hat ihn aber nicht davon abgehalten, ca. 2,5 m von unserem Stiegenaufgang in die untere Hausetage zu stürzen und sich das Brustbein aufzuschlagen. Man erspart sich durch das Stutzen keinerlei "Vogelsicherungsmaßnahmen", vielmehr kommen etliche neue Gefahrenherde dazu. Die Schuldgefühle, wenn dann etwas passiert, möchte ich wirklich jedem ersparen.
*) Man braucht nicht glauben, dass selbst ein "richtig" gestutzer Vogel nach ein oder zwei Jahren Flugunfähigkeit nach dem Nachwachsen der Federn - hoffentlich ohne Komplikationen - losfliegt wie als wenn nichts gewesen wäre. Die Federn sind die eine Sache, die Flugmuskulatur eine andere. Die erschlafft zunehmendst, je länger das Tier nicht fliegt. Das war bei meinen ehemals gestutzen Vögeln das aller größte Problem: Als dann endlich alle Federn wieder da waren, war dennoch jahrelang keine dazu fähig, normal zu fliegen. Manche gestutzte Vögel machen "Trockenübungen" und halten sich am Ast fest, während sie mit den Flügeln schlagen. Das haben meine leider nicht getan, weshalb die Flugmuskulatur völlig verkümmert war. Das ist dann eine Entwicklung, die Jahre brauchen kann. Ich spreche da durchaus von Zeiträumen mit 5 Jahren und länger. Das ist es nicht wert.
*) Nochmals - das Stutzen ist schon im Ansatz grundverkehrt. Wenn ich mir flugfähige Papageien halte, dann habe ich denen bitteschön auch Platz zum sicheren Fliegen zu geben. Keine
Voliere, keine Flugmöglichkeiten - keine Papageien. Wer sich die Vögel anschafft und dann meint, auf Stutzen zurückgreifen zu müssen, sollte sich dringendst überlegen, ob er mit anderen Tieren nicht besser beraten gewesen wäre. Kein Angriff auf irgend jemand, sondern eher Selbsterkenntnis und meine eigene Erfahrung! Heute haben meine Aras 60 qm Platz und meine Amazonen 40 qm (11 m x 4 m). Ich bin heilfroh, dass einige aus der Amazonengruppe noch nie in einem Käfig gesessen sind oder gestutzt wurden - es sind wahre Flugkünstler, weit enfernt von den "faulen Stubenhockern", als die Amazonen oft beschrieben werden. Die Tiere, die früher gestutzt waren, sind größtenteils auch "rehabilitiert". Pauli immer noch nicht ganz, da sie leider immer noch hin und wieder Probleme mit ihren Schwungfedern hat (und diese vorzeitig ausfallen) und sie das "Fußgängerleben" vorzieht, da ihre Flugmuskulatur für volles Fliegen nicht reicht. Ihre Flugübungen haben immer noch einen Winkel "nach unten". Das jetzt nach genau 5 Jahren. Da es aber stetig kleine Fortschritte gibt - anfangs hat sie die 11 m bis zur Hälfte gepackt, jetzt geht`s wenn auch dem Erdboden entgegen fast über die komplette Raumlänge - denke ich, dass es in ein paar Jahren hoffentlich geschafft sein wird. Es ist auf jeden Fall eine äußerst langwierige Geschichte und eine langfristige Beeinträchtigung, die wirklich mit nichts zu rechtfertigen ist.
Mfg,
Doris