Umwelt / Vögel
Der Kiebitz ist Vogel des Jahres 2024
Fast 120.000 Menschen haben den „Gaukler der Lüfte“ gekürt
Wetzlar – Deutschland hat einen neuen Super-Vogel: 2024 ist der Kiebitz (Vanellus vanellus) Vogel des Jahres und löst damit das Braunkehlchen ab. Bei der vierten öffentlichen NABU-Wahl haben insgesamt 119.921 Menschen mitgemacht. 33.289 (27,8 Prozent) Stimmen entfielen dabei auf den Kiebitz, 27.404 (22,9 Prozent) auf den Steinkauz, 25.837 (21,5 Prozent) auf das Rebhuhn, 23.239 (19,4 Prozent) auf die Rauchschwalbe und 10.152 (8,5 Prozent) auf den Wespenbussard. „Knapp 120.000 Menschen aus ganz Deutschland haben an unserer öffentlichen Vogelwahl teilgenommen. Das Interesse an der heimischen Vogelwelt ist auch in Hessen weiterhin ungebrochen“, erklärt der NABU-Landesvorsitzende Maik Sommerhage.
„Mit dem Kiebitz haben die Menschen einen Vogel gewählt, dessen Bestände in den letzten Jahrzehnten durch die Trockenlegung von Feuchtwiesen und eine intensivere Landwirtschaft massiv zurückgegangen ist“, so Sommerhage. Deshalb wird der neue Jahresvogel in der Roten Liste Hessens als „vom Aussterben bedroht“ geführt. „Vor etwa dreißig Jahren waren in unserem Bundesland noch über 2.000 Brutpaare zuhause, heute sind es gerade einmal 350“, erläutert der NABU-Ornithologe Bernd Petri. Früher in ganz Hessen vorkommend, findet man sie heute fast nur noch in vier Regionen: Die größten Bestände gibt es mit 240 Brutpaaren in der Wetterau, gefolgt von 61 Paaren im Hessischen Ried, 34 im Raum Dieburg und 15 im Landkreis Marburg-Biedenkopf. „Ohne besondere Hilfsprojekte wie den Bau von Schutzzäunen für den Wiesenbrüter sähe es in Hessen noch schlimmer aus“, so Petri. Die hohen Zäune verhindern, dass Beutegreifer wie Fuchs und Waschbär die wenigen noch vorhandenen Gelege ausräubern. Vor allem aber macht die Entwässerung von Feuchtwiesen und Äckern der Art schwer zu schaffen. Darum hieß der Slogan des Kiebitzes bei der Wahl zum Jahresvogel „Wasser marsch!“. Weitere Gefährdungs-Ursachen sind der Nahrungsmangel durch den starken Einsatz von Pestiziden und hochwüchsige Wiesen durch zu viel Düngung. Die Wiedervernässung von Feuchtwiesen und Niedermooren sowie eine naturfreundlichere Landwirtschaft können dabei helfen, den Rückgang aufzuhalten und eine Trendwende einzuleiten. Helfen kann man dem Kiebitz im Alltag, indem man häufiger ökologisch und regional erzeugte Lebensmittel kauft.
Hintergrund
„Kie-wit“: Der markante Ruf des Vogels hat dem Kiebitz seinen Namen eingebracht. Der etwa taubengroße Regenpfeifer hat ein im Licht metallisch grün oder violett glänzendes Gefieder. Auffallend sich auch die Federhaube auf dem Kopf und die breiten gerundeten Flügel. Kiebitze konnte man ursprünglich vor allem in Mooren und auf Feuchtwiesen finden. Heute haben sich Kiebitze an den Menschen und den damit einhergehenden Flächenverlust angepasst und brüten auch auf Äckern und Wiesen. Ihr Nest besteht aus einer Bodenmulde, meist legen sie vier Eier. Kiebitze sind Teilzieher: Einige überwintern bei milder Witterung in Deutschland und ein anderer Teil zieht in die Wintergebiete in Frankreich, Spanien, Großbritannien und den Niederlanden. Beeindruckend sind die Flugmanöver zur Balzzeit: Die „Gaukler der Lüfte“ drehen Schleifen über ihrem Revier, stürzen sich in akrobatischen Flugmanövern gen Boden und singen dabei weit hörbar. Die Kiebitz-Männchen versuchen ihre Auserwählte außerdem mit sogenanntem „Scheinnisten“ von ihren Nestbau-Qualitäten zu überzeugen: Sie scharren kleine Mulden in den Boden und rupfen Gräser.
Der „Vogel des Jahres“ wurde in Deutschland erstmals im Jahr 1971 gekürt. Seit 2021 wird er durch eine öffentliche Wahl bestimmt. Der Kiebitz war 1996 schon einmal Vogel des Jahres.