Guten Morgen Jörg und auch alle anderen,
so, da bin ich wieder - wurde dann doch etwas später als gedacht, habe mich halt doch
gestern etwas zu lange hier fröhlich verplappert. *grins*
Keine Ahnung was mich gestern geritten hatte, jefalls hieß mein Tagesziel gestern Karlsruhe.
Ich glaub ich hab echt einen Vogel.
Als Jugendlicher waren 40 km mit dem Rad eine echte
Weltreise. Dann mit Führerschein und erstem Auto war Rad fahren vergessen und seit ich vor
10 Jahren durch einen Arbeitskollegen zum Motorradfahren kam, haben Autos für mich keinen
Stellenwert mehr. Was leider auch seine Schattenseiten hat, also das Motorradfahren, ich habe
meine Gesundheit dabei recht nachhaltig ruiniert. Naja, und irgendwie ist bei mir seit letztem
Jahr das Rad fahren wieder voll in. Komisch. Back to the roots - zurück zu den Wurzeln, möchte
man meinen, nee - macht mir einfach nur viel Spass. Und dieses Jahr übertreibe ich es wohl ein
bisschen mit dem Pedalieren. Ehrlich.
Jedenfalls habe ich auf dem Rad Zeit mir reichlich Gedanken zu machen, über dieses und jenes
und im Moment vor allem über Papageien ...
Also mein Startort gestern war Rüsselsheim und und dann ging's Richtung Süden. Eigentlich
war der Start nur halbherzig, war ja doch ein bisschen warm - und anfangs wollen die morschen
Knochen auch noch nicht so, aber dann ging's. In Biebesheim am Vogelpark ruckzuck vorbei,
Biblis rechts liegen gelassen, bei Worms kurz überlegt ob ich die Rheinseite wechsele und
dann auf meiner Seite geblieben, einen anderen long distance Radler getroffen und gemeinsam
zügig und munter miteinander plaudernd in Mannheim angekommen. Für einen Moment über-
legt, ob ich mir den Luisenpark mit seinen Vögeln anschaue und mich dann doch entschlossen
mal eben in den Friedrich-Ebert-Park in Ludwigshafen zu schauen.
Warum? - Na, Cpt. Kurt hatte doch von den Papageien dort gesprochen, die er sich da angeschaut
hatte. Das erste was ich vernehme sind die Rufe von frei im Park fliegenden Alexander- oder Hals-
bandsittichen. Hab' nicht genau geschaut, war zu dem Zeitpunkt mehr mit meinem Popo beschäftigt,
der es sich schon seit einiger Zeit viel lieber faul im Sessel bequem gemacht hätte. Die
Volieren waren
trotzdem schnell gefunden. Die nötige Pause deshalb sinnigerweise mit dem Anschauen verbunden.
Von links ein paar Unzertrennliche, dann in einer Voli Mohrenkopfpapa und Blaustirnamazone, dann
noch ein paar verschiedene Arten und dann in einer etwa 6x4m grossen
Voliere drei Ara's: ein GA,
eine dunkelrote um den Nacken etwas gerupfte Lora und ein jüngerer Hybrid, wir mir zwei rüstige
Senioren munter schwätzend erklären. Aber irgendwie, finde ich, ist die
Voliere nicht wirklich der
Bringer. Keine Ahnung, aber die Vögel machen auf mich einen einsamen Eindruck, jeder geht seiner
Wege. Ich denke so bei mir, eigentlich ein Grund mehr für Alaattin sich keinen Gelbblauen zu kaufen.
Denn der allein gehaltene Molukkenkakadu daneben tut mir wirklich leid. Der machte auf mich einen
so schlauen, lieben Eindruck - wie kann man den einfach so alleine da vor sich hin existieren lassen.
Bis vor 7 Jahren wären es zwei gewesen, aber jetzt sitzt er da solo. Irgendwie kann's dass doch nicht
sein. Bei mir macht sich ein bisschen Wut bemerkbar. Warum müssen wir Menschen diese wunder-
vollen Vögel einsperren, selbst wenn die
Volieren dort den gesetzlichen Ansprüchen entsprechen!
Das muss nicht sein, zumal ich finde, dass die Vögel dort, zwar geräumige
Volieren haben, aber
ich denke, es fehlt ihnen die persönliche Zuwendung und Ansprache. Erstmals komme ich ernst-
haft zu der Ansicht, dass es einige Vögel in den sachkundigen liebevollen Händen von Privatleuten
wahrscheinlich doch besser geht, auch wenn ich noch immer die fantastischen Flugbilder von "The
real Macaws" vor meinem inneren Auge habe ...
Tja, und was mach ich jetzt - weiter - Karlsruhe ist aber noch weit - und es ist schon halb fünf! Hmm,
wie die Zeit vergeht, der Allerwerteste will eigentlich nimmer, die Beine sind aber noch ok. - na dann,
wenn ich schon mal hier bin, dann mal weiter. In Speyer am Technikmuseum vorbei - muss ich noch
mal mit den Kids von meiner Schwester hin, sowas interessiert die sicher, einem liegenden gebliebenen
Autofahrer kurz beim Anschieben geholfen - obwohl ich eigentlich schon vorbei war - und obwohl ich schon
satte 100 km in den Beinen habe, aber die Karre springt wieder an - er freut sich, lächelt. Die Welt ist
wieder in Ordnung für mich.
Bei einer kurzen Pinkelpause am Rhein dann fast von Stechmücken aufgefressen worden, also nixx
wie weg und eine Abkürzung gewählt: Mit der letzten Fahrradrheinfähre gerade noch bei Rheinhausen
auf die andere Seite gewechselt. Kurios dabei, der braune Schäferhund vom Fährmann, erst hängt er mit
seinem Kopf tief in meinen Rucksack, riecht die leckere Wurst, lässt sich genussvoll durchwalken
und beim Anlegen steht er vorne am Bug als Wachposten. Einfach nett.
