"Vogelbörsen" und andere Tierschutzwidrigkeiten
Hallo Herbert,
der Angriff war nicht unsachlich.
Es ist kein Zufall, daß sich der Deutsche Tierschutzbund und andere fortschrittliche Kommissionsmitglieder der seinerzeitigen Kommission für die Mindestanforderungen an die Vogelhaltung in einem Minderheitenvotum dafür ausgesprochen hatten, Vogelbörsen ganz zu verbieten. Sie konnten sich gegen die wirtschaftlichen Interessen der Zoohändler und Züchterverbände leider nicht durchsetzen.
Es mag vielleicht wenige Ausnahmen geben (sind mir nicht bekannt, aber ich will es nicht gänzlich ausschließen), aber die meisten "Vogelbörsen" sind wirklich tierschutzwidrig, was die Unterbringung in oft viel zu kleinen Käfigen, Bedingungen wie Zug, Temperatur und den Streß angeht. Außerdem ist eine solche Zusammenballung von Vögeln unterschiedlicher Herkunft die reinste Keimvermehrungs- und Austauschmaschine, zumal, da die Vögel durch die Umstände besonders gestreßt sind. Die kontrollierenden Amtstierärzte sind oft uninteressiert, und wenn nicht, durch die Fülle der Mängel total überfordert. Daß das kein Argument für den Zoohandel ist, versteht sich von selbst.
Die Publikumsakzeptanz ist nun wirklich kein Argument: Die Leute gehen auch ins Delphinarium, in den Zirkus, wo sie sich dressierte Bären ansehen oder in Zoos, wo Primaten "ausgestellt" werden. Die Verbesserungen in den Zoos gingen nicht vom Publikum, das alles schluckt, sondern von Erkenntnissen der modernen Tiergartenbiologie aus. Viele Leute lesen schließlich auch die BLÖD-Zeitung, und ist sie deshalb gut? Du kennst doch sicher den Spruch mit den Millionen Fliegen, die nicht irren können...
Ich halte es auch nicht für angebracht, den Leuten "unser Hobby nahe zu bringen", im Gegenteil. Ich warne jeden, der es wissen will, vor der Wildtierhaltung, und nichts anderes ist die Vogelhaltung. Denn viel zu viele Vögel vegetieren auch in Privathaushalten unter tierschutzwidrigen Bedingungen dahin. Wer Vögel anschafft, soll sich das vorher gut überlegen.
Vogelbörsen regen zu unüberlegten Spontankäufen an und sind auch deshalb abzulehnen.
Ich hatte dazu schon mal was etwas ausführlicher geschrieben, was ich gerne nochmal einkopiere:
Ich sehe die Vogelmärkte/Vogelbörsen sehr kritisch, sie sind mir genauer gesagt ein Dorn im Auge. Schon der Begriff "Börse" ist einerseits widerlich, andererseits korrekt und bezeichnend, weil damit der Warencharakter der Tiere für die Teilnehmer so recht deutlich hervorgehoben wird.
Es hat was von "Sklavenmärkten".
Abgesehen davon, daß so viele unbekannte Vögel auf engem Raum die beste Voraussetzung darür sind, daß sich ansteckende Keime in Windeseile verbreiten, herrschen auf vielen Vogelbörsen auch absolut tierschutzwidrige Zustände. Vom Streß für die einzelnen Vögel, die oft über Stunden in winzigen Käfigen eingezwängt entweder in praller Sonne oder in Kälte und Zugluft verbringen, ganz abgesehen.
Die "Kontrolle" durch Amtstierärzte ist oft reine Augenwischerei. Es hängt sehr von Engagemant der einzelnen Amtsveterinäre ab. Zugegeben: Manche nehmen ihre Aufgaben sehr ernst, es gibt sogar welche, die in der tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz sind, aber das ist leider nicht die Regel. Viele drücken auch beide Augen zu, sobald die Veranstalter ihnen was vorjammern.
Nicht umsonst spricht sich der Deutsche Tierschutzbund seit Jahren für eine Abschaffung dieser kommerziellen Spektakel aus.
Meiner Meinung nach sollte jeder Tierfreund solche Veranstaltungen boykottieren und sich für ihre Abschaffung einsetzen.
Daß hier im Forum noch eine "Beihilfe" in Form der Terminsnennung stattfindet, finde ich eigentlich beschämend.
Gleiches gilt für Ausstellungen, die Bewertungsschauen beinhalten und bei denen die armen Vögel in winzigen, standardisierten und reizarmen Bewertungskäfigen oft 2 Tage lang auf die "Preisrichter" warten müssen, nur um Eitelkeit und Wichtigtuerei ihrer Besitzer zu befriedigen, die geil auf einen geschmacklosen Pokal sind.
Es ist schon schlimm genug, daß solche Bewertungsschauen als nach dem Tierschutzgesetz erlaubt angesehen werden, weil bisher Eitelkeit und Selbstdarstellung der Züchter ("Kulturgut", "Traditionspflege") als vernünftiger Grund im Sinne des Tierschutzgesetzes angesehen wurden , genau wie die idiotischen Züchtungen der Schauwellensittiche mit ihren übergroßen Köpfen und ihren angezüchteten Krankheitsdispositionen und Positurkanarien und Albino- und Lutinozuchten etc. Auch da setzt sich erst sehr langsam und in Extremfällen die Erkenntnis durch, daß es sich in Wahrheit um verbotene Qualzuchten handelt.
Und noch etwas spricht gegen die Ausstellungen: Oft genug werden, ohne auf die Probleme hinzuweisen, dem Besucher, der von den riesigen Schwierigkeiten auch nur halbwegs artgemäßer Papageienhaltung nichts ahnt, schöne bunte Vögel, die er toll findet, präsentiert. Manchmal sogar auch als besondere "Attraktion" ein paar "superzahme" (sprich: fehlgeprägte und mit Psychomacken versehene)
Handaufzuchten als Schmusevögel oder "sprechende" Papageien.
Das kann dann das Geschäft ankurbeln, zu unüberlegten Spontankäufen verleiten und in kurzer Zeit die Zahl der "Wandervögel" und Gnadenhofinsassen vergrößern.
Müssen wir uns daran beteiligen, an diesem Rad noch zu drehen?
Schöne Grüße,
Thomas