Kurz nach dem Weg gefragt, weil einige kleinere Umwege habe ich heute ja schon hinter mir - und
mal gefragt wie weit es noch bis Karlsruhe ist? Etwa 50-60 km ist die Antwort. Autsch, soll ich
wirklich odr lieber doch gleich die Bahn zurück nehmen? Nee, ich erinnere mich des Schildes am
Radweg entlang dem Rhein - das war kurz vor Mannheim: 100 km bis Wiesbaden, in die andere
Richtung noch 107 km bis Karlsruhe. Na dann, weiter. Merkwürdig, der Flow ist da - ich kann die
grossen Gänge ganz locker treten. Versteh ich nicht, die beiden Rennradler am Morgen mit dem
Ironman-Shirt zogen mir locker davon, aber jetzt läufts - und das nach deeeeer Strecke.
Dann endlich, Linkenheim-Hochstetten ist ausgeschildert - nur Mist, wo ist jetzt hier der Vogelpark.
Also in welche Ortsteil? Das war der eigentliche Grund für die Fahrt. Den wollte ich mir kurz anschauen.
Bin um ein Statement gebeten worden. Aber da sind ja ein Haufen Leut's an der Kartbahn, mal eben
fragen - und ich weisses noch immer nicht. Vespa-Treffen ist - und die sind alle von sonstwo in
Deutschland, nur keiner direkt aus'm Ort - sowas auch. Wen's interessiert wird beim googeln unter
runandrace(Punkt)de fündig. Ich entscheide mich für den direkteren Weg Richtung Karlsruhe und
liege glücklicherweise richtig. Der Vogelpark Linkenheim-Hochstetten liegt tatsächlich in Linkenheim.
Und obwohl es jetzt schon neun Uhr ist, habe ich Glück, der Park ist jederzeit frei offen zugänglich.
Seine Entstehung dürfte wie bei den meisten kleinen Parks die in einem Vereinswesen organisiert
sind, darauf zurück zu führen sein, dass jemand Interesse an der Haltung exotischer Vögel hatte.
Sich einen Platz suchte, dann der nächste dazu kam und so immer mal wieder erweitert wurde.
Ja, was soll ich sagen - nicht besser und nicht schlechter wie andere solche Parks auch. Wenn
ich also die Entstehungsgeschichte bedenke, dann basieren die
Volieren eben primär auf der
Zurschaustellung. Verhältnismäßig klein - und leider nur sehr dürftig ausgestattet. Mir tun die
Vögel einfach nur leid. Auch wenn die Dämmerung im Anzug ist und die Sonne gerade am Horizont
verschwindet, so nehme ich doch die etlichen Storchennester im und um den Park mit Wohlwollen
war. Freie Störche, weiss nicht, mir macht das einfach Laune. Demgegenüber sind die
Volieren
für die Dunkelroten und Hellroten sicher angemessen - aber für mich zu klein. Da können die
grossen Schreier nur kleiner Flügelschlaghupfer machen. Aber unter richtig fliegen verstehe ich
was anderes. Finde es auch komisch, dass direkt neben den Arakangas die Bubo Bubo's zu
hause sind. So sehr ich die auch mag, dass passt einfach nicht zusammen. Die Ararauna's
habe es ein bisschen besser, ein paar mehr Stöckerl kreuz und quer in ihrer etwas grösseren
Voliere, aber auch sie tun mir einfach nur leid. Warum müssen wir Menschen ihnen da in dieser
Form antun, frage ich mich. Dabei geht's ihnen allen dort gar nicht so übel, es gibt Schlimmeres.
Lustig, weil munter drauf los zwitschernd sind nur die unzähligen Wellis, das ist vielleicht ein
Durcheinander und durchaus laut - um genau zu sein, sie sind die lautesten im gesamten Park.
Ein Vater mit seiner Tochter, mit dem ich ins Gespräch komme, wohnt direkt neben an, keine
15 Meter etwas oberhalb vom Park. Wohnt noch recht neu da. Auf meine Frage, ob ihn das
denn nicht störe, ist seine freundlich Antwort: Anfangs wär's recht ungewoht gewesen, aber
jetzt gefällt's den beiden sogar - kann ich verstehen, zumal von den Weissstörchen gerade
erfreutes Begrüssungsgeklapper zu hören ist. Natur pur - und andernfalls hätte er ja auch
nicht dort hin ziehen müssen.
Und warum ich das jetzt hier in diesen Beitrag schreibe - und vor allem wieder mal so lang?
Das kommt jetzt: Meinen letzten Bio-Apfel habe ich nämlich mit den Hellroten geteilt. Ich
glaube, neuerdings wachsen die mir irgendwie ans Herz. Anfangs noch etwas schüchtern,
aber dann mit immer mehr Vertrauen, nehmen sie mit ihren grossen Schnäbeln die kleinen
Stückchen gerne in Empfang. Ich glaube, ich verstehe jetzt wieder mal einige von Euch hier
besser. Denke, wenn es Euren Papa's bei Euch zu Hause gut geht, Ihr Euch liebevoll um
sie kümmert, kann's ihnen vielleicht doch gar nicht so schlecht gehen.
Und deshalb, vielleicht findet sich ja auch für den kleinen Gelbblauen aus dem Anfangsbeitrag
hier ein sachkundiges, geduldsames und aufopferungsvolles Zuhause. Ich wünsche es ihm.
Herzlichen Gruss
Christian - jetzt wieder unterwegs zu anderen Vögeln.
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